OLG Frankfurt a.M.

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Zitieren als:
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 18.12.2013 - 1 UF 372/11 - asyl.net: M21494
https://www.asyl.net/rsdb/M21494
Leitsatz:

Die Herbeiführung der deutschen Staatsangehörigkeit ist für sich genommen kein adoptionsrelevantes Motiv. Wirkt sich ein unsicherer Aufenthaltsstatus jedoch in einer Weise aus, dass hierdurch dem Kindeswohl dienende Entwicklungen verhindert werden, ist diesem Umstand Bedeutung beizumessen.

Schlagwörter: Volladoption, Adoption, Zustimmung, Zustimmungserklärung, Volljährigenadoption, Erwachsenenadoption, Kindeswohl, Bindungen zur Herkunftsfamilie, deutsche Staatsangehörigkeit, Motiv, adoptionsrechtliches Motiv, Umwandlung,
Normen: AdWirkG § 3, AdWirkG § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2,
Auszüge:

[...]

Zutreffend hat das Amtsgericht festgestellt, dass die in Thailand ausgesprochene und mit der Entscheidung vom 08.09.2011 anerkannte Adoption nicht schon nach thailändischem Recht zum Erlöschen des Eltern- Kind-Verhältnisses zu den leiblichen Eltern geführt hat. Insoweit nimmt der Senat auf die Begründung des angefochtenen Beschlusses Bezug (vgl. zu den Wirkungen nach dem thailändischen Adoptionsrecht auch OLG Hamm, FamRZ 2013, 1499).

Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Amtsgerichts lagen die Voraussetzungen für eine Umwandlung in eine Volladoption schon deshalb nicht vor, weil es an den hierfür erforderlichen Zustimmungserklärungen der leiblichen Eltern fehlte.

Diese sind aber durch die inzwischen übersandten Erklärungen der leiblichen Eltern nachgeholt worden. Diese Erklärungen bringen eindeutig zum Ausdruck, dass die leiblichen Eltern einer Herbeiführung der Wirkung einer Volladoption und der Auflösung des rechtlichen Eltern-Kind-Verhältnisses zu ihnen zustimmen. Die Erklärungen genügen der Ortsform und sind als Zustimmungserklärungen i.S.v. § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AdWirkG ausreichend.

Dass die Antragsteller auch als gesetzliche Vertreter des - noch nicht 14 Jahre alten - Kindes der Umwandlung der Adoption in eine Volljährigenadoption zustimmen (§ 3 Abs. 1 S. 3 AdWirkG i.V.m. § 1746 BGB), ist sowohl durch den notariell beurkundeten Antrag als auch durch die Bekundungen im Anhörungstermin hinreichend deutlich zum Ausdruck gekommen.

Abweichend von der Beurteilung des Amtsgerichts hat der Senat die Überzeugung, dass die Umwandlung in eine Volladoption hier dem Wohl des Kindes dient. Dass das Kind weiterhin Bindungen zur Herkunftsfamilie hat, steht dem nicht entgegen. Auch das deutsche Recht knüpft die Wirkungen des § 1755 BGB nicht daran, dass keine Bindungen mehr zur Herkunftsfamilie bestehen. Im Übrigen ist die Herbeiführung der Wirkungen einer Volladoption hier eher geeignet als die Beibehaltung der schwachen Wirkungen, die familiäre Verbindung zur leiblichen Mutter aufrechtzuerhalten. Aus der Anhörung wurde deutlich, dass der mit der schwachen Adoptionswirkung verbundene ausländerrechtliche Status persönliche Begegnungen zwischen dem Kind und seiner leiblichen Mutter erschwert hat. Besuche in Thailand wurden nicht durchgeführt, da die Befürchtung bestand, ohne die Vollwirkung der Adoption sei eine Rückkehrmöglichkeit des Kindes nach Deutschland nicht gewährleistet. Dem Amtsgericht ist zwar darin zuzustimmen, dass die Herbeiführung der deutschen Staatsangehörigkeit für sich genommen kein adoptionsrelevantes Motiv ist. Wenn sich aber - wie hier - ein unsicherer Aufenthaltsstatus in einer Weise auswirkt, dass hierdurch dem Kindeswohl dienende Entwicklungen verhindert werden, ist diesem Umstand Bedeutung beizumessen. Der ungesicherte Status des Kindes hat hier dazu geführt, dass dem Kind jedwede Teilnahme an Auslandsreisen verwehrt wird, aus Angst, es könne bei der Rückreise nach Deutschland zu Problemen kommen. Davon sind nicht nur Urlaubsreisen mit den Adoptiveltern, sondern auch Klassenreisen betroffen. Dass das Kind seinen Status ebenfalls als unsicher empfindet und hierunter leidet, wurde aus der Anhörung deutlich.

Es kommt hinzu, dass das Kindeswohl hier auch wegen der mit Vollwirkung erfolgten Adoption von … nach einer Umwandlung der Adoption in eine Volladoption verlangt. Für … ist die im Vergleich zu seiner Adoptivschwester unterschiedliche Rechtsstellung zwischen ihm und seinen Adoptiveltern belastend.

Auch die gemeinsame zentrale Adoptionsstelle Rheinland-Pfalz und Hessen hat in ihren verschiedenen Stellungnahmen jeweils nachdrücklich den Standpunkt vertreten, dass es unbedingt im Interesse des Kindeswohls liege, die Wirkungen der Volladoption herbeizuführen. Diese Einschätzung teilt der Senat - auch als Ergebnis der im Beschwerdeverfahren durchgeführten Anhörung.

Da auch die sonstigen Voraussetzungen für eine Umwandlung vorliegen, ist antragsgemäß auszusprechen, dass das Kind durch die in Thailand durchgeführte und hier anerkannte Adoption die Rechtsteilung eines nach den deutschen Sachvorschriften angenommenen Kindes erhält. [...]