OVG Nordrhein-Westfalen

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Zitieren als:
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.02.2009 - 18 A 2620/08 - asyl.net: M15153
https://www.asyl.net/rsdb/M15153
Leitsatz:

1. Ein Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis kann auch nach seiner Ablehnung bis zur rechtskräftigen Entscheidung im gerichtlichen Verfahren zurückgenommen werden.

2. Die aus § 81 Abs. 4 AufenthG folgende Fortbestandsfiktion wird grundsätzlich nur durch das erste auf Verlängerung oder Erteilung eines Aufenthaltstitels gerichtete Antragsverfahren ausgelöst.

3. Die im Klageverfahren erfolgte Rücknahme eines Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis lässt eine mit deren Ablehnung verbundene Abschiebungsandrohung unberührt, wenn der Ausländer schon aus anderen Gründen ausreisepflichtig ist.

4. Eine Abschiebungsandrohung setzt nicht die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht voraus. (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschluss vom 30.8.2005 - 18 B 633/05 -)

5. Die mit einer Abschiebungsandrohung verbundene Ausreisefrist kann selbständiger Gegenstand einer Anfechtungsklage sein. (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschluss vom 19.9.1996 - 18 B 3505/95 -)

 

Schlagwörter: D (A), Berufungszulassungsantrag, ernstliche Zweifel, Aufenthaltserlaubnis, Verlängerungsantrag, Fortgeltungsfiktion, Rücknahme, erneute Antragstellung, Abschiebungsandrohung, Ausreisepflicht, Vollziehbarkeit, Anfechtungsklage, isolierte Anfechtungsklage
Normen: VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1; AufenthG § 59 Abs. 1; AufenthG § 50 Abs. 1; AufenthG § 58 Abs. 1; AufenthG § 81 Abs. 4; AufenthG § 58 Abs. 2; AufenthG § 84 Abs. 1 Nr. 1
Auszüge:

1. Ein Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis kann auch nach seiner Ablehnung bis zur rechtskräftigen Entscheidung im gerichtlichen Verfahren zurückgenommen werden.

2. Die aus § 81 Abs. 4 AufenthG folgende Fortbestandsfiktion wird grundsätzlich nur durch das erste auf Verlängerung oder Erteilung eines Aufenthaltstitels gerichtete Antragsverfahren ausgelöst.

3. Die im Klageverfahren erfolgte Rücknahme eines Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis lässt eine mit deren Ablehnung verbundene Abschiebungsandrohung unberührt, wenn der Ausländer schon aus anderen Gründen ausreisepflichtig ist.

4. Eine Abschiebungsandrohung setzt nicht die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht voraus. (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschluss vom 30.8.2005 - 18 B 633/05 -)

5. Die mit einer Abschiebungsandrohung verbundene Ausreisefrist kann selbständiger Gegenstand einer Anfechtungsklage sein. (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschluss vom 19.9.1996 - 18 B 3505/95 -)

(Amtliche Leitsätze)

 

[...]

II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist nicht gegeben. Der Kläger hat mit seinem Zulassungsantrag keine ernstlichen Zweifel aufzuzeigen vermocht. Soweit der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung sein Begehren weiterverfolgt, den Beklagten unter Aufhebung der Antragsablehnung in der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 14. Juni 2007 zu verpflichten, seine Aufenthaltserlaubnis zu verlängern, fehlt ihm dafür nunmehr das Rechtsschutzinteresse, da er gleichzeitig mit der Beantragung der Zulassung der Berufung durch seinen Prozessbevollmächtigten gegenüber dem Beklagten ausdrücklich den – durch die angefochtene Verfügung beschiedenen – Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis vom 30. März 2007 zurückgenommen hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteile vom 14. April 1989 – 4 C 22/88 -, NVwZ 1989, 860 f. und vom 22. Juni 1999 – 1 C 24.98 -, Buchholz 402.240 § 7 AuslG Nr. 9), der der Senat folgt, kann ein Antrag – wie hier der Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis vom 30. März 2007 – auch nach seiner Ablehnung bis zur rechtskräftigen Entscheidung im anschließenden gerichtlichen Verfahren zurückgenommen werden mit der Folge, dass dadurch dem Verpflichtungsbegehren der Boden entzogen ist, das Aufenthaltsgenehmigungsverfahren beendet ist, das gerichtliche Verfahren in der Hauptsache erledigt ist und für die Weiterverfolgung des Klagebegehrens das erforderliche Rechtsschutzinteresse fehlt. [...]

