OLG Celle

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Zitieren als:
OLG Celle, Beschluss vom 10.07.2007 - 32 Ss 95/07 - asyl.net: M14018
https://www.asyl.net/rsdb/M14018
Leitsatz:

Der Wert von Lebensmittelgutscheinen ist bei der Festlegung der Tagessatzhöhe nach § 40 Abs. 2 StGB nicht zu berücksichtigen.

Schlagwörter: D (A), Strafrecht, Geldstrafe, Tagessatzhöhe, Asylbewerberleistungsgesetz, Sachleistungen, Gutscheine
Normen: StGB § 40 Abs. 2
Auszüge:

Der Wert von Lebensmittelgutscheinen ist bei der Festlegung der Tagessatzhöhe nach § 40 Abs. 2 StGB nicht zu berücksichtigen.

(Leitsatz der Redaktion)

Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache nur teilweise Erfolg.

2. Zum Rechtsfolgenausspruch deckt die Revision allerdings einen Rechtsfehler auf und führt zur aus dem Tenor ersichtlichen Änderung des angefochtenen Urteils.

Denn das Landgericht hat bei der Bemessung der Höhe des einzelnen Tagessatzes offensichtlich auch die dem Angeklagten gewährten Sachleistungen in Form von Lebensmittelgutscheinen im Wert von 161,07 Euro berücksichtigt, was hier unzulässig ist.

Allerdings gehören zu dem Einkommen i.S.v. § 40 Abs. 2 StGB grundsätzlich auch Sachbezüge (Tröndle/Fischer, StGB, 54. Aufl., Rn. 7 u. 11 zu § 40 m.w.N.). Das gilt jedoch nicht uneingeschränkt. So entspricht es der herrschenden Meinung, dass sich bei einkommensschwachen Personen die Notwendigkeit ergeben kann, die Höhe des sich bei strikter Anwendung des Nettoprinzips unter Einrechnung etwaiger Sachbezüge ergebenden Tagessatzes zu korrigieren (Tröndle/Fischer, a.a.O., Rn. 11 m.w.N.), weil diese durch die Auswirkungen einer am Nettoprinzip ausgerichteten Berechnung härter betroffen sind als Normal- oder Besserverdiener. Im Einzelfall kann das Prinzip der "Opfergleichheit" erfordern, dass die Sachbezüge bei der Berechnung gänzlich außer Betracht bleiben müssen (OLG Dresden, Urt. v. 07.08.2000, 1 Ss 323/00, juris; LG Karlsruhe Beschlüsse vom 23.2.2006, 2 Qs 17/06, juris, und vom 18.7.2006, Qs 96/06, juris = StraFo 2006, 422; vgl. a. Tröndle/Fischer, a.a.O., Rn. 11 a.E.). So liegt die Sache hier.

Nach den Feststellungen des Landgerichts verfügt der Angeklagte ausschließlich über Sachbezüge in Form von Lebensmittelgutscheinen. Abgesehen davon, dass bei einem monatlichen Betrag von 161,07 Euro für Lebensmittel ohnehin nennenswerte Einsparmöglichkeiten nicht bestehen, kann vor allem nicht unberücksichtigt bleiben, dass diese Gutscheine für den Angeklagten nicht kapitalisierbar sind, weil sie nicht gegen Bargeld eingelöst werden können. Deshalb müssen sie bei der Bestimmung der Tagessatzhöhe außer Betracht bleiben (ebenso OLG Dresden und LG Karlsruhe a.a.O.). Da mithin berücksichtigungsfähige Einkünfte nicht gegeben sind, kommt nur die Festsetzung der gesetzlichen Mindesttagessatzhöhe von einem Euro in Betracht (vgl. LG Baden-Baden StV 1996, 268; Tröndle/Fischer a.a.O.). Die Verhängung der Geldstrafe wird entgegen der Auffassung der Revision nicht schlechthin unzulässig. Abgesehen davon, dass eine solche Auffassung mit dem Wortlaut des § 40 Abs.2 StGB kaum mehr zu vereinbaren ist, kann etwaigen Härten ausreichend im Vollstreckungsverfahren begegnet werden. Ein Ausweichen auf eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe verbietet sich schon nach Schuld- und Verhältnismäßigkeitsprinzip und ließe sich auch mit § 47 Abs. 1 StGB nicht in Einklang bringen.