VG Potsdam

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Zitieren als:
VG Potsdam, Beschluss vom 08.10.2013 - 6 L 647/13.A - asyl.net: M21279
https://www.asyl.net/rsdb/M21279
Leitsatz:

Einzelfall einer für Eilrechtsschutzzwecke glaubhaft gemachten Familiengemeinschaft, die eine Zuständigkeit Deutschlands für das Asylverfahren begründet.

(Amtlicher Leitsatz)

Schlagwörter: Polen, Dublin II-VO, Dublinverfahren, Familiengemeinschaft, Familienangehörige, vorläufiger Rechtsschutz, familiäre Lebensgemeinschaft, Zurückschiebung,
Normen: AsylVfG § 34 Abs. 2, VO 343/2003 Art. 8, VO 343/2003 Art. 2 Bst. i,
Auszüge:

[...]

Der zugleich mit der im Tenor genannten Klage am 24. September 2013 angebrachte Eilrechtsschutzantrag der nach eigenen Angaben am 7. August 2013 nach Deutschland gelangten Antragsteller ist gem. § 34a Abs. 2 AsylVfG (i.d.F. des Gesetzes vom 28. August 2013, BGBl. I S. 3474) i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO statthaft und innerhalb der einwöchigen Antragsfrist gestellt worden, nachdem der genannte Bescheid am 16. September 2013 zur Zustellung aufgegeben worden war.

Der Antrag hat Erfolg, weil nach der im vorliegenden Eilrechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung entgegen der Feststellung in Nr. 1 des Bescheides, dass die Asylanträge unzulässig sind, sowie der Abschiebungsandrohung nach Polen in Nr. 2 des Bescheides Überwiegendes dafür spricht, dass Deutschland gem. Art. 8 Dublin II-VO für die Durchführung des Asylverfahrens der Antragsteller zuständig ist.

Zwar haben die polnischen Behörden nach der am 12. August 2013 bei der Außenstelle Eisenhüttenstadt des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) erfolgten Asylantragstellung der Antragsteller auf entsprechende Nachfrage des Bundesamtes mit Schreiben vom 19. August 2013 ihre Rückübernahmebereitschaft hinsichtlich aller Antragsteller gem. Art. 16 Abs. 1 lit. c Dublin II-VO erklärt. Die Antragsteller hatten zudem nach den Angaben der Antragstellerin zu 1. bereits in Polen ein Asylgesuch eingereicht, das abgelehnt worden sei, wobei sie nicht gewusst hätten, wo sich der angebliche Ehemann bzw. Vater der Antragsteller aufhielt. Indes haben die Antragsteller (inzwischen) Unterlagen dazu beigebracht, dass es sich bei Herrn …, der am 6. Mai 2013 beim Bundesamt einen Asylantrag gestellt hat, zu welchem er am selben Tag befragt und am 30. September 2013 ausführlich angehört worden ist, ohne dass er bis jetzt beschieden ist, um ihren Ehemann bzw. Vater handelt. Auch die sowohl von der Antragstellerin zu 1. (BAMF-Az. …..) als auch jenem Herrn …. (BAMF-Az. …) in ihren jeweiligen Anhörungen beim Bundesamt gemachten Angaben zu ihren familiären Verhältnissen sind insoweit kongruent. Daher dürfte Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens der Antragsteller zuständig sein.

Hat ein Asylbewerber in einem Mitgliedstaat einen Familienangehörigen, über dessen Asylantrag noch keine erste Sachentscheidung getroffen wurde, so obliegt diesem Mitgliedstaat die Prüfung des Asylantrags, sofern die betroffenen Personen dies wünschen (Art. 8 Dublin II-VO). Dies alles dürfte hier der Fall sein:

Ausweislich der vorliegend nur summarisch prüfbaren Unterlagen der Antragsteller handelt es sich bei Herrn ... , dessen Asylerstantrag noch nicht beschieden ist, um den Ehegatten bzw. Vater der Antragsteller, also um Familienangehörige i.S.v. Art. 2 lit. i Dublin II-VO, wobei die Unterlagen u.a. belegen sollen, dass die Ehe bereits in der Russischen Föderation bestanden hat. Es ist auch offensichtlich, dass die Antragsteller die Prüfung ihres Asylgesuchs ebenfalls in Deutschland und mit Blick auf den Asylantrag des Herrn ... wünschen.

Ob die vorgetragene familiäre Verbundenheit den Tatsachen entspricht oder lediglich unter Vorlage gefälschter bzw. falscher Unterlagen vorgeschoben wird, um in den Genuss eines Bleiberechts in Deutschland zu gelangen, kann mit den Mitteln des Eilrechtsschutzverfahrens nicht geklärt werden. [...]