Entgegen der vom Kläger vertretenen Ansicht ist der Abschiebungsandrohung in der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 14. Juni 2007 durch die Rücknahme des Verlängerungsantrags vom 30. März 2007 nicht "der Boden entzogen" worden. Zwar hat die spätere Rücknahme des Antrags dessen Ablehnung durch den vorgenannten Bescheid gegenstandslos gemacht. Davon ist jedoch die gleichzeitig erlassene Abschiebungsandrohung unberührt geblieben. Sie teilt nicht das rechtliche Schicksal der Versagung der Aufenthaltserlaubnis, mit der sie verbunden wurde. Allein dadurch, dass eine Abschiebungsandrohung mit einem anderen Verwaltungsakt verbunden wird (hier der Versagung einer Aufenthaltserlaubnis), wird jene nicht ein integraler Bestandteil des anderen Verwaltungsaktes, die dessen Schicksal teilt. Dies folgt aus den im Aufenthaltsgesetz enthaltenen speziellen Vollstreckungsregelungen zur Abschiebungsandrohung. Danach kann eine Abschiebungsandrohung als eigenständige Regelung (sogenannte selbständige Abschiebungsandrohung) oder in Verbindung mit einem aufenthaltsbeendenden Verwaltungsakt (sogenannte unselbständige Abschiebungsandrohung) erlassen werden. Auf diese Weise wird dem Umstand entsprochen, dass sich eine Ausreisepflicht aus verschiedenen Gründen ergeben kann (vgl. § 58 Abs. 2 Sätze 1 und 2 AufenthG), die gleichzeitig nebeneinander vorliegen können. Dementsprechend hat der Senat bereits entschieden, dass die Rechtswidrigkeit einer Ausweisungsverfügung den Bestand der mit ihr verbundenen Abschiebungsandrohung unberührt lässt, wenn der Ausländer schon aus anderen Gründen ausreisepflichtig ist (vgl. Senatsbeschluss vom 22. September 1999 - 18 B 2097/98 -, InfAuslR 2000, 113 = NWVBl. 2000, 223). [...]

Der Zulassungsantrag vermag auch keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der nach § 59 AufenthG zu beurteilenden Abschiebungsandrohung aus der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 14. Juni 2007 zu begründen. [...]

Als vollstreckungsrechtliche Maßnahme setzt die Abschiebungsandrohung die Ausreisepflicht des Ausländers voraus (vgl. §§ 50 Abs. 1, 58 Abs. 1 AufenthG). Jene ist beim Kläger gegeben; denn seine Aufenthaltserlaubnis ist mit dem 30. Juni 2007 abgelaufen und er besitzt deshalb nicht mehr den für ihn erforderlichen Aufenthaltstitel (§ 50 Abs. 1 AufenthG). [...]

Der Ausreisepflicht des Klägers steht nicht – wie er meint - entgegen, dass er aufgrund seines am 29. Juni 2007 vorsorglich gestellten weiteren Antrags auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis über eine Fortbestandsfiktion nach § 81 Abs. 4 AufenthG verfügt. Eine solche ist nicht entstanden. Insofern ist zunächst für die Zeit bis zur Rücknahme des Verlängerungsantrags vom 30. März 2007 maßgeblich, dass beide Anträge auf denselben Aufenthaltszweck zielten, nämlich auf die Verlängerung der zum Ehegattennachzug erteilten Aufenthaltserlaubnis in Anwendung des § 31 AufenthG. In einem derartigen Fall löst der zweite Antrag keine Fiktionswirkung aus. Diese tritt nicht aufgrund einer bloßen Wiederholung des von der Ausländerbehörde abgelehnten und in einem noch anhängigen Verwaltungsrechtsstreit weiter verfolgten Aufenthaltserlaubnisantrags ein. Entsprechendes hat das Bundesverwaltungsgericht zu § 21 Abs. 3 Satz 1 und 3 AuslG 1965 unter Hinweis darauf entschieden, dass die Vorschrift davon ausgehe, dass gemäß § 80 Abs. 4, 5 VwGO durch eine behördliche oder verwaltungsgerichtliche Entscheidung die Fortwirkung der Fiktion angeordnet werden kann und es damit unvereinbar wäre, wenn es der Ausländer in der Hand hätte, sich erneut das vorläufige Aufenthaltsrecht durch eine bloße Wiederholung seines bereits ablehnend beschiedenen Antrags selbst zu verschaffen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Januar 1987 – 1 B 213.86 -, InfAuslR 1987, 105).

