VG Ansbach

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Zitieren als:
VG Ansbach, Urteil vom 17.07.2007 - AN 19 K 07.30267 - asyl.net: M11730
https://www.asyl.net/rsdb/M11730
Leitsatz:

Der Widerruf der Flüchtlingsanerkennung ist gem. § 73 Abs. 2 a AsylVfG nur im Ermessen möglich, wenn das Bundesamt vor dem 01.01.2005 den Widerruf geprüft und abgelehnt hat.

 

Schlagwörter: Irak, Widerruf, Flüchtlingsanerkennung, Ermessen, Zuwanderungsgesetz, Anwendungszeitpunkt, Beurteilungszeitpunkt, Altfälle, Drei-Jahres-Frist
Normen: AsylVfG § 73 Abs. 1; AufenthG § 60 Abs. 1; AsylVfG § 73 Abs. 2a
Auszüge:

Der Widerruf der Flüchtlingsanerkennung ist gem. § 73 Abs. 2 a AsylVfG nur im Ermessen möglich, wenn das Bundesamt vor dem 01.01.2005 den Widerruf geprüft und abgelehnt hat.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Die zulässige Klage ist begründet.

Aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 20.3.2007 - 1 C 21.06) ergibt sich, dass § 73 Abs. 2 a AsylVfG auf den nach dem 1. Januar 2005 ausgesprochenen Widerruf einer vor diesem Zeitpunkt unanfechtbar gewordenen Abschiebeschutzfeststellung mit der Maßgabe Anwendung findet, dass die darin vorgesehene neue Drei-Jahres-Frist, nach deren Ablauf das Bundesamt spätestens erstmals die Widerrufsvoraussetzung prüfen muss, erst vom 1. Januar 2005 an zu laufen beginnt. Eine Ermessensentscheidung über den Widerruf nach § 73 Abs. 2 a Satz 3 AsylVfG kommt bei derartigen Altfeststellungen erst in Betracht, wenn das Bundesamt in einem vorausgegangenem Verfahren die Widerrufsvoraussetzungen sachlich geprüft und verneint hat (Negativentscheidung).

So ist es im vorliegenden Fall. Das Bundesamt hat am 3. August 2000 ein Widerrufsverfahren eingeleitet, da sich der Kläger im Irak aufgehalten hat. Dieses Widerrufsverfahren wurde - nach sachlicher Prüfung - wegen der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. September 2000 (9 C 12.00) formlos eingestellt. Diese Negativentscheidung wurde der Ausländerbehörde der Stadt ... und dem früheren Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 15. Januar 2002 mitgeteilt. Damit sind die Voraussetzungen für eine Ermessensentscheidung nach § 73 Abs. 2 a Satz 3 AsylVfG gegeben. Zu dieser Ermessensentscheidung wäre das Bundesamt jedoch verpflichtet gewesen, wenn es die Feststellung zu § 51 Abs. 1 AuslG hat widerrufen wollen (vgl. Beschluss des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs vom 17.4.2007 - 23 ZB 07.30075).

Das Bundesamt hat keine Ermessensentscheidung getroffen, sondern ausschließlich eine Rechtsentscheidung, da es offensichtlich der Meinung ist, dass für so genannte Altfälle § 73 Abs. 2 a AsylVfG erst ab der neuen Drei-Jahres-Frist, also ab 1. Januar 2008, anwendbar ist. Diese Rechtsmeinung vertritt jedoch das Bundesverwaltungsgericht (a.a.O.) nicht, so dass Widerrufsentscheidungen, die ohne Ermessensausübung erfolgt sind, wenn auf Grund eines bereits früher durchgeführten Widerrufsverfahrens eine Widerrufsentscheidung nicht ergangen ist, rechtswidrig sind.