VG Frankfurt a.M.

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Zitieren als:
VG Frankfurt a.M., Urteil vom 23.01.2008 - 1 E 3668/07 (2) - asyl.net: M12846
https://www.asyl.net/rsdb/M12846
Leitsatz:

Von iranischen Staatsangehörigen kann nicht die Abgabe einer wahrheitswidrigen Freiwilligkeitserklärung verlangt werden; § 10 Abs. 3 AufenthG ist nicht auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Altfallregelung anwendbar.

 

Schlagwörter: D (A), Altfallregelung, Aufenthaltserlaubnis, abgelehnte Asylbewerber, offensichtlich unbegründet, Anwendbarkeit, Verzögerung der Aufenthaltsbeendigung, Behinderung der Aufenthaltsbeendigung, Passbeschaffung, Passersatzbeschaffung, Mitwirkungspflichten, Iran, Iraner, Freiwilligkeitserklärung, Kausalzusammenhang, allgemeines Persönlichkeitsrecht, Menschenwürde, Bestimmtheitsgebot
Normen: AufenthG § 104a Abs. 1 S. 1 Nr. 4; AsylVfG § 30 Abs. 3; AufenthG § 10 Abs. 3 S. 2; AufenthG § 48 Abs. 3; AsylVfG § 15 Abs. 2 Nr. 6; GG Art. 2 Abs. 1; AufenthG § 49 Abs. 2
Auszüge:

Von iranischen Staatsangehörigen kann nicht die Abgabe einer wahrheitswidrigen Freiwilligkeitserklärung verlangt werden; § 10 Abs. 3 AufenthG ist nicht auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Altfallregelung anwendbar.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Die Klage ist zulässig und begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung des dem Beklagten eingeräumten Ermessens (§ 40 VwVfG). Dieses Ermessen ist gesetzlich dadurch beschränkt, dass die Ausländerbehörde bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 104 a AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilen soll. Besondere Umstände, die es rechtfertigen könnten, hiervon ausnahmsweise abzusehen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Das Ermessen ist deshalb auf Null reduziert und führt zu der Verpflichtung des Beklagten die begehrte Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.

Dem steht nicht der Umstand entgegen, dass der Asylantrag der Klägerin nach § 30 Abs. 3 AsylVfG als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden ist. Zwar ist in § 10 Abs. 3 S. 2 AufenthG geregelt, dass vor der Ausreise ein Aufenthaltstitel nicht erteilt werden darf, wenn der Asylantrag nach § 30 Absatz 3 AsylVfG abgelehnt worden ist, es sei denn, es besteht ein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels. Diese Regelung schließt die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 104 a AufenthG jedoch nicht aus. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob § 104 a AufenthG einen Anspruch (’Regelanspruch’) auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vermittelt (so Discher in: GK-AufenthG § 10 Rn 61; ebenso für den insoweit gleichlautenden § 25 Abs. 3 AufenthG: HessVGH, Urt. v. 01.09.2006 - 9 UE 1650[/06, ASYLMAGAZIN 10/2006, S. 31]; VG Frankfurt, Urt. v. 31.10.2006 - 1 E 1230/06 [ASYLMAGAZIN 1–2/2007, S. 52]; Dienelt ZAR 2005, 120) oder ob es sich vielmehr nur um eine Ermächtigungsgrundlage zur Erteilung eines Aufenthaltstitels im Rahmen gebundenen Ermessens (’soll ... erteilt werden’) handelt. Legt man die letztgenannte Annahme zugrunde, muss man zu dem Ergebnis kommen, dass die gesamte Regelung des § 10 Abs. 3 AufenthG nur auf Aufenthaltstitel nach dem zweiten Kapitel des Aufenthaltsgesetzes anwendbar ist und damit nicht auf § 104 a, der im zehnten Kapitel enthalten ist. Das ergibt sich aus folgenden Überlegungen:

Betrachtet man die Regelung des § 10 Abs. 3 isoliert, so käme eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104 a – unterstellt die Norm vermittle keinen Rechtsanspruch – somit nicht nur für solche Asylbewerber nicht in Betracht, deren Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden ist, sondern auch für diejenigen, deren Asylantrag ’einfach’ abgelehnt worden ist. Denn § 104 a befindet sich nicht im 5. Abschnitt des 2. Kapitels, sondern im 10. Kapitel des Aufenthaltsgesetzes. Dieses Ergebnis kann jedoch nicht richtig sein. Es hätte zur Folge, dass der gesetzliche Zweck des § 104 a nicht erfüllt werden könnte und diese Norm faktisch leer liefe. Denn § 104 a wäre auf die weit überwiegende Mehrzahl der Ausländer, die nach dem Willen des Gesetzgebers von dieser Vorschrift erfasst werden sollen, nicht anwendbar.

