1. Zur Konzentration der Entscheidung über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG für abgelehnte Asylbewerber beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge.
2. Die Entscheidung des Bundesamts nach § 24 Abs. 2 AsylVfG über Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG erfordert als Statusentscheidung eine ausdrückliche - positive oder negative Feststellung - im Tenor seines Bescheids. Eine bloße Inzidentprüfung im Rahmen der Entscheidung über den Abschiebezielstaat in der Abschiebungsandrohung reicht nicht aus.
3. Ist eine derartige Feststellung unterblieben, ist das dafür nach wie vor allein zuständige Bundesamt verpflichtet, die Entscheidung nachzuholen; die Ausländerbehörden sind während dieses Zeitraums gehindert, das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG im Rahmen ihrer Entscheidung über eine Duldung nach § 55 Abs. 2 oder einer Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 AuslG eigenständig zu prüfen (Bestätigung und Fortführung der Senatsrechtsprechung vgl. Urteil vom 21.06.2004 -11 S 770/04 -).(Amtliche Leitsätze)
Für den vorliegenden Rechtsstreit folgt daraus, dass mit Stellung des Asylfolgeantrags der Klägerin und nach der Entscheidung des Bundesamtes im Bescheid vom 9.6.1994, kein weiteres Asylverfahren durchzuführen, die Befugnis und gleichzeitig auch die Pflicht auf das Bundesamt übergegangen ist, über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG bei der Klägerin zu entscheiden.
Dieser Pflicht hat das Bundesamt indes nicht genügt. Im Bescheid vom 9.6.1994 hat es das Nichtvorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG nur in der Begründung des Bescheids den Hinweis aufgenommen, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG bei der Klägerin nicht feststellbar sind, die es rechtfertigen würden, die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung zu beschränken. Damit hat das Bundesamt die verfahrensrechtlichen Anforderungen der §§ 24 Abs. 2, 31 Abs. 3 AsylVfG nicht erfüllt. Nach § 24 Abs. 2 AsylVfG obliegt dem Bundesamt die "Entscheidung" über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG, und nach § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG hat es "festzustellen", ob diese Abschiebungshindernisse gegeben sind; mit dieser Feststellung wird ein Rechtsstatus des Ausländers begründet (vgl. auch §§ 32 und 39 AsylVfG).
Schon aus diesen terminologischen Gründen folgt, dass das Bundesamt nach §§ 24 Abs. 2 AsylVfG verpflichtet ist, eine ausdrückliche - positive oder negative - Feststellung über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG im Tenor seines Bescheids zu treffen; insofern kann nichts anderes gelten als für die Statusentscheidung über den eigentlichen Asylantrag nach §§ 13 Abs. 2, 14 Abs. 1 AsylVfG, die wirksam nur im Tenor ergehen kann. Eine bloße Inzidentprüfung der Voraussetzungen des § 53 AuslG in den Entscheidungsgründen - auf der Ebene der Prüfung des Abschiebezielstaats bei er Abschiebungsandrohung nach §§ 71 Abs. 4, 34 Abs. 1 AsylVfG, § 50 Abs. 3 Satz 2 AuslG - ist nicht ausreichend (offen gelassen von OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24.2.1997 - 25 A 3389/95.A -, EZAR 224 Nr. 27). Für die Notwendigkeit einer eindeutigen Statusentscheidung im Tenor sprechen zudem Gründe der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Im Hinblick auf die weitreichende - positive wie negative - Bindungswirkung der Entscheidung des Bundesamts nach § 42 Satz 1 AsylVfG für die Ausländerbehörde darf kein Zweifel über ihren gewollten Inhalt bestehen. Solche Zweifel wären aber in der Verwaltungspraxis nahezu vorprogrammiert, wenn man Erwägungen zu § 53 AuslG in den Entscheidungsgründen ausreichen ließe, da das Bundesamt den Ausländerbehörden nach den Erfahrungen des Senats häufig nur die erste Seite seines Bescheids mit den Entscheidungssätzen übersendet.
Dass das Bundesamt mithin im Bescheid vom 9.6.1994 keine "Feststellung" zu § 53 AuslG getroffen hat, eröffnet jedoch nicht für die Ausländerbehörde die Möglichkeit, nunmehr entsprechende Feststellungen zu treffen. Dies würde nämlich dem dargestellten Konzept der ausschließlichen Kompetenz und der damit einhergehenden Pflicht des Bundesamtes für Statusfeststellungen nach § 53 AuslG widersprechen.
Der Klägerin bleibt es jedoch - ebenso wie der Beklagten - unbenommen, vom Bundesamt eine Ergänzung des Bescheides vom 9.6.1994 um die Feststellung über das (Nicht-)Vorliegen von Abschiebungshindernissen zu verlangen und gegebenenfalls auch gerichtlich zu erstreiten.
Die Klägerin kann sich jedoch auf einen Duldungsgrund nach § 55 Abs. 2 AuslG i.V.m. Art. 6 GG, Art. 8 EMRK und damit auf ein inlandsbezogenes rechtliches Abschiebungshindernis berufen. Art. 6 GG und Art. 8 EMRK stellen rechtliche Gründe dar, die die Abschiebung der Klägerin im Sinne des § 55 Abs. 2 AuslG unmöglich machen. Der aus Art. 6 GG und Art. 8 EMRK fließende Schutzgedanke für die Familie und das Elternrecht gebieten es vorliegend, die Klägerin so lange zu dulden, wie der Kläger zu 3. sich wegen seines Asylverfahrens gestattet im Bundesgebiet aufhält.
Es wäre mit den Verbürgungen des Art. 6 GG und des Art. 8 EMRK unvereinbar, die Klägerin und den 12-jährigen Kläger zu 3., der schon angesichts seines Alters der Betreuung durch seine allein erziehende Mutter bedarf und dem während des laufenden Asylverfahrens ein freiwilliges Verlassen der Bundesrepublik Deutschland nicht zuzumuten ist, zu trennen.
Das somit bestehende Abschiebungshindernis hat die Klägerin nicht zu vertreten.