VG Münster

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Zitieren als:
VG Münster, Urteil vom 02.09.2009 - 5 K 1432/08 - asyl.net: M16105
https://www.asyl.net/rsdb/M16105
Leitsatz:

Wegen Identitätstäuschung keine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen bei langjährigem Aufenthalt.

Schlagwörter: Aufenthaltserlaubnis, Aufenthaltserlaubnis auf Probe, Altfallregelung, Bleiberecht, Täuschung über Identität, Hinauszögern oder Behindern behördlicher Maßnahmen, Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen,
Normen: AufenthG § 104a Abs. 1 S. 1, AufenthG § 104a Abs. 1 S. 1 Nr. 4, AufenthG § 25 Abs. 5, GG Art. 6, EMRK Art. 8, AufenthG § 48 Abs. 3 S. 1
Auszüge:

[...]

Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 18. Juni 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Münster vom 15. Mai 2008 ist rechtmäßig. Der Beklagte ist nicht verpflichtet, den Klägern eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen zu erteilen.

Eine Verpflichtung des Beklagten ergibt sich nicht aus § 104a Abs. 1 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008, BGBl I S. 162. Zwar erfüllen die Kläger zu 1) und 2) die zeitlichen Vorgaben dieser Regelung, weil sie sich jedenfalls seit dem 4. März 2001 bis zum 1. Juli 2007 sechs Jahre lang im Besitz einer Aufenthaltsgestattung bzw. im Besitz einer Duldung hier aufgehalten haben. Ein möglicher Anspruch der Kläger wird jedoch gemäß § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG ausgeschlossen.

Eine Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage der vorgenannten Regelung wird einem Ausländer nicht erteilt, wenn er die Ausländerbehörde vorsätzlich über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände getäuscht hat. Dieser Sachverhalt liegt hier vor.

Die Kläger zu 1) und 2) haben über ihre Identität, ihren Namen und Vornamen sowie über ihren Geburtstag getäuscht. Diese Angaben zählen zu den aufenthaltsrechtlich relevanten Umständen, die eine Ausländerbehörde wissen muss, wenn sie über den (weiteren) Aufenthalt eines Ausländers entscheiden muss.

Entgegen der von ihnen vertretenen Ansicht haben die Kläger zu 1) und 2) nicht nur das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, sondern auch das Ausländeramt des Beklagten getäuscht. Die von den Klägern zu 1) und 2) getätigten unrichtigen Angaben finden sich in der Zuweisung der Bezirksregierung Arnsberg vom 22. März 2001, die u.a. auch dem Ausländeramt des Beklagten zugegangen ist. Auch haben die Kläger zu 1) und 2) unter dem 7.6.2001 vom Ausländeramt des Beklagten eine Bescheinigung über die Beantragung von Asyl mit den von Ihnen angegebenen falschen Daten erhalten. Das Ausländeramt ist auch dadurch getäuscht worden, dass die Kläger zu 1) und 2) die schriftliche Bitte des Beklagten vom 16. April 2003, im Ausländeramt vorzusprechen, um einige Fragen hinsichtlich ihres Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland zu erörtern, nicht beantwortet haben, sondern über ihren damaligen Anwalt dem Ausländeramt lediglich haben mitteilen lassen, dass sich ihr Anwalt gerne mit den Mitarbeitern des Ausländeramtes über die Probleme mit der Verlängerung eines Ausweises unterhalten wollte.

Es hätte sich für die Kläger zu 1) und 2) nach Erhalt des Schreibens des Beklagten vom 16. April 2003 geradezu aufgedrängt, ihre Identität offen zu legen. Dies ist nicht geschehen. Vielmehr ist ihre Identität erst geklärt worden, nachdem die Wohnung der Kläger durchsucht und Kopien der Reisepässe mit den zutreffenden Personalangaben der Kläger zu 1) und 2) gefunden worden sind.

Letztlich ist eine Täuschung des Ausländeramtes des Beklagten darin zusehen, dass ihm die im Asylverfahren gefertigten Anhörungsprotokolle und der ablehnende Bescheid des Bundesamtes dem Ausländeramt des Beklagten zugegangen sind, in denen die von den Klägern zu 1. und 2. getätigten falschen Angaben enthalten waren. Den Klägern zu 1. und 2. musste bekannt sein, dass das Bundesamt diese Unterlagen an das Ausländeramt weiterleitet.