Ausweislich der amtlichen Gesetzesbegründung im Regierungsentwurf (BT-Drs 16/5065 S. 384) soll die Altfallregelung des § 104 a AufenthG dem Bedürfnis der seit Jahren im Bundesgebiet geduldeten und hier integrierten Ausländer nach einer dauerhaften Perspektive in Deutschland Rechnung getragen werden. Welche Ausländer damit vor allem gemeint sind, ergibt sich aus folgendem Satz der Begründung: ’Am 31. Dezember 2006 hielten sich 174 980 geduldete ausreisepflichtige Ausländer im Bundesgebiet auf, wobei es sich zum großen Teil um abgelehnte Asylbewerber handelt, die nicht abgeschoben werden konnten.’ Der Gesetzgeber hat die Altfallregelung des § 104 a AufenthG also gerade deshalb geschaffen, um abgelehnten Asylbewerbern, die nicht abgeschoben werden können, einen legalen Aufenthalt und damit eine dauerhafte Perspektive in Deutschland zu verschaffen. Dieses Ziel wäre konterkariert, wenn man die Ausschlussregelung des § 10 Abs. 3 AufenthG auch auf § 104 a AufenthG anwenden würde. Die Vorschrift muss deshalb so verstanden werden, dass damit zwar alle anderen Aufenthaltstitel des zweiten Kapitels des Aufenthaltsgesetzes (außer Anspruchstitel) ausgeschlossen sein sollen, nicht jedoch ein Aufenthaltstitel nach § 104 a, der im zehnten Kapitel geregelt ist. Obwohl insbesondere die nachträgliche Einfügung des zweiten Halbsatzes des § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG dafür spricht, dass der Gesetzgeber bewusst zwischen Anspruchsnormen und ’Soll-Normen’ unterscheidet und in § 104 a gerade keine Anspruchsnorm sieht, hat er es offensichtlich versäumt, im Kontext des § 10 Abs. 3 ausdrücklich klarzustellen, dass diese Norm auf § 104 a keine Anwendung findet (a. A. OVG Hamburg, B. v. 23.10.2007 - 3 Bs 246/07 -, juris [8 S., M12277]).

Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104 a AufenthG steht auch nicht der Ausschlussgrund des Absatzes 1 Nr. 4 entgegen, wonach eine Aufenthaltserlaubnis nur in Betracht kommt, wenn der Ausländer behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht vorsätzlich hinausgezögert oder behindert hat. Eine solche Hinauszögerung oder Behinderung liegt vor, wenn der Ausländer seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen ist und dies ursächlich dafür war, dass sein Aufenthalt in der Bundesrepublik nicht beendet werden konnte.

Nach § 48 Abs. 3 AufenthG und § 15 Abs. 2 Nr. 6 AsylVfG ist der Ausländer verpflichtet, an der Beschaffung von Identitätspapieren mitzuwirken, wenn er keinen gültigen Pass oder Passersatz besitzt. Nach § 49 Abs. 1 AufenthG umfasst die Pflicht zur Mitwirkung bei der Beschaffung von Heimreisedokumenten auch die Pflicht, die von der zuständigen Auslandsvertretung geforderten Erklärungen abzugeben. Dies gilt jedoch nur für Erklärungen, die im Einklang mit dem deutschen Recht stehen.

