VGH Hessen

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Zitieren als:
VGH Hessen, Beschluss vom 20.09.2019 - 3 D 2520/18 - asyl.net: M27832
https://www.asyl.net/rsdb/M27832
Leitsatz:

Zumutbarkeit der Erlangung eines Reisepasses bei drohender staatlicher Verfolgung (erfolgreiche Beschwerde im Prozesskostenhilfeverfahren):

Beruht der subsidiäre Schutzstatus eines Ausländers auf in seinem Heimatland drohender Verfolgung durch staatliche Stellen und beruft sich der Ausländer deshalb auf die Unzumutbarkeit der Passerlangung, so reicht dies für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aus.

(Amtlicher Leitsatz)

Schlagwörter: subsidiärer Schutz, Passpflicht, Passbeschaffung, Reiseausweis für Ausländer, Zumutbarkeit, Mitwirkungspflicht, Prozesskostenhilfe,
Normen: ZPO § 114 Abs. 1 S. 1, VwGO § 166, AsylG § 4, AufenthV § 5 Abs. 1, AsylG § 72 Abs. 1 Nr. 1
Auszüge:

[...]

Zwar geht die obergerichtliche Rechtsprechung überwiegend davon aus, dass die subsidiäre Schutzberechtigung nicht per se eine Vorsprache bei den nationalen Behörden zwecks Erlangung eines nationalen Passes unzumutbar erscheinen lässt (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen vom 17.05.2016 – 18 A 951/15 –, juris Rdnr. 5). Im Einzelfall kann sich aber aus der individuellen Verfolgungs- und Gefährdungssituation ergeben, dass eine Vorsprache im Konsulat des Heimatlandes unzumutbar ist, insbesondere dann, wenn der Schutzstatus aufgrund drohender staatlicher Verfolgung zugesprochen wurde (vgl. Marx, AsylG, 10. Auflage 2019, § 4 Rdnr. 84) und die Inbesitznahme eines Nationalpasses wie eine erneute Unterschutzstellung zu werten wäre (vgl. Bay. VGH vom 17.10.2018 – 19 ZB 15.428 –, juris Rdnr. 12). Dabei wird auch die in § 72 Abs. 1 Nr. 1 AsylG zum Ausdruck kommende Wertung des Gesetzgebers in den Blick zu nehmen sein, wonach ein Ausländer sich durch die Annahme oder Erneuerung eines Nationalpasses dem Schutz des Staates unterstellt, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Darüber hinaus muss ein Betroffener im Falle einer Auslandsreise möglicherweise mit seiner Abschiebung in das (Heimat-) Land rechnen, dessen nationalen Pass er mit sich führt (vgl. Bay. VGH vom 17.10.2018, a.a.O.). [...]