Vorsatz der Kläger zu 1) und 2) ist ebenfalls zu bejahen. Sie haben gegenüber dem Ausländeramt bewusst falsche Angaben gemacht.

Ein Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104a Abs.1 Satz 1 AufenthG ist auch dann ausgeschlossen, wenn der Ausländer behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung vorsätzlich hinausgezögert hat. Letzteres ist hier ebenfalls geschehen, indem die Kläger von März 2001 bis Ende 2004 falsche Angaben über ihre persönlichen Lebensverhältnisse gemacht und auf diese Weise das Ausländeramt daran gehindert haben, nach Abschluss des Asylverfahrens aufenthaltsbeendende Maßnahmen durchzuführen.

Zwar können Fälle lange zurückliegender oder sonst gering gewichtiger Mitwirkungsmängel im Rahmen des § 104a AufenthG außer Betracht bleiben ( OVGNRW, Beschluss vom 19. 8. 2009 - 18 A 3049/08 - ).Dies trifft hier jedoch nicht zu.

Die Täuschungshandlungen der Kläger zu 1) und2) liegen nicht lange zurück. § 104a Abs. 1 AufenthG sieht einen mindestens sechsjährigen beanstandungsfreien Aufenthalt vor. Diese zeitliche Vorgabe ist maßgeblich dafür, ob ein Täuschungsverhalten lange zurückliegt und sich deshalb nicht mehr nachteilig auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 104a AufenthG auswirkt. Die Kläger zu 1) und 2) haben bis Ende 2004 über ihre Identität getäuscht. Es sind seither erst fünf Jahre vergangen.

Das Verhalten der Kläger zu 1) und 2) ist auch von erheblichem Gewicht. Beide Kläger haben fünf Jahre lang ihre falschen Angaben aufrecht erhalten und haben erst dann ihre Identität offenbart, als sich dies nicht mehr umgehen ließ, weil bei der Durchsuchung der Wohnung Kopien ihrer Reisepässe gefunden worden waren. Entgegen der Ansicht der Kläger kann ihrem Verhalten auch nicht allein deshalb geringeres Gewicht beigemessen werden, weil seit der Aufdeckung ihrer persönlichen Verhältnisse schon "lange Zeit" vergangen sei. Maßstab hierfür ist - wie oben ausgeführt - die in § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG genannte Aufenthaltsdauer von mindestens sechs Jahren. Als weniger gewichtig können mithin in der Regel nur Vorgänge angesehen werden, die länger als sechs Jahre zurückliegen. Dies trifft hier nicht zu. [...]

Letztlich kann auch keine Rede davon sein, dass die Kläger zu 1) und 2) "tätige Reue" geübt haben. Vielmehr haben sie auf die schriftliche Anfrage des Ausländeramtes des Beklagten aus April 2003 ausweichend geantwortet und haben erst dann die Wahrheit gesagt, nachdem im Rahmen der Durchsuchung ihrer Wohnung Unterlagen über ihre wahre Identität gefunden worden waren.

Die Kläger zu 3) und 4) müssen sich das unlautere Verhalten ihrer Eltern zurechnen lassen (vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 08. Dezember 2006 - 18 A 2644/06 -, AuAS 2007 87).

Eine Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der von den Klägern beantragten Aufenthaltserlaubnis ergibt sich auch nicht aus § 23 Abs. 1 AufenthG i. V. mit dem Erlass des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 11. Dezember 2006 - Az.: 15-39.08.01-3 -.

Die Kläger erfüllen nicht die in Ziffer 1.1.1. angeführte Aufenthaltsdauer von sechs Jahren, denn vom 4. März 2001 bis zum 17. November 2006, dem im Erlass angeführten Stichtag, waren noch keine sechs Jahre vergangen. Der vorherige Aufenthalt zählt schon deshalb nicht, weil er zwischenzeitlich unterbrochen worden ist, denn nach den eigenen Angaben der Kläger haben sie sich in der Zeit von Februar 2001 bis März 2001 in China aufgehalten. Es handelt sich auch nicht um eine unschädliche Unterbrechung im Sinne des vorgenannten Erlasses, denn in Ziffer 1.1.1 Sätze 8 und 9 wird vorausgesetzt, dass die Ausreise und die Wiedereinreise von vornherein im Zusammenhang mit dem selben Zweck stehen müssen, um eine Unterbrechung als unschädlich anzusehen. Dies trifft hier nicht zu, denn die Klägerin zu 2) hat sich nach eigenen Angaben vor dem 4. März 2001 als Touristin, der Kläger zu 1) seit dem Jahre 1998 als Spezialitätenkoch hier aufgehalten. Die Wiedereinreise, wenn sie denn überhaupt stattgefunden haben sollte, ist jedoch aus Gründen des Asyls erfolgt.