Die Klägerin hat ihre Mitwirkungspflicht dadurch verletzt, dass sie sich geweigert hat, überhaupt bei der iranischen Auslandsvertretung vorzusprechen und für sich und ihre Kinder einen Antrag auf Ausstellung eines Heimreisedokuments zu stellen, bzw. die Pässe verlängern zu lassen. Dieses Verhalten stellt aber keine Hinauszögerung oder Verhinderung behördlicher Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung dar, weil es insoweit nicht ursächlich war. Denn selbst wenn sie vorstellig geworden wäre und einen entsprechenden Antrag gestellt und die üblichen Unterlagen vorgelegt hätte, wäre ihr kein Heimreisedokument ausgestellt worden. Das wäre vielmehr nur dann der Fall gewesen, wenn sie eine Erklärung abgegeben hätte, wonach sie freiwillig in den Iran zurückkehre. Diese Erklärung kann aber nicht von ihr verlangt werden.

Dass die iranischen Auslandsvertretungen im Zusammenhang mit der Ausstellung oder Verlängerung von Reisepässen oder Heimreisedokumenten eine Erklärung des Betroffenen verlangen, in der er bekundet, freiwillig in den Iran zurückkehren zu wollen, steht zur Überzeugung des Gerichts fest.

Es ist unstreitig, dass die Klägerin nicht in den Iran zurückkehren will. Unter diesen Umständen würde sie, wenn sie die Freiwilligkeitserklärung abgäbe, die Unwahrheit sagen. Sie würde lügen. Das wäre nicht nur dann der Fall, wenn sie die Erklärung unter dem Druck konkret drohender Strafverfolgung abgeben würde oder deshalb, weil ihr die Erwerbstätigkeit untersagt und Sozialleistungen verweigert würden. Selbst wenn sie sie einfach nur deshalb abgeben würde, weil sie glaubt, aufgrund ihrer Pflicht zur Ausreise nach § 50 Abs. 1 AufenthG dazu genötigt zu sein, wäre die Erklärung unwahr. Denn die Freiwilligkeit, auf die es nach dem für die Klägerin erkennbaren Empfängerhorizont der Auslandsvertretung ankommt, beruht auf eigenen Lebensplänen und nicht auf aufgegebenen Rechtspflichten. Die Auslandsvertretung würde eine Erklärung dahin, dass die Klägerin eigentlich gern in Deutschland bleiben möchte, aber aufgrund der Rechtslage verpflichtet sei, das Land zu verlassen, gerade nicht als ausreichend ansehen, um ein Heimreisedokument auszustellen, weil sich daraus gerade nicht die Freiwilligkeit ergibt, auf die es der Auslandsvertretung ankommt.

Die staatliche Forderung, eine lügenhafte Erklärung abzugeben, oder die Anwendung staatlicher Druckmittel, um einen Ausländer zu einer lügenhaften Erklärung zu bewegen sowie die Benachteiligung beim Zugang zu Aufenthaltstiteln für diejenigen, die sich weigern, eine lügenhafte Erklärung abzugeben, stellt einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar (Art. 2 Abs. 1 GG). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst Aspekte der Entfaltung der Persönlichkeit, die über die bloße Freiheit zu tun und zu lassen was man will (allgemeine Handlungsfreiheit) hinausgehen. Es schützt insbesondere vor Beeinträchtigungen der Entfaltung, die sich aus der Art und Weise ergeben, wie eine Person von anderen Personen und in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Denn die Freiheit der Person zur Gestaltung ihres Lebens unterliegt in erheblichem Umfang den Grenzen, die ihr dadurch gesetzt werden, dass sie von anderen in bestimmter Weise wahrgenommen wird. Von dem Bild, das sich die anderen von einer Person machen, hängt es nämlich ab, welche Spielräume der Selbstentfaltung dieser Person von den anderen zugebilligt werden. Das Persönlichkeitsrecht schützt nicht vor jeder gesellschaftlichen Rollenzuschreibung, die der betreffenden Person unangenehm ist, sondern nur vor solchen, die nicht den Tatsachen entsprechen und so zu einem falschen Bild der Persönlichkeit führen. So muss niemand die Unterstellung von Äußerungen hinnehmen, die er tatsächlich nicht gemacht hat (BVerfG, B. v. 14.02.19731 BvR 112/65 -, BVerfGE 34, 269; B. v. 03.06.1980 - 1 BvR 185/77 - BVerfGE 54, 148; B. v. 26.06.1990 - 1 BvR 776/84 -, BVerfGE 82, 236). Man muss es nicht einmal hinnehmen, wenn eine Äußerung, die man tatsächlich gemacht hat, in einen das richtige Verständnis verzerrenden falschen Kontext gestellt wird (Leserbrief statt Gegendarstellung: BGH, Urt. v. 25.05.1954 - I ZR 211/53 -, BGHZ 13, 334; Urt. v. 22.12.1959 - VI ZR 175/58 - BGHZ 31, 308). Wenn man es schon nicht hinnehmen muss, dass einem von anderen Leuten Worte in den Mund gelegt werden, die man nicht oder nicht so geäußert hat, weil dies das Bild von der eigenen Persönlichkeit verfälscht, dann muss man erst recht nicht hinnehmen, sich selbst Worte in den Mund legen zu müssen, die man sich nicht zurechnen lassen will, weil sie nicht den Tatsachen entsprechen und eine Lüge darstellen. Auch dies verfälscht das Bild der eigenen Persönlichkeit.

