OVG Rheinland-Pfalz

Merkliste
Zitieren als:
OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 02.10.2020 - 7 B 11047/20 - asyl.net: M29103
https://www.asyl.net/rsdb/M29103
Leitsatz:

 

Geeignetheit von Nachweisen bei Identitätsklärung für Erteilung einer Ausbildungsduldung:

"1. Ein zweiter Antrag auf E[r]teilung einer Duldung für dieselbe Ausbildung ist nach § 60c Abs. 2 Nr. 3 Halbs. 1 Buchst. a AufenthG (juris: AufenthG 2004) abzulehnen, wenn die Identität des Ausländers bei Stellung des ersten Antrags nicht geklärt war und er bis dahin keine ihm zumutbaren Maßnahmen für die Identitätsklärung ergriffen hat (Rn.10).

2. Die Vorlage eines Universitätszeugnisses ohne biometrische Merkmale ist keine erfolgversprechende Maßnahme zur Klärung der Identität; es ist als Basis für die Beschaffung von Passersatzpapieren ungeeignet (Rn.14)."

(Amtliche Leitsätze)

Schlagwörter: Ausbildungsduldung, Identitätsklärung, biometrische Merkmale, Beurteilungszeitpunkt, Passbeschaffung,
Normen: AufenthG § 60c Abs. 2 Nr. 3
Auszüge:

[...]

11 Der Antragsteller beantragte bereits mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2019 eine Duldung für diese Ausbildung. Schon dieser Antrag bezog sich auf den Berufsausbildungsvertrag vom 2. Dezember 2019. Danach sollte er zum 1. August 2020 eine Ausbildung als ... bei der ... beginnen. Auf diesen ersten Antrag und nicht auf den zweiten von 24. Juni 2020 ist abzustellen. Entscheidend ist dabei, dass es sich um denselben Ausbildungsvertrag handelt. Der jeweilige Ausbildungsvertrag ist Anknüpfungspunkt für die Bewertung, ob eine Ausbildungsduldung zu erteilen ist. Nach seinem Inhalt ist die Frage zu beantworten, ob die Ausbildung den Mindestanforderungen genügt, es sich also zum Beispiel um eine qualifizierte Berufsausbildung handelt (§ 60c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 3 Satz 3 AufenthG). Zudem gibt der Ausbildungsvertrag Aufschluss über die Dauer der Berufsausbildung, für die eine Duldung erteilt werden soll (§ 60c Abs. 3 Satz 4 AufenthG).

12 Zudem würde die Regelung in § 60c Abs. 2 Nr. 3 Halbs. 1 Buchst. a AufenthG umgangen, wenn bei wiederholter Beantragung einer Duldung für dieselbe Ausbildung auf die letzte Antragstellung abgestellt würde. Aus dem Zusammenhang mit den anderen Buchstaben in § 60c Abs. 2 Nr. 3 Halbs. 1 AufenthG lässt sich ersehen, dass der Gesetzgeber Unklarheiten bei der Identität nicht zeitlich unbegrenzt hinnehmen wollte; er setzte dafür Fristen. Diesem Ansatz widerspräche es, wenn man es zuließe, dass die Identität nicht schon beim ersten Antrag, sondern erst bei weiteren Anträgen mit dem gleichen Inhalt geklärt ist.

13 b) Auf § 60c Abs. 2 Nr. 3 Halbs. 2 AufenthG kann sich der Antragsteller nicht berufen.

14 Danach gilt eine in § 60c Abs. 2 Nr. 3 Halbs. 1 AufenthG bestimmte Frist zur Klärung der Identität als gewahrt, wenn der betroffene Ausländer innerhalb der Frist alle erforderlichen und ihm zumutbaren Maßnahmen für die Identitätsklärung ergriffen hat. Diese Obliegenheit hat der Antragsteller nicht erfüllt. Nachvollziehbar belegt hat er seine Identität erst mit der Vorlage seiner National Identify Card am 31. Januar 2020, also nach dem ersten Antrag auf Erteilung der fraglichen Duldung am 30. Dezember 2019 und damit nach Ablauf der hier maßgeblichen Frist in § 60c Abs. 2 Nr. 3 Halbs. 1 Buchst. a AufenthG. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass ihm die Vorlage dieses bereits am 18. April 2019 ausgestellten Identitätsnachweises vorher nicht zumutbar gewesen wäre. Die Urkunde war auch erforderlich, um seine Identität mit der für eine Abschiebung nötigen Sicherheit zu klären. Dazu genügte das vom Antragsteller zuvor zu den Akten gereichte Universitätszeugnis nicht. Es kann nicht als Identitätsnachweis gelten. Dazu sind grundsätzlich Identitätsdokumente wie Pass oder Personalausweis erforderlich. Können diese nicht vorgelegt werden, so kann die Identität mittels Dokumenten belegt werden, die biometrische Merkmale und Angaben zur Person enthalten. Andere Dokumente sind nur dann zum Nachweis der Identität geeignet, wenn auf ihrer Basis Pässe oder Passersatzpapiere beschafft werden können (vgl. die Begründung im Entwurf eines Gesetzes über Duldung bei Ausbildung und Beschäftigung, BT-Drs. 18/8286, S. 15). Das fragliche Universitätszeugnis ist weder ein Identitätsdokument noch enthält es biometrische Merkmale und es war zur Beschaffung von Passersatzpapieren unzureichend. Letzteres ergibt sich daraus, dass der Antragsgegner den Antragsteller zur Mitwirkung bei der Beschaffung solcher Papiere aufforderte. [...]