VG Arnsberg

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Zitieren als:
VG Arnsberg, Beschluss vom 21.07.2006 - 5 L 596/06.A - asyl.net: M8545
https://www.asyl.net/rsdb/M8545
Leitsatz:
Schlagwörter: Verfahrensrecht, Zustellung, Niederlegung, Gemeinschaftsunterkünfte, Zustellungsmangel, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren)
Normen: VwGO § 80 Abs. 5; VwZG § 3
Auszüge:

Der - sachgerechte und sinngemäß gestellte - Antrag des Antragstellers, festzustellen, dass die gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 9. September 2005 erhobene Klage 5 K 2507/06.A aufschiebende Wirkung hat, hat Erfolg.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) geht nach der im vorliegenden Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung zu Unrecht davon aus, dass der Bescheid vom 9. September 2005, mit welchem das Asylbegehren des Antragstellers als "einfach" unbegründet abgelehnt worden ist, in Bestandskraft erwachsen ist. Vielmehr ist die vom Antragsteller begehrte Feststellung zu treffen, weil für das Eilverfahren anzunehmen ist, dass die Klage im Verfahren 5 K 2507106.A rechtzeitig erhoben worden ist.

Der Antragsteller weist zutreffend darauf hin, dass eine wirksame Zustellung gemäß § 3 des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG) grundsätzlich voraussetzt, dass der Postmitarbeiter den Asylbewerber zunächst in seinem Zimmer in der Gemeinschaftsunterkunft aufsucht (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. Februar 1999 - A 9 S 8/99 -, Verwaltungsblätter Baden-Württemberg (VBlBW) 1999, 184; VG Dresden, Zwischenurteil vom 22. August 2003 - A 13 K 30018/03 -, Ausländer- und Asylrecht Schnelldienst (AuAS) 2003, 275; VG Braunschweig, Urteil vom 24. Juli 2002 - 8 A 98/02 -, (JURIS); Wolff, Zustellung im Asylverfahren, Asylmagazin 11/2002, 10 (11)).

Dass dies geschehen ist, also die Postmitarbeiterin versucht hat, den Antragsteller in seinem Zimmer anzutreffen, ist nicht auszumachen und auch von der Antragsgegnerin nicht vorgetragen worden. Auch der Zustellungsurkunde ist hierzu nichts zu entnehmen. Dieser zufolge hat die Postbedienstete das Schriftstück dem Antragsteller zu übergeben versucht. Weil weder die Einlegung des Schreibens in den Briefkasten noch die Ersatzzustellung in der Gemeinschaftsunterkunft möglich gewesen ist, hat sie das Schreiben bei der Postagentur niedergelegt und eine schriftliche Mitteilung hierüber abgegeben. Der Antragsteller hingegen hat dargetan, er habe einen Postboten damals nicht gesehen und die Post sehe auch grundsätzlich von Zustellungsversuchen in Zimmern von Asylbewerbern in Gemeinschaftsunterkünften ab. Da eine Sachaufklärung durch Beweisaufnahme - etwa die Vernehmung der Postmitarbeiterin oder auch nur die Einholung einer entsprechenden dienstlichen Stellungnahme - im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit Blick auf den allgemeinen asylverfahrensrechtlichen Beschleunigungsgrundsatz nicht angezeigt ist, ist zugunsten des Antragstellers - vorbehaltlich anderer Erkenntnisse im Hauptsacheverfahren davon auszugehen, dass die Zustellung mit Blick auf die o.g. Rechtsprechung nicht (ordnungsgemäß) erfolgt ist.

Im Hinblick auf die Sachlage ist auch eine allgemeine Interessenabwägung zugunsten des Antragstellers vorzunehmen. Sein sich aus der Ablehnung seines Asylantrags als lediglich "einfach" unbegründet und den Unsicherheiten bezüglich der ordnungsgemäßen Zustellung des Bescheides ergebendes privates Interesse überwiegt das öffentliche Interesse an seiner sofortigen Ausreise aus der Bundesrepublik.