Hinzu kommt, dass die Kläger die Voraussetzungen von Ziffer 1.1.3 nicht erfüllen. Darin wird vorausgesetzt, dass sie am Stichtag des 17. November 2006 keine Sozialleistungen erhalten haben. Den Klägern sind jedoch Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bewilligt worden.

Darüber hinaus ist ein möglicher Anspruch nach Ziffer 1.4.2 des vorgenannten Erlasses ausgeschlossen, denn die Kläger haben aus den vorgenannten Gründen die Ausländerbehörde des Beklagten vorsätzlich über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände, insbesondere über ihre Identität getäuscht. Diese Täuschung war auch von einigem Gewicht. Sie liegt auch nicht länger zurück. Außerdem haben die Kläger nicht, wie in Ziffer 1.4.2 des Erlasses vorgesehen, ihre zunächst falschen Angaben von sich aus korrigiert. Vielmehr haben sie ihre Identität notgedrungen preisgegeben, nachdem bei einer Durchsuchung ihrer Wohnung Kopien von Reisepässen mit den zutreffenden Angaben zur Person gefunden worden waren.

Eine Verpflichtung des Beklagten, die von den Klägern beantragte Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, ergibt sich letztlich auch nicht aus § 25 Abs. 5 AufenthG. Einem Ausländer, der - wie die Kläger - vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann nach dieser Vorschrift abweichend von § 11 Abs. 1 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

Die Ausreise der Kläger ist nicht aus rechtlichen Gründen unmöglich. [...]

Die Entscheidung des Beklagten, die Aufenthaltserlaubnis abzulehnen, verstößt auch nicht gegen den auf Art. 20 Abs. 3 GG fußenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Insbesondere ergeben sich aus der Entscheidung des Beklagten keine unzumutbaren Nachteile für die Kläger, weil kein Verstoß gegen Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention vorliegt. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Familien- und Privatlebens.

Ein Verstoß gegen den Schutz des Familienlebens liegt schon deshalb nicht vor, weil die Entscheidung des Beklagten aus den vorgenannten Gründen nicht gegen Art. 6 GG verstößt und inhaltliche Unterschiede insoweit zwischen Art. 6 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht bestehen.

Die Entscheidung des Beklagten, die Aufenthaltserlaubnis abzulehnen, verstößt auch nicht gegen den Schutz des Privatlebens. Zwar halten sich die Kläger zu 1) und 2) seit dem Jahre 2001 und die Kläger 3)und 4) seit ihrer Geburt in der Bundesrepublik Deutschland auf. Die Dauer des Aufenthaltes fällt allerdings nicht entscheidend zugunsten der Kläger ins Gewicht. Von 2001 bis April 2005 beruhte ihr Aufenthalt auf der Aufenthaltsgestattung für die Dauer des Asylverfahrens. Aufenthaltsrechtliche Vorteile könnten die Kläger schon wegen ihrer offensichtlich unwahren Angaben im Asylverfahren über ihr angebliches Verfolgungsschicksal nicht herleiten.

Seit dem Abschluss des Asylverfahrens im April 2005 werden die Kläger lediglich geduldet. Diese Duldung führt nicht zu einem rechtmäßigen Aufenthalt, weil die Kläger als geduldete Ausländer vollziehbar ausreisepflichtig bleiben. Vom Schutzbereich des Art. 8 EMRK werden nur Ausländer mit einem rechtmäßigen Aufenthalt erfasst. Eine Duldung reicht in diesem Zusammenhang nicht aus ( BVerwG, Urteil vom 30.April 2009 - 1 C 3.08 -).

