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Zitieren als:
BVerwG, Beschluss vom 12.04.2017 - 1 B 20.17 - asyl.net: M25362
https://www.asyl.net/rsdb/M25362
Leitsatz:

Kein Absehen vom Erfordernis der Lebensunterhaltssicherung für Familiennachzug, auch wenn Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft im Herkunftsland unzumutbar.

1. Auch wenn die Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft im Herkunftsstaat unzumutbar ist, ist nicht immer ein atypischer Ausnahmefall gegeben, bei dem der Familiennachzug trotz Sozialleistungsbezug erlaubt werden muss (Unter Bezug auf BVerwG, Entscheidung vom 13.06.2013 - 10 C 16.12 - asyl.net: M20995, Asylmagazin 9/2013).

2. Bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung ist die Zumutbarkeit zu berücksichtigen sowie das Alter der betroffenen Kinder und deren Schutz- und Betreuungsbedarf.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Kindernachzug, Zumutbarkeit, familiäre Lebensgemeinschaft, atypischer Ausnahmefall, Kindeswohl, Sozialleistungen, Sicherung des Lebensunterhalts, besondere Härte, Herstellung der Lebensgemeinschaft im Herkunftsstaat, Divergenzrüge, Revision, Nichtzulassungsbeschwerde, Darlegungsanforderungen, Kernfamilie, Kind, Kinder, China,
Normen: VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 2, VwGO § 133 Abs. 3 S. 3, AufenthG § 5 Abs. 1 Nr. 1,
Auszüge:

[...]

Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. Sie führt aus, das Bundesverwaltungsgericht habe mit Urteil vom 13. Juni 2013 - 10 C 16.12 - (Buchholz 402.242 § 5 AufenthG Nr. 14) entschieden, dass es in Fällen, in denen einem Nachzugsbegehren der Schutz der öffentlichen Kassen entgegensteht, im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG einer Abwägung dieses öffentlichen Interesses mit den gegenläufigen privaten Belangen der Familie bedürfe und die Entscheidung insbesondere den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Übermaßverbots entsprechen müsse. Die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der Visumversagung hänge dabei vor allem davon ab, welche Folgen diese Entscheidung für das Wohl der zur Kernfamilie gehörenden Kinder habe und ob die Familie darauf verwiesen werden könne, die angestrebte familiäre Lebensgemeinschaft mit dem nachzugswilligen Kind in dessen Herkunftsland zu führen, oder ob dem Hindernisse oder sonstige erhebliche Belange der Familie entgegenstünden.

Mit ihrer Kritik an der angefochtenen Entscheidung zeigt die Beschwerde keinen davon abweichenden Rechtssatz des Berufungsgerichts auf. Sie beschränkt sich vielmehr darauf, eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch das Berufungsgericht zu rügen. Damit kann sie die Zulassung der Revision nicht erreichen.

Ein Rechtssatzwiderspruch ist insbesondere auch nicht mit dem Hinweis dargelegt, dass das Berufungsgericht einen atypischen Fall verneint hat, ohne entscheidungserheblich darauf abzustellen, ob eine Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft des Klägers mit der Mutter, ihrem Ehemann und den gemeinsamen Kindern in China möglich und zumutbar wäre. Denn das Bundesverwaltungsgericht hat in der genannten Entscheidung nicht den Rechtssatz aufgestellt, dass bei Unzumutbarkeit der Herstellung der Familieneinheit im Herkunftsland des nachzugswilligen Kindes stets ein Ausnahmefall gegeben ist. Es hat diesen Gesichtspunkt vielmehr nur als einen bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu berücksichtigenden Umstand benannt. Welches Gewicht dabei einzelnen Aspekten beigemessen wird, ist eine Frage der Rechtsanwendung im Einzelfall. Das gilt auch für das konkrete Alter des nachzugswilligen Kindes und dessen individuellen Schutz- und Betreuungsbedarf. [...]