AG Tiergarten

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Zitieren als:
AG Tiergarten, Urteil vom 01.10.2009 - (271 Ds) 91 Js 2816/09 (138/09) - asyl.net: M16574
https://www.asyl.net/rsdb/M16574
Leitsatz:

Kein strafbares Verhalten bei der Weigerung, einen Passantrag für ein Rückreisedokument auszufüllen.

Schlagwörter: Mitwirkungspflicht, Passantrag, Rückreisedokument
Normen: AufenthG § 95 Abs. 1 Nr. 5, AufenthG § 49 Abs. 2
Auszüge:

[...]

Dem Angeklagten wird mit zugelassener Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Berlin vom 11.6.2009 ein Vergehen nach § 95 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG vorgeworfen. Er soll am 6.4.2009 gegenüber dem Landes- und Ordnungsamt Berlin nicht die nach § 49 Abs. 2 AufenthG notwendige Erklärung abgegeben haben. Dadurch habe der Angeklagte trotz rechtskräftigen Ausweisungsbescheids nicht an seiner Rückführung in sein Heimatland mitgewirkt.

Dieser Vorwurf hat sich in der Hauptverhandlung nicht aufrechterhalten lassen.

Das Gericht hat folgenden Sachverhalt feststellen können:

Der Angeklagte befand sich am 6. April 2009 zur Verlängerung seiner Duldung bei der Ausländerbehörde Berlin am Friedrich-Krause-Ufer 24 in Berlin-Moabit. Er war den dortigen Mitarbeitern schon lange bekannt und wurde aufgefordert, einen Passantrag für ein Rückreisedokument in den Libanon auszufüllen. Dieser Aufforderung kam der Angeklagte ohne Angabe von Gründen nicht nach.

Der Angeklagte hat sich nicht zum Anklagevorwurf geäußert.

Die Zeugin ... hat den Sachverhalt als Sachbearbeiterin der Ausländerbehörde so geschildert, wie er oben wiedergegeben ist. Sie hat erklärt, die persönlichen Daten des Angeklagten seien dort bekannt gewesen. Letztlich hätte er dort nur eine Unterschrift leisten müssen, was er jedoch ebenso abgelehnt habe, wie das Ausfüllen des Formulars.

Das Verhalten des Angeklagten erfüllt keinen Straftatbestand. Zunächst liegt kein Verstoß gegen die Regelung des § 49 Abs. 2 1. Alt. AufenthG vor. "Angaben" zu seinem Alter, seiner Identität oder Staatsangehörigkeit wurden vom Angeklagten nicht verlangt. Diese Daten waren der Ausländerbehörde bekannt. Das ergibt sich aus der Aussage der Zeugin ...

Dass der Angeklagte es abgelehnt hat, an der von ihm verlangten "Erklärung" mitzuwirken, lässt ebenfalls kein strafbares Verhalten erkennen. "Erklärungen" im Sinne des §§ 49 Abs. 1 2. Alt. AufenthG werden von der Strafbestimmung des §§ 95 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG nicht erfasst (OLG Celle, Urteil vom 14.2.2007). Die Strafvorschrift des § 95 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG bezieht sich schon nach ihrem Wortlaut nur auf "Angaben" im Sinne des § 49 Abs.1 1. Alt. AufenthG. "Erklärungen", die für die Zusammenarbeit mit Auslandsvertretungen benötigt werden, sind in § 95 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG nicht genannt. Dies wäre jedoch erforderlich gewesen, wenn der Gesetzgeber dort auch diese Variante des § 49 Abs. 1 AufenthG hätte erfassen wollen. [...]