VG Ansbach

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Zitieren als:
VG Ansbach, Urteil vom 20.01.1998 - AN 17 K 96.33602 - asyl.net:
https://www.asyl.net/rsdb/13604
Leitsatz:
Schlagwörter: Äthiopien, Amharen, National-Demokratische Union, UDN, Mitglieder, Haft, Folter, Drittstaatenregelung, Glaubwürdigkeit, Glaubhaftmachung, Interne Fluchtalternative
Normen: AuslG § 51 Abs. 1
Auszüge:

Aufgrund seines Tatsachenvortrags sowie der von ihm vorgelegten, diesen Vortrag untermauernden Unterlagen und vor dem Hintergrund der in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen hat der Kläger dem Gericht überzeugend dargetan, daß er schon auf der Flucht vor politischer Verfolgung im Sinne des § 51 Abs. 1 AuslG sein Heimatland verlassen hat und bei Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit wieder mit solcher Verfolgung rechnen müßte.

Auch wenn der Kläger seine Einreiseumstände in die Bundesrepublik Deutschland verschleiert hat, nimmt das Gericht ihm doch seine Darlegungen zu den Gründen seiner Verfolgungsfurcht ab. Denn der Kläger hat das Gericht mit seinem diesbezüglichen Vorbringen insbesondere in der mündlichen Verhandlung vor Gericht davon überzeugt, daß es sich bei ihm um den Sohn von Captain Shiferaw Kebede, des Mitgründers und Vizevorsitzenden der United Democratic Nationals (UDN; "Nationale Demokratische Union"), handelt, dem in den USA Asyl gewährt worden ist und der dort weiterhin exilpolitisch aktiv ist, daß der Kläger selbst in der Jugendorganisation dieser Partei in Äthiopien aktiv war und daß ihm aus diesen Gründen nachgestellt worden ist, er zuletzt vom äthiopischen Sicherheitsdienst aufgegriffen, festgehalten und mißhandelt worden ist, ehe er aus dem dortigen Gewahrsam mittels Bestechung entkommen konnte.

Da die Befassung mit dem Kläger keinesfalls ein die Sicherheitsorgane zufriedenstellendes Ergebnis erbracht hat, der Kläger sich ihrem Gewahrsam vielmehr entzogen hat, mußte er danach mit erheblicher Wahrscheinlichkeit und muß er weiterhin bei Rückkehr nach Äthiopien nunmehr sogar noch verstärkt mit einer Wiederholung eines solchen Zugriffs rechnen, weil die äthiopischen Sicherheitskräfte mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen würden, daß der Kläger im Ausland Kontakt mit seinem Vater, dem an führender Stelle in der UDN aktiven Exilpolitiker, gesucht hat und von dort zusätzlich im Sinne der UDN bestärkt und instruiert worden ist, so daß es aus Sicht des äthiopischen Sicherheitdienstes umso mehr gilt, mit brutalen Mitteln den Kläger als erwiesenen radikalen politischen Gegner zum einen zunächst auszuforschen und zum anderen ihn sodann wegen seiner Gesinnung entweder zumindest wirksam einzuschüchtern oder ihn gleich langfristig informell festzusetzen, um ihn jedenfalls an der Betätigung seiner politischen Ansichten zu hindern. Auch unter der Herrschaft der EPRDF-Regierung sind im übrigen, wie sich bei Heranziehung der verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen ergibt, durchaus in Äthiopien Fälle zu registrieren, in denen "auffällig interessante", die Akzeptanz der Regierungspolitik bei der Bevölkerung mutmaßlich gefährdende Personen mit oppositioneller Einstellung in einer Weise massiv und nachhaltig behellig wurden, die den Gedanken an eine (nicht nur strafrechtlich begründete, sondern darüber hinausgehende) politische Verfolgung nahelegen.

Schon angesichts der Massivität der Nachstellungen und des Interesses der äthiopischen Sicherheitsorgane im Fall des Klägers schied und scheidet schließlich auch eine inländische Fluchtalternative in Äthiopien für den Kläger aus.