Daran ist dem Grunde nach unter der Geltung des § 81 Abs. 4 AufenthG auch angesichts dessen festzuhalten, dass nach neuerer Rechtsprechung durch eine Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO die durch behördliche Entscheidung entfallene Fiktionswirkung nicht wieder hergestellt, sondern lediglich die Vollziehung der durch die Antragsablehnung vollziehbar gewordenen Ausreisepflicht gehemmt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Februar 2000 – 1 C 14.99 –, InfAuslR 2000, 274; Senatsbeschluss vom 12. Dezember 2001 – 18 B 1457/01 -). [...]

Ungeachtet dessen, dass sich der Zulassungsantrag nicht zu den Fragen der Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht und der Auswirkung der vom Verwaltungsgericht als rechtswidrig beurteilten Ausreisefrist verhält, sei insoweit klarstellend auf Folgendes hingewiesen:

Die Abschiebungsandrohung ist auch nicht dadurch rechtswidrig geworden, dass die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht, die sich zunächst infolge der Ablehnung des Verlängerungsantrags vom 30. März 2007 aus § 58 Abs. 2 Satz 2 iVm § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG ergab, nach der Rücknahme des Antrags infolge der Gegenstandslosigkeit der Versagungsverfügung nicht mehr aus jener Norm ableiten lässt. Dies folgt ungeachtet der Frage, ob sich die Vollziehbarkeit wegen der dargestellten Unbeachtlichkeit des Verlängerungsantrags vom 29. Juni 2007 nun aus § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG ergibt, schon daraus, dass entgegen der vom Senat in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren in Anlehnung an seine Rechtsprechung zum AuslG 1990 vertretenen Auffassung (- vgl. Senatsbeschluss vom 30. August 2005 – 18 B 633/05 -, InfAuslR 2006, 137; ebenso BVerwG, Urteil vom 22. Dezember 1997 – 1 C 14.96 -, InfAuslR 1998, 217 (ohne Begründung zu § 50 Abs. 1 AuslG 1990) -) die Abschiebungsandrohung nach der dem Aufenthaltsgesetz zugrunde liegenden Konzeption nicht die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht voraussetzt.

Dafür, dass die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht nur für die Vollstreckungsmaßnahme der Abschiebung und nicht bereits für die Abschiebungsandrohung vorliegen muss, spricht nun schon der Vergleich des Wortlauts des § 59 Abs. 1 AufenthG mit demjenigen des die Abschiebung regelnden § 58 Abs. 1 AufenthG. Weil die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht nur in § 58 Abs. 1 AufenthG gefordert wird, liegt es nahe, dass es ihrer für die Abschiebungsandrohung nicht bedarf. Gesetzessystematische Überlegungen führen zu demselben Ergebnis. § 58 Abs. 2 Satz 1 AufenthG sieht nämlich eine Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht in den dort aufgeführten drei Fallkonstellationen alternativ erst vor, wenn eine Ausreisefrist abgelaufen ist. Davon ausgehend ergäbe es keinen Sinn, für den Erlass der Abschiebungsandrohung an der Forderung festzuhalten, die Ausreisepflicht müsse vollziehbar sein, wenn dann Rechtsfolge des Erlasses einer Androhung mit Fristsetzung unter Umständen zunächst der vorübergehende Wegfall der Vollziehbarkeit wäre (vgl. Funke-Kaiser in: GK-AuslR, Stand Februar 2008, § 59 AufenthG Rn. 25 ff.; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand April 2006, § 59 AufenthG Rn. 13 ff.; Wenger in: Storr/Wenger/Eberle/Albrecht/Harms/ Kreuzer, ZuwG, 2. Auflage 2008, § 59 AufenthG Rn.5; HKAuslR/Oberhäuser, 2008, § 59 AufenthG Rn. 4; Armbruster, HTK-AuslR / § 59 AufenthG / Überblick 05/2008 Nr. 3; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29. April 2003 - 11 S 1188/02 -, InfAuslR 2003, 341; a.A. BVerwG, Urteil vom 22. Dezember 1997 - 1 C 14.96 -, a.a.O.).

