AG Detmold

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Zitieren als:
AG Detmold, Urteil vom 13.10.2009 - 2 Ds-36 Js 526/09-499/09 - asyl.net: M17008
https://www.asyl.net/rsdb/M17008
Leitsatz:

Keine Strafbarkeit falscher Angaben gegenüber ausländischen Delegationen/Vertretungen in Deutschland (Erschleichen von Duldungen, § 95 AufenthG).

Schlagwörter: Ausländerstrafrecht, Duldung, falsche Angaben, Strafbarkeit, Ausländerbehörde, ausländische Delegation, Auslandsvertretung
Normen: AufenthG § 95 Abs. 2 Nr. 2, AufenthG § 95 Abs. 2 Nr. 5
Auszüge:

[...] Etwaige Falschangaben des Angeklagten am 27.02.2008 gegenüber der malischen Botschaft, auf die sich die Anklage ausdrücklich bezieht, erfüllen schon rechtlich nicht die Voraussetzungen einer Straftat nach § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG. Seit Inkrafttreten des zweiten Änderungsgesetzes zum Aufenthaltsgesetz am 28.08.2007 sind zwar falsche Angaben zur Erschleichung einer Duldung wieder unter Strafe gestellt, von der Vorschrift erfasst werden jedoch solche Angaben nur, wenn sie gegenüber der im Verfahren nach dem Aufenthaltsgesetz zuständigen Behörde gemacht oder benutzt werden, das heißt gegenüber Ausländerbehörden, deutschen Auslandsvertretungen oder Grenzbehörden (vergl. Hofmann, Kommentar zum Ausländerrecht 2008, § 95 AufenthG. Rdnr. 27). Am 27.02.2008 äußerte sich der Angeklagte jedoch zu seinen Personalien gegenüber einer malischen Delegation/Vertretung in Deutschland. Bei dieser Anhörung war zwar ein Sachbearbeiter der Bundespolizei zugegen, aber nur in der Rolle des Beobachters und nicht als Erklärungsempfänger.

Eine Strafbarkeit der möglicherweise unrichtigen Angaben des Angeklagten am 27.02.2008 kommt auch nicht nach § 95 Abs. 1 Ziff. 5 AufenthG in Frage. Auch diese Vorschrift bezieht sich nur auf falsche oder unvollständige Angaben bzgl. des eigenen Alters, der eigenen Identität und der eigenen Staatsangehörigkeit gegenüber der mit dem Vollzug des Ausländerrechts betrauten zuständigen Behörden, auf deren ausdrückliches Verlangen hin. Von der Vertretung eines ausländischen Staates geforderte Erklärungen werden von der Strafbestimmung des § 95 Abs. 1 Nr. 5 nicht erfasst (vergl. Hofmann, Kommentar zum Ausländerrecht, 2008, § 95 AufenthG Rdnr. 13, OLG Celle, Urteil vom 14.02.2007 zitiert bei Juris).

Dass der Angeklagte zu einem anderen Zeitpunkt zwischen dem 28.08.2007 und dem 27.02.2008 auf ausdrückliches und erneutes qualifiziertes Verlangen der Detmolder Ausländerbehörde gegenüber die möglicherweise unrichtigen Angaben wiederholt hat, ist nicht ersichtlich. Seine früheren, möglicherweise falschen Angaben zur Beschaffung von Duldungen, sind wegen der zwischenzeitlichen Straffreiheit, die sich aus § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG alter Fassung ergab, ohnehin nicht strafbar. Nach allem war der Angeklagte vom Anklagevorwurf aus rechtlichen Gründen auf Kosten der Landeskasse, die nach § 467 StPO auch seine notwendigen Auslagen zu tragen hat, freizusprechen. [...]