Ein besonders schwerwiegender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht stellt die Verletzung der persönlichen Ehre dar. So kann der gesellschaftliche Entfaltungsspielraum einer Person, die öffentlich als Lügner gilt, dadurch besonders nachhaltig eingeschränkt sein, dass viele Menschen nichts mehr mit ihr zu tun haben wollen und den persönlichen oder geschäftlichen Kontakt mit ihr meiden. Ihr sozialer Geltungsanspruch ist dadurch in besonders schwerwiegender Weise beschädigt. Deshalb schützt das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch und insbesondere die (äußere) Ehre der Person (BVerfG, B. v. 10.11.1998 - 1 BvR 1531/96 -, BVerfGE 99, 185).

Die Ehre der Person kann nicht nur dadurch verletzt werden, dass man über sie der Wahrheit zuwider etwas Unehrenhaftes behauptet, sondern auch dadurch, dass man sie nötigt, etwas Unehrenhaftes zu tun, so dass sie es nicht mehr in der Hand hat, sich gegen die entsprechende gesellschaftliche Zuschreibung zu wehren. Das ist der Fall, wenn jemand genötigt wird, wissentlich und zum Zwecke der Täuschung eine unwahre Erklärung abzugeben und sich damit selbst als Lügner darzustellen.

Dass der staatliche Zwang zur Abgabe einer unwahren Erklärung einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellt, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt.

Allerdings ist in der veröffentlichten Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte und der Sozialgerichte, die indessen häufig nur auf höchst vorläufigen Prüfungen im Zusammenhang mit Berufungszulassungs- oder PKH-Beschlüssen beruht, die Auffassung vorherrschend, dass die Pflicht zur Abgabe einer unwahren Freiwilligkeitserklärung von dem mitwirkungspflichtigen Ausländer verlangt werden dürfe (OVG Niedersachsen Urt. v. 11.12.2002 - 4 LB 471/02 -, NVwZ 2003, Beil. Nr. I 7, 54; juris TZ 29; VG Augsburg, B. v. 27.08.2007 - Au 6 K 07.803 -, juris TZ 55ff.; BayVGH, B. v. 03.08.2007 - 19 ZB 07.1163 -, juris TZ 5ff.; HessVGH, B. v. 28.01.2005 - 9 ZU 1412/04 - [ASYLMAGAZIN 3/2005, S. 34]; LSG NRW, B. v. 19.11.2007 - L 20 B 78/07 AY -, juris TZ 6f. [2 S., M12154]). Dieser Rechtsprechung mangelt es jedoch an Überzeugungskraft. Der Versuch einer inhaltlichen Begründung findet sich nur in zwei Entscheidungen, nämlich in jener des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs und in der des Verwaltungsgerichts Augsburg.

Für beide Gerichte scheitert eine etwaige Grundrechtsbetroffenheit bereits aus tatbestandlichen Gründen. Es wird verkannt, dass es nicht um die Frage geht, ob innere Vorbehalte oder ein innerer Widerwille des Ausländers zu berücksichtigen sind oder nicht, sondern vielmehr darum, ob von ihm verlangt werden kann, eine Erklärung abzugeben, die objektiv unwahr ist. Es geht nicht um innere Vorbehalte, sondern um Handlungen im Rechtsverkehr.