Dem lässt sich nicht entgegen halten, dass für die in § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG geregelten Fälle, bei denen die Ausreisepflicht nicht auf Grund Gesetzes, sondern erst auf Grund eines Verwaltungsaktes (z.B. einer Ausweisung) entsteht, kein Fristablauf vorgesehen ist. Es wäre unverständlich, denjenigen Ausländer, dessen Ausreisepflicht erst auf Grund eines Verwaltungsaktes begründet wird, durch geringere Anforderungen an die Vollziehbarkeit (Absehen von einer Fristsetzung) schlechter zu stellen gegenüber demjenigen Ausländer, dessen Ausreisepflicht bereits auf Grund Gesetzes (z.B. durch unerlaubte Einreise) entstanden ist. Der gesetzessystematische Widerspruch ist deshalb so aufzulösen, dass eine Abschiebungsandrohung mit Fristsetzung sowohl in den Fällen des § 58 Abs. 2 Satz 1 AufenthG als auch in denjenigen von dessen Satz 2 immer schon dann erlassen werden kann, wenn die Ausreisepflicht wirksam entstanden ist. In beiden Fällen ist daher davon auszugehen, dass dann, wenn eine konkrete Ausreisefrist gesetzt wurde, die Ausreisepflicht erst mit deren Ablauf im Sinne des § 58 AufenthG vollziehbar wird (vgl. Hailbronner, a.a.O., Rn. 16; Funke-Kaiser, a.a.O., Rn. 32).

Auch unter Beachtung von Sinn und Zweck einer Abschiebungsandrohung ergibt sich nicht, dass ihre Rechtmäßigkeit bereits das Bestehen einer vollziehbaren Ausreisepflicht voraussetzt. Dies folgt schon daraus, dass die Androhung und der Vollzug der Abschiebung bei rechtlicher Betrachtung strikt zu trennen sind. Im Unterschied zu einer Abschiebung ergeht die Abschiebungsandrohung im "Vorfeld" einer möglichen Abschiebung. Ihr muss sich nicht zwangsläufig eine nachfolgende Abschiebung anschließen. Vielmehr bleibt es dem ausreisepflichtigen Ausländer überlassen, die Durchführung einer angedrohten Abschiebung zu vermeiden und freiwillig das Bundesgebiet zu verlassen. Die Abschiebungsandrohung dient damit dem Zweck, dem Ausländer einen rechtzeitigen Hinweis auf Zwangsmaßnahmen zu erteilen und es ihm zu ermöglichen, seine Ausreise vorzubereiten und freiwillig auszureisen. Andererseits bleibt eine Abschiebungsandrohung auch rechtmäßig, wenn eine Abschiebung nicht erfolgen kann, weil ihr Abschiebungsverbote entgegenstehen (vgl. § 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG) (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29. April 2003 - 11 S 1188/02 -, a.a.O.).

Zur Rechtswidrigkeit der Abschiebungsandrohung führt es schließlich auch nicht, dass das Verwaltungsgericht die in ihr gesetzte Ausreisefrist (rechtskräftig) als rechtswidrig bewertet hat. Insoweit schließt sich der Senat unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung (- vgl. Senatsbeschluss vom 19. September 1996 – 18 B 3505/95 -, NWVBl. 1997, 108 -) derjenigen des Bundesverwaltungsgerichts zur Teilbarkeit von Abschiebungsandrohung und Ausreisefrist an. Danach ist davon auszugehen, dass die mit der Abschiebungsandrohung verbundene Ausreisefrist selbständiger Gegenstand einer Anfechtungsklage sein kann, da sie weder nach dem Wortlaut des § 59 Abs. 1 AufenthG noch nach dem Regelungszusammenhang untrennbar mit der Androhung der Abschiebung verbunden sein muss. (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. April 2001 – 9 C 22.00 -, BVerwGE 114, 122 = InfAuslR 2001, 357).