Der bisherige Aufenthalt der Kläger zu 1) und 2), auf den entscheidend abzustellen ist, hat auch nicht zu ihrer Integration geführt. Dies betrifft schon die persönliche Integration, denn die Kläger verfügen über keine ausreichenden Deutschkenntnisse, wie sich aus dem Umstand ergibt, dass sie für die Durchführung der mündlichen Verhandlung auf die Ladung eines Dolmetschers Wert gelegt haben. Auch sind die Kläger nicht wirtschaftlich integriert, denn sie sind seit ihrer (Wieder-) Einreise auf die Inanspruchnahme von Sozialleistungen angewiesen und nicht in der Lage, ihren Lebensunterhalt allein oder im wesentlichen aus eigenem Erwerbseinkommen zu gewährleisten.

Letztlich sind auch keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine gesellschaftliche (soziale) Integration erkennbar. Die Kläger zu 1) und 2) haben hierzu nichts vorgetragen. Allein der Umstand, dass die Klägerin zu 3) den Kindergarten besucht hat, von 2004 bis 2006 an einem Kurs zu Musikalischer Früherziehung teilgenommen hat, gegenwärtig an einer Theateraufführung mitwirkt und ihrer Schulpflicht nachkommt und dass der Kläger zu 4) einen Kindergarten besucht, reicht als soziale Integration für die Familie nicht aus. Weitere Anhaltspunkte dafür, dass sich die Kläger in sozialer Hinsicht in die hiesigen Lebensverhältnisse eingegliedert haben, sind von ihnen nicht vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich.

Allerdings ist die Ausreise der Kläger aus tatsächlichen Gründen unmöglich, weil sie nicht im Besitz von Ausreisepapieren sind. Dies führt allerdings nicht dazu, ihnen eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Vielmehr darf eine Aufenthaltserlaubnis gem. § 25 Abs. 5 Satz 3 AufenthG nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt gem. § 25 Abs. 5 Satz 4 AufenthG insbesondere vor, wenn er zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, weil die Kläger zu 1) und 2), deren Verhalten sich die Kläger zu 3) und 4) zurechnen lassen müssen, keine zumutbaren Bemühungen getätigt haben, um in den Besitz von Ausreisepapieren zu kommen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des OVG NRW, der sich das Gericht anschließt, ist es die ureigene Angelegenheit eines Ausländers, seine Identität aufzuklären und sich bei der für ihn zuständigen Auslandsvertretung um die Ausstellung eines Ausweispapiers zu bemühen. Der Besitz eines gültigen Passes zählt zu den Obliegenheiten eines Ausländers (vgl. § 3 Abs. 1 AufenthG). Er ist ferner Regelvoraussetzung für die Erteilung eines jeden Aufenthaltstitels (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG) und damit auch für die hier erstrebte Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Zudem verdeutlicht § 48 Abs.3 Satz 1 AufenthG, dass ein Ausländer bei der Beschaffung von Identitätspapieren alle erforderlichen Mitwirkungshandlungen vorzunehmen hat, wozu neben einem Pass oder Passersatz auch sonstige Urkunden und Dokumente unabhängig vom Aussteller gehören, sofern sie zu dem Zweck geeignet sind, die Ausländerbehörde bei der Geltendmachung und Durchsetzung einer Rückführungsmöglichkeit zu unterstützen. Deshalb hat ein ausreisepflichtiger Ausländer alle zur Erfüllung seiner Ausreisepflicht erforderlichen Maßnahmen, und damit auch die zur Klärung seiner Identität und zur Beschaffung eines gültigen Passes oder Passersatzpapiers, grundsätzlich ohne besondere Aufforderung durch die Ausländerbehörde unverzüglich einzuleiten. Dabei hat er sich gegebenenfalls unter Einschaltung einer Mittelsperson in seinem Heimatland um erforderliche Dokumente und Auskünfte zu bemühen, wobei es grundsätzlich auch zumutbar ist, einen Rechtsanwalt im Herkunftsstaat zu beauftragen. Derartige Handlungen können nur dann nicht verlangt werden, wenn sie von vornherein aussichtslos sind (vgl. statt aller den Beschluss vom 14. März 2003 - 18 E 924/04 -, Informationsbrief Ausländerrecht 2006, 322 = NW VBL 2006, 26 und Beschluss vom 19.August 2009 - 18 A 3049/08 -).

