VG Chemnitz

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Zitieren als:
VG Chemnitz, Beschluss vom 11.06.2008 - 5 L 182/08 - asyl.net: M13383
https://www.asyl.net/rsdb/M13383
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Abschiebung, Abschiebungshindernis, inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse, Zuständigkeit, sachliche Zuständigkeit, örtliche Zuständigkeit, Ausländerbehörde, Zentrale Ausländerbehörde, Regierungspräsidium Chemnitz, abgelehnte Asylbewerber, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren), einstweilige Anordnung, Rechtsweggarantie
Normen: VwGO § 123 Abs. 1; AufenthG § 60a Abs. 2; AAZuVO § 2; AAZuVO § 3; AAZuVO § 5 Abs. 3 Nr. 1
Auszüge:

Das Regierungspräsidium Chemnitz als Zentrale Ausländerbehörde ist zuständig für die Durchführung der Abschiebung abgelehnte Asylbewerber, nicht aber für die Entscheidung über die Abschiebung selbst bzw. die Erteilung einer Duldung. In der Regel richtet sich der Eilrechtsschutz gegen die Abschiebung gegen die örtlich zuständige Ausländerbehörde, es sei denn, der Antrag richtet sich gegen eine konkrete Abschiebung und Rechtsschutz kann nicht mehr rechtzeitig durch einen Antrag gegen die lokale Ausländerbehörde erlangt werden.

(Leitsätze der Redaktion)

 

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist unbegründet, da der Antragstellerin für das von ihr ins Auge gefasste Rechtsschutzziel ein Anordnungsanspruch gegen den Antragsgegner nicht zusteht.

Die Antragstellerin hat gegenüber dem in Anspruch genommenen Antragsgegner keinen Anspruch auf Unterlassung der Abschiebung. Der Freistaat Sachsen, vertreten durch das Regierungspräsidium Chemnitz als Zentrale Ausländerbehörde, ist für eine Entscheidung über die Abschiebung der Antragstellerin nicht zuständig.

Die Antragstellerin ist nach ihrem Vortrag bestandskräftig abgelehnte Asylbewerberin. Gemäß § 2 der Verordnung der Sächsischen Staatsregierung und des Sächsischen Staatsministeriums des Innern über Zuständigkeiten nach dem Ausländergesetz und dem Asylverfahrensgesetz (AAZuVO) vom 07.08.2001 (SächsGVBl. S. 470 f.) obliegen die Entscheidungen über die Durchführung bzw. Aussetzung der Abschiebung von Ausländern den nach § 3 AAZuVO jeweils örtlich zuständigen unteren Ausländerbehörden. Nach § 5 Abs. 3 Nr. 1 AAZuVO ist das Regierungspräsidium Chemnitz als Zentrale Ausländerbehörde zuständig für Maßnahmen zur Beendigung des Aufenthalts abgelehnter Asylbewerber. Abgelehnte Asylbewerber im Sinne dieser Bestimmung sind auch solche Ausländer, deren Aufenthalt nach Ablehnung des Asylantrags vorübergehend geduldet oder denen eine Aufenthaltsbefugnis erteilt wurde. Die in § 5 Abs. 3 Nr. 1 AAZuVO getroffene Regelung weist dem Regierungspräsidium Chemnitz als Zentrale Ausländerbehörde allerdings lediglich die Zuständigkeit hinsichtlich der Abschiebung an sich, also die Frage des "Wie", zu, während die Zuständigkeit hinsichtlich der Frage, ob abgeschoben wird oder ob eine Duldung erteilt wird, gemäß § 3 AAZuVO bei den unteren Ausländerbehörden belassen wird. Deshalb hat sich ein Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes, insbesondere ein Eilantrag nach § 123 Abs. 1 VwGO, unter Berufung auf asylverfahrensunabhängige Abschiebungsverbote gegen die untere Ausländerbehörde, die für die Frage, ob Duldungsgründe vorliegen und ob abgeschoben wird zuständig ist, zu richten. Nur in Ausnahmefällen, wenn sich das vorläufige Rechtsschutzbegehren auf eine hinreichend konkrete und damit auch in zeitlicher Hinsicht bestimmbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bezieht (vgl. SächsOVG, Beschluss vom 20.10.2004, 3 BS 285/04) und einstweiliger Rechtsschutz nicht mehr rechtzeitig auf einen Antrag gegen die untere Ausländerbehörde hin gewährt werden könnte, wird aus Gründen der Effektivität des Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) ein unmittelbar gegen den Rechtsträger des Regierungspräsidiums Chemnitz als Zentrale Ausländerbehörde gerichteter Eilantrag auf Schutz vor Abschiebung als zulässig angesehen werden können.

Das auf Unterlassung einer Abschiebung gegen die Zentrale Ausländerbehörde gerichtete vorläufige Rechtsschutzbegehren bezieht sich schon nicht auf eine hinreichend konkrete und damit auch in zeitlicher Hinsicht bestimmbare aufenthaltsbeendende Maßnahme. Nach Auskunft des Antragsgegners ist noch kein konkreter Rückführungstermin festgelegt. In dieser Konstellation kann ein auf Schutz vor Abschiebung gerichteter Eilantrag nicht unmittelbar gegen den Rechtsträger des Regierungspräsidiums Chemnitz als Zentrale Ausländerbehörde gerichtet werden.