Die zum Asylverfahren unter der Geltung des § 50 Abs. 1 Satz 1 AuslG 1990 ergangene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hat auch für das allgemeine Ausländerrecht Bedeutung, weil sie sich nicht entscheidend auf Besonderheiten des asylrechtlichen Verfahrens bezieht, sondern sich an der Rechtslage orientiert, die nach dem allgemeinen Ausländerrecht besteht, und zwar auch nach dem zwischenzeitlich in Kraft getretenen gleichlautenden § 59 Abs. 1 AufenthG (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29. April 2003 - 11 S 1188/02 -, a.a.O.; Hailbronner, a.a.O., Rn. 59; in diesem Sinne ferner Funke-Kaiser, a.a.O., Rn. 75, und Armbruster, HTK-AuslR / § 59 AufenthG / zu Abs. 1 / Ausreisefrist 04/2008 Nr. 2).

Insbesondere gilt der Hinweis des Bundesverwaltungsgerichts dazu, dass eine untrennbare Verknüpfung zwischen der Fristsetzung für die Ausreisepflicht und der Abschiebungsandrohung grundsätzlich nicht besteht, auch für das allgemeine Ausländerrecht. Dies zeigt § 50 Abs. 2 Satz 1 AufenthG, der unabhängig von einer Abschiebungsandrohung die Festsetzung einer Ausreisefrist ermöglicht. Bei ihr handelt es sich schon angesichts des gleichlautenden Wortlauts um die gleiche Frist wie in § 59 Abs. 1 AufenthG, der mithin nicht etwa die Anordnung einer weiteren Frist fordert. Dies folgt auch daraus, dass die in § 50 Abs. 2 AufenthG erwähnte Frist gerade die Ausreisepflicht voraussetzt, wie dies gleichermaßen für die Abschiebungsandrohung gilt (vgl. Funke-Kaiser, a.a.O., Rn. 29).

Ferner kann die Abschiebungsandrohung unter bestimmten Voraussetzungen (§ 59 Abs. 5 AufenthG) ohne Bestimmung einer Ausreisefrist ergehen. Schließlich spricht auch § 50 Abs. 3 AufenthG gegen einen untrennbaren Zusammenhang von Ausreisefrist und Abschiebungsandrohung. Nach dieser Regelung wird lediglich die Ausreisefrist unterbrochen, wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt. Danach kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Abschiebungsandrohung selbst rechtswidrig ist und notwendig aufgehoben werden muss, wenn die Fristsetzung ihrerseits rechtswidrig ist. Wird die mit einer Abschiebungsandrohung verfügte Ausreisefrist als rechtswidrig aufgehoben, ist die verbleibende Abschiebungsandrohung zwar unvollständig, behält aber gleichwohl ihren Regelungsgehalt. Sie kann lediglich nicht vollzogen werden, bevor die Behörde erneut eine Frist gesetzt hat und diese abgelaufen ist (vgl. nochmals BVerwG, Urteil vom 3. April 2001 – 9 C 22.00 -, a.a.O.).

Wenn somit die mit einer Abschiebungsandrohung verbundene Ausreisefrist selbständig Gegenstand einer Anfechtungsklage sein kann, so ergibt sich als unverzichtbare Voraussetzung für eine Abschiebungsandrohung lediglich, dass eine Abschiebung des Ausländers überhaupt in Betracht kommt. Dies ist nur der Fall, wenn seine Ausreisepflicht entweder bereits besteht oder durch eine aufenthaltsbeendende Verfügung, mit der die Abschiebungsandrohung verbunden ist, herbeigeführt wird (so auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29. April 2003 - 11 S 1188/02 -, a.a.O.). [...]