VG Neustadt a.d.W.

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Zitieren als:
VG Neustadt a.d.W., Urteil vom 28.02.2008 - 2 K 1503/07.NW - asyl.net: M13322
https://www.asyl.net/rsdb/M13322
Leitsatz:
Schlagwörter: Sudan, Widerruf, Flüchtlingsanerkennung, Christen, Friedensabkommen, politische Entwicklung, interne Fluchtalternative, Südsudan, Abschiebungshindernis, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, Anerkennungsrichtlinie, ernsthafter Schaden, bewaffneter Konflikt, allgemeine Gefahr, extreme Gefahrenlage
Normen: AsylVfG § 73 Abs. 1; AufenthG § 60 Abs. 1; AufenthG § 60 Abs. 7; RL 2004/83/EG Art. 15 Bst. c
Auszüge:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Widerruf der Feststellung, dass in Bezug auf den Sudan die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Im Falle des Sudan stellt das Friedensabkommen der Regierung in Karthum mit der Rebellenbewegung des Südens (SPLM) vom 9. Januar 2005 und die damit einhergehende Veränderung der politischen Lage eine nachträgliche Änderung der maßgeblichen Verhältnisse dar, der zum Widerruf berechtigt und auch verpflichtet. Die politische Lage im Sudan hat sich hierdurch im Hinblick auf den christlich-arabischen Konflikt, von dem der Kläger betroffen war, grundlegend verändert. Das Verwaltungsgericht Neustadt hat dies in seiner Rechtsprechung seit dem Jahre 2005 in ständiger Spruchpraxis hervorgehoben.

Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, so würde dem Kläger auf der Grundlage seiner eigenen Angaben nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung im seinem Heimatland drohen. Denn die christlich dominierten südlichen Landesteile stünden ihm als inländische Fluchtmöglichkeit zur Verfügung.

Schließlich kann der Kläger auch aus der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes -Qualifikationsrichtlinie-, deren Umsetzungsfrist am 10. Oktober 2006 ablief, keine Ansprüche herleiten. Gemäß Art. 15 c) der Richtlinie ist von der Abschiebung des Ausländers in einen Staat abzusehen, wenn er dort als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer ernsthaften individuellen Gefahr für Leib oder Leben infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt ist. Für den Betroffenen muss also eine ernsthafte individuelle Bedrohung für Leib oder Leben gegeben sein, eine Verletzung der genannten Rechtsgüter muss gleichsam unausweichlich sein. Nach dem Erwägungsgrund Nr. 26 der Richtlinie stellen Gefahren, denen die Bevölkerung oder eine Bevölkerungsgruppe eines Landes allgemein ausgesetzt sind, für sich genommen normalerweise keine individuelle Bedrohung dar, die als ernsthafter Schaden i.S.v. Art. 15 der Richtlinie zu beurteilen wäre; solche Gefahren sind bei Entscheidungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen (BayVGH, Urteil vom 12.02.2007 - 23 B 06.30402 - juris, unter Bezug auf die Hinweise des Bundesmtnisteriums des Innern zur Anwendung der Richtlinie 2004/83/EG vom 13.10.2006).