Internationaler Schutz in anderem Staat

Um Asylsuchende auf Schutzgewährung in anderen Ländern verweisen zu können, wurde das Konzept des "sicheren Drittstaats" entwickelt. Drittstaat bezeichnet dabei ein Land in dem eine Person auf der Flucht war, das weder ihr Herkunftsland ist, noch das Aufnahmeland in welchem sie Schutz sucht. Das Konzept basiert auf der Annahme, dass ein Drittstaat als sicher eingestuft werden kann, wenn die asylsuchende Person dort Zugang zu effektivem Schutz hat.

In Deutschland wurde durch Einführung der "Drittstaatenregelung" im Rahmen des sogenannten Asylkompromisses 1993 das Grundrecht auf Asyl derart eingeschränkt, dass es Schutzsuchenden, die aus einem sicheren Drittstaat einreisen nicht gewährt wird. Alle EU-Mitgliedstaaten und Norwegen und die Schweiz wurden als sicher eingestuft.

Aber auch die Gewährung internationalen Schutzes wurde in Deutschland durch die Drittstaatenregelung eingeschränkt, denn sie führte dazu, dass Asylanträge von sogenannten Anerkannten, die in einem sicheren Drittstaat bereits Schutz erhalten haben, inhaltlich nicht mehr geprüft wurden. Dies wurde erst im August 2016 gesetzlich ausdrücklich geregelt (IntegrationsG): Wenn eine Person bereits in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union internationalen Schutz erhalten hat, kann ihr Asylantrags als "unzulässig" abgelehnt werden (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG). Der Europäische Gerichtshofs hat in mehreren aktuellen Entscheidungen aus dem Jahr 2019 nun allerdings festgestellt, dass eine Ablehnung als "unzulässig" ohne inhaltliche Prüfung nicht in Fällen erfolgen darf, in denen den Anerkannten in dem Mitgliedstaat, in welchem sie anerkannt wurden, Menschenrechtsverletzungen drohen.

Dies ist nicht zu verwechseln mit der Ablehnung als "unzulässig" wegen der Zuständigkeit eines anderen Staates aufgrund der Dublin-Regelungen. Zwar wird die in einem anderen Staat erfolgte Schutzzuerkennung oft erst im Dublin-Verfahren festgestellt, für Anerkannte gilt die Dublin-Verordnung jedoch nicht.

Die Rückführung von Schutzberechtigten in den Staat, in dem sie anerkannt wurden, erfolgt aufgrund von bilateralen Rückführungsübereinkommen. Gegen die Ablehnung ihres Asylantrags können Anerkannte Menschenrechtsverletzungen geltend machen, die ihnen in dem Staat drohen, der ihnen einen Schutzstatus zugesprochen hat.

Auf Grundlage der Drittstaatenregelung ist im Asylgesetz schließlich die Zurückweisung im Verfahren an der Grenze vorgesehen. Ihre Anwendung ist allerdings aufgrund der vorrangigen Dublin-Regelungen weitestgehend ausgeschlossen.

Stand: Oktober 2022

Materialien

  • Themenschwerpunkt "Verfahren in »Dublin-Fällen« und bei »Anerkannten«" im Asylmagazin 6/2021.
  • Beitrag im Asylmagazin von Maria Bethke und Stephan Hocks: Neue „Unzulässigkeits“-Ablehnungen nach § 29 AsylG – Änderungen durch das Integrationsgesetz 2016.
  • Beitrag im Asylmagazin von Dominik Bender und Maria Bethke: „Dublin III“, Eilrechtsschutz und das Comeback der Drittstaatenregelung (Stand: November 2013).
  • weitere Materialien

Links

  • Link zu den Materialien der Refugee Law Clinic zum Dublin-Verfahren (Stand: 2021).

Thema Familiennachzug

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