VG Frankfurt a.M.

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Zitieren als:
VG Frankfurt a.M., Beschluss vom 06.02.2008 - 13 L 13/08.F(2) - asyl.net: M12561
https://www.asyl.net/rsdb/M12561
Leitsatz:

Mehrere Geldstrafen unter, die für sich genommen nicht den Ausschlussgrund nach der Bleiberechtsregelung erfüllen, schließen die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auch dann nicht aus, wenn sie zusammengezählt zum Ausschluss führen würden.

 

Schlagwörter: D (A), Bleiberechtsregelung 2006, IMK-Beschluss, Straftaten, Geldstrafe, Altfallregelung, Altfälle
Normen: AufenthG § 23 Abs. 1; AufenthG § 104a Abs. 1
Auszüge:

Mehrere Geldstrafen unter, die für sich genommen nicht den Ausschlussgrund nach der Bleiberechtsregelung erfüllen, schließen die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auch dann nicht aus, wenn sie zusammengezählt zum Ausschluss führen würden.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Gemäß § 123 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts der Antragsteller vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Diese Voraussetzungen liegen vor.

Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand ist es überwiegend wahrscheinlich, dass den Antragstellern ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Bleiberechtsanordnung des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport vom 28.11.2006 zusteht.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin liegen Ausschlussgründe nach Ziff 4.4 der Bleiberechtsanordnung nicht vor. Danach sind Personen von einem Bleiberecht ausgeschlossen, die wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt wurden. Zwar wurde der Antragsteller zu 1.) wegen unerlaubten Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland vom Amtsgericht Forchheim am 19.02.1996 zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 10,00 DM verurteilt, vom Amtsgericht Frankfurt am 14.06.1999 zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 20,00 DM und am 06.07.2001 zu einer Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu je 20,00 DM. Da aber Geldstrafen bis zu 90 Tagessätzen wegen Straftaten, die nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylverfahrensgesetz nur von Ausländern begangen werden können, nicht zum Ausschluss führen (Ziff 4.4 Satz 2 der Bleiberechtsanordnung) stehen die gegen den Antragsteller zu 1.) verhängten Geldstrafen, die allesamt unter 90 Tagessätzen liegen, dem Anspruch nicht entgegen. Die Ausschlussregelung ist auch nicht in dem Sinne zu verstehen, dass die 3 Geldstrafen zusammengerechnet bei über 90 Tagessätzen, nämlich 120 Tagessätzen, liegen. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut von Ziff 4.4 Satz 2 der Bleiberechtsanordnung, wonach der Zusatz "kumulativ" - wie in Satz 1 Halbsatz 2 der Ausschlussregelung - fehlt. Das bedeutet, dass die gegen den Antragsteller verhängten Geldstrafen wegen des unerlaubten Aufenthalts im Bundesgebiet nicht zum Ausschluss führen können. Ohne rechtliche Relevanz bleibt auch die Verurteilung vom 09.05.2003 durch das Amtsgericht Frankfurt wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 10,00 €, weil Geldstrafen von bis zu 50 Tagessätzen (kumulativ) grundsätzlich außer Betracht bleiben.

Die Bleiberechtsanordnung vom 28.11.2006 ist auch nicht mit dem Einfügen von § 104 a AufenthG durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007 (BGBl I Seite 1970) obsolet geworden. Denn die Altfallregelung knüpft an an einen geduldeten, gestatteten oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen versehenen Aufenthalt, während die Bleiberechtsregelung lediglich den tatsächlichen Aufenthalt im Bundesgebiet voraussetzt.