OLG Köln

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Zitieren als:
OLG Köln, Beschluss vom 21.06.2010 - AuslA 106/08 - asyl.net: M17563
https://www.asyl.net/rsdb/M17563
Leitsatz:

Unzulässigkeit einer Auslieferung nach Ägypten zum Zwecke der Strafverfolgung, da die dortigen Haftbedingungen völkerrechtlichen Mindeststandards und den unabdingbaren verfassungsrechtlichen Grundsätzen nicht entsprechen.

Schlagwörter: Auslieferung, Auslieferungsrecht, Auslieferungshaft, Ägypten, Haftbedingungen, unmenschliche Behandlung, Zulässigkeit
Normen: IRG § 73, GG Art. 25
Auszüge:

[...]

Die Auslieferung widerspricht - jedenfalls nicht ausschließbar - wesentlichen Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung, § 73 IRG.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts haben deutsche Gerichte in Auslieferungsverfahren zu prüfen, ob die Auslieferung und die ihr zugrunde liegenden Akte mit dem nach Art. 25 GG in der Bundesrepublik Deutschland verbindlichen völkerrechtlichen Mindeststandard und mit den unabdingbaren verfassungsrechtlichen Grundsätzen ihrer öffentlichen Ordnung vereinbar sind. Dazu zählt, dass eine verhängte Strafe nicht grausam, unmenschlich oder erniedrigend sein darf. Die zuständigen Organe der Bundesrepublik sind deshalb gehindert, an der Auslieferung eines Verfolgten mitzuwirken, wenn damit gerechnet werden muss, dass der Verfolgte nach einer Auslieferung einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt sein wird (BVerfG, 2 BvR 685/03, vom 24.6.2003; StV im Rahmen der Strafvollstreckung 2004, 440; OLG Köln NStZRR 2009, 141; OLG Frankfurt, B. v. 24.02.1999 - 2 Ausl I 17/95, StV 1999, 264; Schomburg/ Lagodny/Gleß/Hackner, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 4. Auflage 2006, § 73 IRG Rz. 67 ff).

Das Auswärtige Amt hat auf Anfrage der Generalstaatsanwaltschaft mit Schreiben vom 6.11.2009 mitgeteilt, die Haftbedingungen in ägyptischen Gefängnissen seien sehr schwierig. Die Unterbringung erfolge in Gruppenzellen, deren Belegungszahl aufgrund der grundsätzlichen Überbelegung der dortigen Gefängnisse oft dem Doppelten der Regelbelegung entspreche. Die Ausstattung der Zellen und die hygienischen Verhältnisse seien daher problematisch. Ansteckende Krankheiten verbreiteten sich unter diesen Bedingungen rasend schnell. Eine medizinische Versorgung der Gefangenen gebe es praktisch nicht. Die Ernährung sei einseitig. Die Häftlinge müssten darauf hoffen, von Verwandten oder Freunden mit Nahrungsmitteln oder Medikamenten versorgt zu werden. An den von Amnesty International in einem Länderbericht aus dem Jahre 2002 geschilderten unmenschlichen Haftbedingungen in ägyptischen Gefängnissen infolge mangelnder Hygiene, unzureichender Ernährung und mangelnder ärztlicher Versorgung, die zu Tuberkulose, Hautkrankheiten oder Lähmungserscheinungen führten, hat sich danach nichts geändert.

Das Auswärtige Amt hat auch keine Erklärungen dahingehend abgegeben, dass die Bundesrepublik die Bewilligung der Auslieferung von der Zusicherung der Republik Ägypten abhängig machen wird, dass völkerrechtliche Mindeststandards eingehalten werden und deutsche Konsularbeamte die ausgelieferte Person in der Haftanstalt besuchen dürfen. [...]