VG Saarland

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Zitieren als:
VG Saarland, Urteil vom 09.11.1999 - 11 K 14/95.A - asyl.net: R5225
https://www.asyl.net/rsdb/R5225
Leitsatz:

§ 51 Abs. 1 AuslG für palästinensischen Arafat-Anhänger wegen drohender Verfolgungsmaßnahmen durch seine politischen Gegner bei Rückkehr in den Libanon. (Leitsatz der Redaktion)

Schlagwörter: Libanon, Palästinenser, Staatsangehörigkeit ungeklärt, Al Fatah, Mitglieder, Leibwächter, Propagandatätigkeit, Verfolgung durch Dritte, Mittelbare Verfolgung, Syrer, Pro-syrische Palästinensergruppen, Volksfront, Al Kiada al ama, Al Saika, Glaubwürdigkeit, Vorverfolgung, Interne Fluchtalternative, Rachidieh
Normen: AuslG § 51 Abs. 1
Auszüge:

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG zu.

Zunächst bestehen weder Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Klägers noch an der Glaubhaftigkeit seines Vorbringens.

Der Kläger hat dargetan, daß er vor seiner Ausreise mehrfach zielgerichteten Angriffen auf seine Person ausgesetzt gewesen sei; so sei er am (...) auf einer Fahrt nach (...) , wo er sich für die Ideen Arafats engagieren wollte, beschossen und lebensgefährlich verletzt worden. Später, nach seiner aktiven Teilnahme an den erbitterten Kämpfen des Jahres (...) , die zwischen Arafat-Anhängern und Arafat-Gegnern ausgetragen wurden, seien Sprengstoffanschläge auf sein Auto und die Wohnung seiner Eltern verübt worden. Diese Vorfälle, die der Kläger in der mündlichen Verhandlung sachlich und ohne den Versuch, zu dramatisieren, geschildert hat, sprechen dafür, daß seine Behauptung, im Lager als treuer Gefolgsmann Arafats bekannt gewesen zu sein, zutrifft. Wenngleich er nicht behauptet, selbst eine herausragende Führungspersönlichkeit der Fatah gewesen zu sein, sondern vorträgt, - neben seiner Teilnahme an den kämpferischen Auseinandersetzungen - als Leibwächter derartiger Führungspersönlichkeiten sowie im Bereich der politischen Propaganda tätig gewesen zu sein, so ist doch sehr gut nachvollziehbar, daß er durch diese Aktivitäten das Mißfallen der politischen Gegner Arafats erregt hatte und diesen aufgrund seines - trotz der erlebten Anschläge - unermüdlichen Engagements im Lager sehr wohl bekannt war. Dies bedeutet, daß er in (...) jederzeit mit erneuten Anschlägen seitens der politischen Gegner Arafats rechnen mußte. Eine inländische Fluchtalternative war dem Kläger nicht eröffnet, da die Fatah in keinem anderen Lager mehr eine führende Rolle einnahm und ihm daher keine Sicherheit hätte bieten können. Nach alledem steht fest, daß der Kläger vorverfolgt aus seiner Heimat ausgereist ist.

Bei dieser Sachlage kann gemessen an der aktuellen Auskunftslage auch aus heutiger Sicht nicht mit der notwendigen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, daß der Kläger im Falle seiner Rückkehr erneut Verfolgungsmaßnahmen seiner politischen Gegner, einschließlich der arafat-feindlich gesonnenen Syrer, ausgesetzt wäre. Selbst im Lager (...), dem letzten Lager in welchem die Fatah noch über einen nennenswerten Einfluß verfügt (vgl. zur Gesamtsituation den Bericht der Dänischen Einwanderungsbehörde über deren Untersuchungsmission im Libanon vom 01.-18. Mai 1998), könnte der Kläger keine Sicherheit finden, da nach allem Gesagten davon ausgegangen werden muß, daß er gerade dort den nach wie vor präsenten - von den Syrern unterstützten - Gegnern Arafats bestens bekannt ist. Auch nach den Erkenntnissen des vorgenannten Untersuchungsberichts müssen arafat-treue Palästinenser nach wie vor mit einer Festnahme durch die Syrer rechnen.