Diesen Anforderungen genügt das Verhalten der Kläger zu 1) und 2) nicht. Ihre Mitwirkung hängt zunächst einmal entgegen der von ihnen geäußerten Ansicht nicht davon ab, ob sie ausdrücklich über ihre Verpflichtung, sich Identitäts- und Ausreisepapiere zu besorgen, belehrt worden sind. Vielmehr kommt es entscheidend darauf an, dass sie sich selbstständig ohne Belehrung durch das Ausländeramt über ihre Mitwirkungspflichten um diese Unterlagen bemühen. Soweit die Kläger vorgetragen haben, dass sie von der zuständigen Sachbearbeiterin im April 2005 davon abgehalten worden sind, eigene Bemühungen anzustellen, weil diese Sachbearbeiterin ihnen mitgeteilt habe, das Ausländeramt werde sich selbst um Ausreisepapiere bemühen, gilt diese Aussage, ihren Wahrheitsgehalt unterstellt, nur für 3 Monate, denn nach den eigenen Angaben der Kläger hat die zuständige Sachbearbeiterin unter Hinweis darauf, dass die Ausreise in den nächsten 3 Monaten erfolgen werde, den Klägern mitgeteilt, dass das Ausländeramt von sich aus für die Ausstellung von Passersatzpapieren sorgen werde. Nach Ablauf von 3 Monaten, also nach Juli 2005, hätten beide Kläger die vorbeschriebenen Bemühungen anstellen müssen, in den Besitz von Identitäts- und Heimreisepapieren zu kommen.

Dazu wäre zunächst einmal erforderlich gewesen, die Originale der bei der Durchsuchung aufgefundenen Kopien der Reisepässe vorzulegen. Die Kläger zu 1)und 2) haben gegenüber dem Gericht keine nachvollziehbare Angaben darüber gemacht, dass sie nicht in der Lage sind, die Originale der bei ihnen vorgefundenen Kopien ihrer Reisepässe vorzulegen. Dies geht zu ihren Lasten.

Die Klägerin zu 1) hat vorgetragen, dass sie sich seit August 2007 gegenüber den zuständigen Stellen der Sonderverwaltungszone Hongkong darum bemüht habe, die Erlaubnis zur Wiedereinreise zu erhalten. Diese Bemühungen sind schon deshalb unzureichend, weil sich die Klägerin zu 1) auch gegenüber den zuständigen Stellen der Volksrepublik China hätte bemühen müssen, Ausreisepapiere zu erhalten, denn nach den eigenen Angaben der Klägerin zu 1) ist sie nicht in Hongkong geboren, sondern in der Volksrepublik China. Dass sie sich eigenen Angaben zufolge vor ihrer Wiedereinreise im März 2001 zur Betreuung ihrer Mutter in der Sonderverwaltungszone Hongkong aufgehalten haben will, berechtigt sie nicht, ihre Bemühungen um eine Wiedereinreise in die Volksrepublik China auf die Sonderverwaltungszone Hongkong zu beschränken. Vielmehr hätte sie eigene Bemühungen auch gegenüber der Botschaft der Volksrepublik China anstellen müssen. Dies ist bisher nicht geschehen. Auch fehlen Bemühungen der Klägerin zu 2) bei den staatlichen Stellen ihre Geburtsortes und ihrer Wohnorte in China sowie bei in China lebenden Verwandten. Auch die Einschaltung eines Anwaltes kommt in Betracht.

Der Kläger zu 2) hat erst recht keine ausreichenden eigenen Bemühungen, in den Besitz von Identitäts- und Ausreispapieren zu kommen, nicht nachgewiesen. Er will eigenen Angaben zu folge lediglich mehrfach in der Botschaft der Volksrepublik China angerufen und sich dort nach dem Sachstand (welchem Sachstand eigentlich?) erkundigt haben. Dieses Verhalten genügt nicht den oben beschriebenen gesetzlichen Anforderungen an die Mitwirkungspflichten von Ausländern.

Aus der vom Gericht in das Verfahren eingeführten Auskunft der zentralen Ausländerbehörde Bielefeld vom 3. Februar 2009 ergibt sich, dass Bemühungen von Staatsangehörigen der Volksrepublik China, in den Besitz von Personalpapieren zu kommen, nicht von vornherein aussichtslos sind. [...]