Insbesondere das VG Augsburg argumentiert aber auch rechtlich. Dabei lässt es sich von folgender Überlegung leiten: Komme der Ausländer seiner Ausreisepflicht nicht freiwillig nach, begehe er einen Rechtsverstoß. Indem also die deutsche Rechtsordnung einem abgelehnten Asylbewerber zumute, freiwillig in seine Heimat zurückzukehren, mute sie ihm indirekt auch zu, alles dafür Erforderliche selbst zu tun und mitzuwirken. Was jedoch der Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht diene, könne nicht im Widerspruch zu deutschem Recht stehen (VG Augsburg, B. v. 27.08.2007 - Au 6 K 07.803 -, juris TZ 55). Es bedarf keiner weiteren Ausführungen darüber, dass diese Auffassung (’Der Zweck heiligt die Mittel’) offensichtlich abwegig ist. Mit ihr könnte man auch einen Raubüberfall rechtfertigen, der der Erfüllung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht dient.

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht unterliegt dem Schrankenvorbehalt des Art. 2 Abs. 1 GG. Es kann also gesetzlich beschränkt werden. Es kann (…) dahingestellt bleiben, ob die Beeinträchtigung des sozialen Geltungsanspruchs einer Person eine Verletzung der Menschenwürde darstellt (vgl. ablehnend Tiedemann, Menschenwürde als Rechtsbegriff 2007, S. 440). Ebenso offen bleiben kann die Frage, ob ein Gesetz, das das Persönlichkeitsrecht dadurch einschränkt, dass es den Ausländer verpflichtet, lügenhafte Erklärungen abzugeben, mit der Wesensgehaltsgarantie (Art. 19 Abs. 2 GG) oder mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar wäre. Auf diese Fragen könnte es nämlich nur dann ankommen, wenn es ein entsprechendes Gesetz gäbe. Daran fehlt es jedoch.

Die gesetzlichen Vorschriften über die Mitwirkung des Ausländers bei der Beschaffung von Pässen und Heimreisedokumenten (§§ 48 Abs. 3, 49 Abs. 2 AufenthG; § 15 Abs. 2 Nr. 6 AsylVfG) enthalten keine Verpflichtung zur Abgabe unwahrer Erklärungen. Aus der allgemeinen Pflicht zur Mitwirkung kann die spezielle Pflicht zur Abgabe unwahrer Erklärungen schon deshalb nicht abgeleitet werden, weil die Mitwirkungsvorschriften, wollte man ihnen einen entsprechenden Inhalt entnehmen, im Hinblick hierauf nicht hinreichend bestimmt und damit aus rechtsstaatlichen Gründen verfassungswidrig wären. Eine verfassungskonforme Auslegung dieser Vorschriften erlaubt es deshalb nicht, die Pflicht zur Abgabe unwahrer Erklärungen in diese Regelungen hineinzulesen. Im Übrigen müsste für Vorschriften, die einen derart schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht zulassen, jedenfalls das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG beachtet werden, woran es ebenfalls fehlt.

Zweifellos ist dieses Ergebnis nicht befriedigend. Es hat zur Folge, dass die weitere Anwesenheit iranischer Staatsbürger im Bundesgebiet hingenommen werden muss, die über kein Bleiberecht verfügen und ausreisepflichtig sind. Dies beeinträchtigt die staatliche Souveränität der Bundesrepublik Deutschland. Dieser Missstand ist jedoch allein dem Umstand geschuldet, dass sich der Iran nicht an seine völkerrechtlichen Verpflichtungen hält. Diesen zufolge ist er nämlich verpflichtet, seine Staatsbürger zurückzunehmen und darf dies nicht von einer Freiwilligkeitserklärung abhängig machen (vgl. ebenso m. w. N. VG Frankfurt, Urt. v. 08.06.2005 - 2 E 339/05 -, EZAR NF 79 Nr. 1). Die Beseitigung dieser Verletzung des Völkerrechts ist aber nicht Sache der iranischen Staatsbürger, sondern Sache des iranischen Staates. Die Bundesrepublik ist gehalten, auf diplomatischem Wege oder ggf. durch eine Klage vor dem Internationalen Gerichtshof gegen diese Völkerrechtsverletzung vorzugehen, nicht aber dadurch, dass sie die iranischen Staatsbürger dazu nötigt, zu lügen.