VG Gießen

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Zitieren als:
VG Gießen, Beschluss vom 02.11.2010 - 6 K 4648/10.GI - asyl.net: M17831
https://www.asyl.net/rsdb/M17831
Leitsatz:

Die örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts für die Klage eines unerlaubt eingereisten Ausländers gegen einen Verteilungsbescheid, mit dem er gemäß § 15a Abs. 4 S. 1 AufenthG der Aufnahmeeinrichtung eines anderen Bundeslandes zugewiesen worden ist, richtet sich jedenfalls dann, wenn der Kläger der Verteilungsentscheidung im Zeitpunkt der Klageerhebung gefolgt ist, gemäß § 52 Nr. 5 VwGO nach dem Sitz der den Bescheid erlassenden Behörde.

(Amtlicher Leitsatz)

Schlagwörter: örtliche Zuständigkeit, Verwaltungsgericht, Verteilungsverfahren, Wohnsitz
Normen: AufenthG § 15a Abs. 4 S. 1, AufenthG § 15a Abs. 1, AufenthG § 15a Abs. 3 S. 3, VwGO § 52 Nr. 5, AGVwGO-NRW § 1 Abs. 2b, VwGO § 52 Nr. 3 S. 2, VwGO § 52 Nr. 3 S. 3, VwGO § 52 Nr. 5, ZustAVO § 9, OBG-NRW § 4 Abs. 1
Auszüge:

[...]

Die Klage gegen den Verteilungsbescheid der Bezirksregierung Arnsberg vom 04.10.2010, mit dem der Kläger gemäß § 15a Abs. 4 S. 1 i.V.m. § 15a Abs. 1, Abs. 3 S. 3 AufenthG der Aufnahmeeinrichtung ... des Landes Hessen in ... zugewiesen worden ist, ist gemäß § 83 S. 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 S. 1 GVG an das zuständige Verwaltungsgericht Arnsberg zu verweisen.

Gemäß § 52 Nr. 5 VwGO i.V.m. § 1 Abs. 2b des AGVwGO-NRW ist die örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Arnsberg gegeben. Zwar liegt hier grundsätzlich ein Fall des § 52 Nr. 3 Satz 2 VwGO vor, wonach bei einer Behörde, deren Zuständigkeit sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt, das Verwaltungsgericht örtlich zuständig ist, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Wohnsitz hat. Maßgebend ist vorliegend aber die Ausnahme des § 52 Nr. 3 Satz 3 VwGO, wonach sich bei Fehlen eines solchen Wohnsitzes innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde die Zuständigkeit des Gerichts nach § 52 Nr. 5 VwGO richtet, so dass das Verwaltungsgericht örtlich zuständig ist, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz hat. Denn der Kläger hat - unbeschadet der Frage, ob sein Aufenthalt in einer Erstaufnahmeeinrichtung überhaupt einen Wohnsitz im Sinne des § 7 BGB begründet - in dem für die Bestimmung der gerichtlichen Zuständigkeit maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung keinen Wohnsitz im Zuständigkeitsbereich der Bezirksregierung Arnsberg. Diese ist für den Aufenthaltsort des Klägers ... nicht örtlich zuständig.

Etwas anderes ergibt sich insoweit nicht daraus, dass die Bezirksregierung Arnsberg die gemäß § 15a Abs. 1, Abs. 3 Satz 3 AufenthG getroffene Verteilungsentscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in Form eines Verteilungsbescheides umgesetzt hat und dadurch der Gerichtsbezirk des Verwaltungsgerichts Gießen betroffen ist (a. A. offenbar das VG Düsseldorf in seinen nicht näher begründeten Verweisungsbeschlüssen vom 15.10.2009 – Az.: 8 K 2676/09 – und 29.04.2010 – Az.: 8 K 2096/10). Denn die hier streitige Zuweisung des Klägers gemäß § 15a Abs. 4 Satz 1 AufenthG zu der Aufnahmeeinrichtung ... des Landes Hessen in ... stellt lediglich den Inhalt der getroffenen Entscheidung dar und betrifft nicht die dieser Entscheidung vorausgehende Frage der örtlichen Zuständigkeit der Bezirksregierung Arnsberg. Letztere ergibt sich aus § 9 der Verordnung über Zuständigkeiten im Ausländerwesen (ZustAVO, GV. NRW 2005, 50), weil der Kläger zunächst bei einer Ausländerbehörde im territorialen Bereich des Landes Nordrhein-Westfalen, nämlich derjenigen der Stadt ..., vorgesprochen hat (vgl. allgemein zur Zuständigkeit der Ausländerbehörden in Nordrhein-Westfalen gemäß § 4 Abs. 1 OBG-NRW, OVG NRW, Beschluss vom 11.03.2008, InfAuslR 2008, 250). [...]