OVG Bremen

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Zitieren als:
OVG Bremen, Beschluss vom 08.11.2010 - 2 A 209/08.A - asyl.net: M17820
https://www.asyl.net/rsdb/M17820
Leitsatz:

Es gibt keine begründeten Anhaltspunkte, dass die Situation sich im Iran derart geändert hat, dass nunmehr auch einfache Mitglieder der kommunistischen Arbeiterpartei, die sich nicht exponiert haben, bei einer Rückkehr asylerheblich gefährdet sind.

Schlagwörter: Asylverfahren, Flüchtlingsanerkennung, Iran, Exilpolitik, Berufungszulassung, Grundsätzliche Bedeutung, Arbeiterkommunistische Partei Irans
Normen: AufenthG § 60 Abs. 1, AsylVfG § 78 Abs. 3
Auszüge:

[...}

Unabhängig davon ist auch nicht aufgezeigt, dass die aufgeworfene Frage grundsätzlich klärungsbedürftig ist.

Der Senat hat in Bezug auf den Iran in Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung entschieden, dass eine Rückkehrgefährdung für solche Personen besteht, die nicht lediglich als bloße Mitläufer bei Veranstaltungen einer Oppositionsgruppe in Erscheinung getreten sind, sondern durch ihr Engagement und die von Ihnen entfalteten Aktivitäten aus der Masse oppositioneller Iraner herausgetreten sind, sich also durch ihre Exilaktivitäten exponiert haben und als ernsthafte und gefährliche Regimegegner erscheinen (vgl. Urteile vom 24.11.2004 – Az.: 2 A 275/03.A und 2 A 278/03.A und Urteile vom 08.12.2004 – 2 A 276/03.A und 2 A 277/03.A jeweils mit weiteren Nachweisen zur obergerichtlichen Rechtsprechung und U. v. 09.01.2008 - 2 A 175/06.A -). Der Senat ist zu dieser Einschätzung auf der Grundlage einer Vielzahl von Erkenntnisquellen gelangt.

Auch für linksextreme Gruppen wie die Volksmudjaheddin und deren Unterstützer hat der Senat entschieden, dass sie im Falle einer Rückkehr in den Iran mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politischer Verfolgung ausgesetzt sind, wenn sie nicht lediglich als bloße Mitläufer bei Veranstaltungen dieser Oppositionsgruppe in Erscheinung getreten sind, sondern durch ihr Engagement und die von ihnen entfalteten Aktivitäten für die Volksmudjaheddin aus der Masse oppositioneller Iraner herausgetreten sind, sie sich insoweit also exponiert haben (grundlegend U. v. 01.12.1999 - 2 A 508/98.A). Auch angesichts der weiteren Entwicklung im Iran, insbesondere der Machtübernahme Ahmadinedschads, hat der Senat keinen Anlass gesehen, von dieser Rechtsprechung abzuweichen (vgl. B. v. 27.03.2008 - 2 A 280/07.A -).

Die Einschätzung, dass (lediglich) Personen, die sich durch ihre Exilaktivitäten exponiert haben und als ernsthafte und gefährliche Regimegegner erscheinen, im Falle einer Rückkehr in den Iran mit asyl- oder abschiebungsschutzrelevanten Repressionen zu rechnen haben, entspricht übereinstimmender obergerichtlicher Rechtsprechung (vgl. OVG Bautzen, B. v. 03.06.2009 - 2 A 722.08 -; VGH München, B. v. 27.05.2008 - 14 ZB 08.30097 -; OVG Lüneburg, B. v. 03.07.2006, NJW 2006, 318, 319; VGH Kassel, U. v. 23.11.2005 - 11 UE 3311/04.A -; OVG Münster, B. v. 08.09.2005 - 5 A 1342/05.A -; OVG Saarlouis, U. v. 23.10.2002 - 9 R 3.00 -; OVG Hamburg, U. v. 14.11.2003 - 1 Bf 421/01.A -; OVG Berlin-Brandenburg, U. v. 16.09.2009 - 3 B 12.07 -).

Die Klägerin verweist für ihre Auffassung insbesondere auf einen Artikel aus der Zeitung "Morgendämmerung" - die nach ihren Angaben vom iranischen Führer Khamenei und der iranischen Regierung herausgegeben wird - von Januar 2008, in dem die kommunistische Arbeiterpartei schärfstens beschimpft und ihr die Unruhen an den Universitäten im Iran vorgeworfen werden. Zudem unternehme die kommunistische Arbeiterpartei umfangreiche Aktivitäten gegen das iranische Regime, was im Einzelnen näher ausgeführt wird. [...]

Mit diesem Vorbringen wird die aufgezeigte gefestigte und auch für die neuere Zeit geltende Rechtsprechung nicht ernstlich in Frage gestellt. Beschimpfungen und Verurteilungen von Oppositionsgruppen wie der kommunistischen Arbeiterpartei durch die Regierung sind im Iran nicht selten. Auch ist dort bekannt, dass diese Partei und ihre Anhänger im In- und Ausland gegen die Regierung vehement opponieren. Dass die Situation sich aber derart geändert haben könnte, dass nunmehr auch einfache Mitglieder der kommunistischen Arbeiterpartei, die sich nicht exponiert haben, bei einer Rückkehr asylerheblich gefährdet sind, wird durch das Vorbringen der Klägerin im Zulassungsverfahren nicht aufgezeigt und dafür hat der Senat auch sonst keinen begründeten Anhalt. [...]