OVG Nordrhein-Westfalen

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Zitieren als:
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 03.06.2009 - 8 A 4284/06.A - asyl.net: M15734
https://www.asyl.net/rsdb/M15734
Leitsatz:

Der Gegenstandswert einer Klage auf Zuerkennung der Flüchtlingsanerkennung beträgt 3000 Euro (im Anschluss an BVerwG, Beschluss vom 21.12.2006 - 1 C 29.03 - ASYLMAGAZIN 3/2007, S. 27); der wertmäßige Anteil der Klage auf Asylanerkennung an einer Klage auf Asylanerkennung und Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft beträgt ein Viertel.

Schlagwörter: Verfahrensrecht, Gerichtskosten, Kostenentscheidung, Klagerücknahme, Erledigung der Hauptsache, billiges Ermessen, Kostenquote, Streitwert, Flüchtlingsanerkennung, Asylanerkennung
Normen: VwGO § 155 Abs. 2; VwGO § 161 Abs. 2; RVG § 30
Auszüge:

[...]

Das Verfahren ist in entsprechender Anwendung der §§ 87 a Abs. 1 und 3, 125

Abs. 1 Satz 1, 92 Abs. 3 VwGO einzustellen, nachdem die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, soweit mit ihr die Verpflichtung der Beklagten begehrt wurde, sie als Asylberechtigte anzuerkennen, und die Beteiligten den Rechtsstreit im Übrigen in der Hauptsache für erledigt erklärt haben. Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts ist für wirkungslos zu erklären (§ 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO).

Die Kostenentscheidung folgt hinsichtlich des zurückgenommenen Teils des Streitgegenstands aus § 155 Abs. 2 VwGO. Hinsichtlich des in der Hauptsache für erledigt erklärten Teils ist gemäß § 161 Abs. 2 VwGO über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands zu entscheiden. Dabei kann der Anregung der Beklagten, die Nachreichung von Unterlagen durch die Klägerin im April 2009 zum Anlass für eine Kostenteilung zu nehmen, nicht gefolgt werden. Die Klägerin hat bereits im erstinstanzlichen Verfahren auf ihre exilpolitischen Aktivitäten, insbesondere ihre Mitgliedschaft in der UOSE (Union of Oromo Students in Europe) hingewiesen, die nach der Änderung der Entscheidungspraxis des Bundesamtes, die zum Teil auf neueren, zum Teil aber auch schon bis ins Jahr 2005 zurückreichenden Auskünften beruht, zur Zuerkennung des Flüchtlingsstatus geführt haben.

Bei der hier einheitlich zu treffenden Kostenentscheidung, die sich wegen der Gerichtskostenfreiheit des Verfahrens der Sache nach auf die Rechtsanwaltskosten bezieht, wird der wertmäßige Anteil des zurückgenommenen Asylbegehrens an dem ursprünglichen Klagebegehren mit einem Viertel bewertet. Dem steht § 30 RVG nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift beträgt der Gegenstandswert in Streitigkeiten nach dem Asylverfahrensgesetz in Klageverfahren, die die Asylanerkennung einschließlich der Voraussetzungen nach § 60 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes und die Feststellung von Abschiebungshindernissen betreffen, 3.000 Euro, in sonstigen Klageverfahren 1.500 Euro. § 30 RVG ist nach der überzeugenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat folgt, für die Zeit seit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes am 1. Januar 2005 angesichts der gesetzlichen Ausweitung des Schutzumfangs sowie der weitgehenden Angleichung des Flüchtlingsstatus an den Status des Asylberechtigten dahin auszulegen, dass Klageverfahren, die die Asylanerkennung und / oder die Flüchtlingsanerkennung nach § 60 Abs. 1 AufenthG betreffen (einschließlich weiterer nachrangiger Schutzbegehren), mit einem Wert von 3.000 Euro zu veranschlagen sind (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 21. Dezember 2006 - 1 C 29.03 -, NVwZ 2007, 469, vom 14. Februar 2007 - 1 C 22.04 -, juris, und vom 22. April 2008 - 10 B 88.07 -, juris, a.A. OVG NRW, Beschluss vom 14. Februar 2007 - 9 A 4126/06.A -, NVwZ-RR 2007, 430).

Wie die Rücknahme des Asylbegehrens im Verhältnis zu dem hier fortgeführten, auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gerichteten Begehren zu bewerten ist, ergibt sich zwar aus dieser Rechtsprechung nicht unmittelbar. Aus ihr folgt jedoch, dass sich der "Mehrwert" einer Asylanerkennung gegenüber einer Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG durch die Angleichung der damit jeweils verbundenen Rechtspositionen erheblich verringert hat. Eine hälftige Kostenteilung, die in Fällen der vorliegenden Art vor Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes der Senatspraxis entsprach, kommt danach nicht mehr in Betracht. Andererseits kann die Rücknahme des zunächst ebenfalls verfolgten Asylanerkennungsbegehrens nicht ohne kostenrechtliche Folgen bleiben. [...]