VG Ansbach

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Zitieren als:
VG Ansbach, Urteil vom 02.02.2005 - AN 9 K 04.30750 u.a. - asyl.net: M6616
https://www.asyl.net/rsdb/M6616
Leitsatz:
Schlagwörter: Irak, Kurden, Widerruf, Flüchtlingsanerkennung, Zuwanderungsgesetz, Gesetzesänderung, Ermessen
Normen: AsylVfG § 73 Abs. 2a
Auszüge:

Die zulässigen Klagen sind begründet, da die angefochtenen Bescheide des Bundesamtes vom 19. April 2004 bzw. 20. April 2004 rechtswidrig (geworden) sind und die Kläger in ihren Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung waren die Anerkennung als Asylberechtigter und die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorlagen. Auch nach § 73 AsylVfG in der seit dem 1. Januar 2005 geltenden Fassung sind die Anerkennung als Asylberechtigter und die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG (bis zum 31.12.2004: § 51 AuslG) vorliegen, unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Jedoch bestimmt der neu eingefügte § 73 Abs. 2 a AsylVfG, dass die Prüfung, ob die Voraussetzungen für einen Widerruf nach Abs. 1 vorliegen, spätestens nach Ablauf von drei Jahren nach Unanfechtbarkeit der Entscheidung zu erfolgen hat. Das Ergebnis ist der Ausländerbehörde mitzuteilen. Ist nach der Prüfung ein Widerruf oder eine Rücknahme nicht erfolgt, so steht eine spätere Entscheidung nach Absatz 1 und Absatz 2 im Ermessen.

Gemäß § 77 AsylVfG ist in Streitigkeiten nach diesem Gesetz auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der, letzten mündlichen Verhandlung abzustellen. Dies bewirkt, dass die ergangenen Widerrufsbescheide rechtswidrig (geworden) sind. Denn mit Bescheid des Bundesamtes vom 18. Juni 1999 wurde (beruhend auf dem Urteil des VG Ansbach vom 16. April 1999, Az.: AN 12 K 98.34659) festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen. Gemäß Aktenvermerk des Bundesamtes vom 27. Mai 2003 (Seite 112 der vorgelegten Akte des Bundesamtes) wurde die Einleitung eines Widerrufsverfahrens überprüft. Diese Überprüfung endete mit dem Ergebnis, dass ein Widerrufsverfahren nicht eingeleitet werde, dieses Ergebnis wurde der Stadtverwaltung Nürnberg mit Schreiben vom 11. Juli 2003 mitgeteilt.

Damit ist, wie es nun § 73 Abs. 2 a AsylVfG vorschreibt, die Prüfung, ob ein Widerrufsverfahren eingeleitet wird, bereits erfolgt. Das Ergebnis dieser Überprüfung wurde auch der Ausländerbehörde mitgeteilt. Eine spätere Entscheidung steht deshalb gemäß § 73 Abs. 2 a Satz 3 AsylVfG im Ermessen, das vorliegend nicht ausgeübt worden ist. Dieser Ermessensnichtgebrauch führt zur (nachträglichen) Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Widerrufsentscheidungen hinsichtlich des § 51 Abs. 1 AuslG, da ein Ermessen nicht ausgeübt wurde und dies auch gemäß § 114 Satz 2 VwGO bei völligem Ermessensausfall nicht mehr nachgeschoben werden kann. Da die Entscheidungen bezüglich der Abschiebungshindernisse gemäß § 53 AuslG auf dieser - rechtswidrig gewordenen - Entscheidung bezüglich des Widerrufs der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG aufbauen, sind auch diese Entscheidungen rechtwidrig geworden. Bei den streitgegenständlichen Entscheidungen über den Widerruf des § 51 Abs. 1 AuslG (jetzt § 60 Abs. 1 AufenthG) handelt es sich um die spätere Entscheidung im Sinne des § 73 Abs. 2 a Satz 3 AsylVfG. Bei dieser Entscheidung handelt es sich nach der nun geltenden Rechtslage zwingend um eine Ermessensentscheidung. Da dieses Ermessen nicht ausgeübt worden ist, waren die Entscheidungen aufzuheben und den Klagen stattzugeben.