OVG Bremen

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Zitieren als:
OVG Bremen, Beschluss vom 13.08.2009 - 1 S 223/09 - asyl.net: M15992
https://www.asyl.net/rsdb/M15992
Leitsatz:

Für die Frage, ob der Lebensunterhalt eines mit einer deutschen Staatsangehörigen verheirateten Ausländers gesichert ist, sind Leistungen nach dem BAföG an die deutsche Ehefrau als Haushaltseinkommen zu berücksichtigen, wenn sie auch ohne die eheliche Lebensgemeinschaft beansprucht werden könnten.

 

Schlagwörter: D (A), Niederlassungserlaubnis, Lebensunterhalt, Ausbildungsbeihilfe, Ausbildungsförderung, BAföG, Ehegatte
Normen: AufenthG § 28 Abs. 2; AufenthG § 2 Abs. 3
Auszüge:

Für die Frage, ob der Lebensunterhalt eines mit einer deutschen Staatsangehörigen verheirateten Ausländers gesichert ist, sind Leistungen nach dem BAföG an die deutsche Ehefrau als Haushaltseinkommen zu berücksichtigen, wenn sie auch ohne die eheliche Lebensgemeinschaft beansprucht werden könnten.

(Amtlicher Leitsatz)

 

[...]

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts hat die Rechtssache hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass die Erteilung der Niederlassungsvoraussetzung nach § 28 Abs. 2 Satz 1 AufenthG davon abhängt, dass der Lebensunterhalt des Klägers gesichert ist. [...] Nach der näher begründeten Auffassung des Verwaltungsgerichts spricht zumindest Einiges dafür, dass auch die Ausbildungsbeihilfe des Klägers nach §§ 59ff. SGB II in Höhe von 135,00 Euro zu berücksichtigen ist (in diesem Sinne jetzt auch Ziff. 2.3.1.4 des von der Bundesregierung beschlossenen Entwurfs der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum AufenthG, BR-Drs 669/09, S. 19). [...]

Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, BAföG-Leistungen könnten nur berücksichtigt werden, wenn sie für den Ausländer selbst bestimmt sind, um seinen Aufenthalt zum Studium im Bundesgebiet zu ermöglichen (vgl. § 2 Abs. 3 Satz 2 AufenthG), nicht aber, wenn sie der deutsche Ehegatte erhalte, weil dessen Aufenthalt auch ohne diese Leistungen möglich sei, wird Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelungen nicht gerecht. Mit dem Erfordernis der Sicherung des Lebensunterhalts als Regelvoraussetzung für einen Aufenthaltstitel soll die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel als Folge der Erteilung eines Aufenthaltstitels verhindert werden (vgl. BT-Drs 15/420, S. 70). Der Anspruch des deutschen Ehegatten auf Ausbildungsförderung nach dem BAföG besteht aber unabhängig davon, ob der ausländische Ehegatte einen Aufenthaltstitel zum Familiennachzug erhält oder nicht; er kann sich als Folge eines Ehegattennachzugs allenfalls vermindern. Die Ehefrau des Klägers würde auch dann Ausbildungsförderung beziehen, wenn sie nicht mit dem Kläger in ehelicher Lebensgemeinschaft leben würde. Den Aufenthaltstitel des Klägers von der Sicherung des Lebensunterhalts der Eheleute ohne Leistungen nach dem BAföG abhängig zu machen, würde also bedeuten, von dem Ehemann zusätzliche Leistungen zur Entlastung öffentlicher Kassen zu verlangen, zu der es sonst nicht käme. Die Ablehnung der Niederlassungserlaubnis ist deshalb ungeeignet, das Ziel der gesetzlichen Regelung zu erreichen, und daher nicht gerechtfertigt (ebenso für Leistungen nach dem SGB II: BVerfG, Kammerbeschluss vom 11.05.2007 – 2 BvR 2483/06 - <juris>, Rn 25). [...]