VG Osnabrück

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Zitieren als:
VG Osnabrück, Urteil vom 07.08.2008 - 5 A 147/08 - asyl.net: M14174
https://www.asyl.net/rsdb/M14174
Leitsatz:

Keine Verfolgungsgefahr in der Türkei mehr allein wegen länger zurückliegender Unterstützung der ERNK.

 

Schlagwörter: Türkei, Widerruf, Flüchtlingsanerkennung, Änderung der Sachlage, Reformen, Menschenrechtslage, Unterstützung, ERNK, exilpolitische Betätigung, Separatisten, Terrorismus
Normen: AsylVfG § 73 Abs. 1; AufenthG § 60 Abs. 1
Auszüge:

Keine Verfolgungsgefahr in der Türkei mehr allein wegen länger zurückliegender Unterstützung der ERNK.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Die Klage ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG sind die Anerkennung als Asylberechtigter und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen.

Die Flüchtlingsanerkennung des Klägers erfolgte, da ihm seinerzeit wegen seiner Unterstützungshandlung für die ERNK mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bei einer Rückkehr in die Türkei politisch motivierte Verfolgung drohte. Die Verhältnisse haben sich zwischenzeitlich aus den von der Beklagten zutreffend dargestellten Reformen in der Türkei so gravierend verändert, dass an dieser Wertung nicht länger festgehalten werden kann. Insoweit folgt die Kammer der Darstellung im angefochtenen Bescheid. Zwar geht die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte nach Auswertung aktueller Erkenntnismittel nach wie vor davon aus, dass es in der Türkei trotz der eingeleiteten Reformen immer noch zu menschenrechtswidriger Behandlung von inhaftierten Regimegegner kommt, insbesondere, wenn sie der Begehung von Staatsschutzdelikten verdächtigt werden. Insoweit gelten als besonders gefährdet Personen, die durch ihre Nachfluchtaktivitäten als exponierte und ernst zu nehmende Gegner des türkischen Staates in Erscheinung getreten sind und die sich dabei nach türkischem Strafrecht strafbar gemacht haben (Nds. OVG - Urteile vom 25.01.2007 - 11 LB 4/06 - und vom 18.07.2006 - 11 LB 75/06 -). Dies gilt insbesondere für Personen, die als Auslöser von als separatistisch oder terroristisch erachteten Aktivitäten oder als Anstifter oder Aufwiegler angesehen werden. Zu diesem Personenkreis zählte der Kläger nach Einschätzung des Bundesamtes im widerrufenen Bescheid vom 10.02.2000 nicht. Er habe vielmehr in der Zeit von 1996 bis 1998 in ... Guerillas und Angehörige der ERNK unterstützt. Abgesehen davon, dass diese Delikte auch nach türkischem Strafrecht derzeit nicht mehr verfolgt werden, fehlt es an hervorgehobenen Aktivitäten des Antragstellers. Es ist auch nicht ersichtlich und wird von dem Kläger auch nicht vorgetragen, dass er nach seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland sich in irgendeiner Weise exilpolitisch betätigt haben könnten, die ihn als herausgehobenen Oppositionellen für die türkischen Sicherheitsdienste hätten erkennbar machen können.