VGH Hessen

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Zitieren als:
VGH Hessen, Urteil vom 15.09.2010 - 5 A 1985/08.A - asyl.net: M17910
https://www.asyl.net/rsdb/M17910
Leitsatz:

1. Rechtmäßiger Widerruf einer Asylanerkennung, da der Kläger mehrfach strafrechtlich verurteilt wurde, zuletzt zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten, die die gesetzlich vorgesehene Grenze von mindestens drei Jahren erheblich überschreitet (§ 60 Abs. 8 S. 1 AufenthG).

2. Kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG. Der Ausnahmezustand besteht zwar weiterhin, und es kommt auch noch zu einer Vielzahl von Menschenrechtsverletzungen durch die Sicherheitskräfte und durch Dritte. Der Kläger gehört jedoch der muslimischen Minderheit in Sri Lanka (sog. Moors) an, weshalb er nicht unter den Verdacht der Unterstützung der LTTE geraten wird.

3. Der im Alter von fünf Jahren nach Deutschland geflüchtete Kläger wird in Sri Lanka auch seine Existenz sichern können (§ 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG). Er hat eine abgeschlossene Berufsausbildung als Maler und Lackierer; es ist auch davon auszugehen, dass er mit seinen fließenden Deutschkenntnissen in der erneut auflebenden Tourismusbranche Arbeit finden wird.

Schlagwörter: Widerruf, Widerrufsverfahren, Sri Lanka, Tamilen, LTTE, Frist, Straftat, Wiederholungsgefahr, erhebliche Gefahr für die Allgemeinheit, Prognose, Bewährung, Wegfall der Umstände, Abschiebungsverbot, Folter, Asylantrag, Muslime, Moors, extreme Gefahrenlage, Existenzgrundlage, Versorgungslage
Normen: AsylVfG § 73 Abs. 1 S. 1, AsylVfG § 73 Abs. 2a, AufenthG § 60 Abs. 8 S. 1, AufenthG § 60 Abs. 1, RL 2004/83/EG Art. 14 Abs. 4, AsylVfG § 3 Abs. 4, AsylVfG § 30 Abs. 4, AufenthG § 60 Abs. 2, AufenthG § 60 Abs. 7 S. 1
Auszüge:

[...]

Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen die Widerrufsbescheide des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 27. Juli 2005 und vom 23. November 2005 sowie die hilfsweise begehrte Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung von Abschiebungsverboten im Sinne von § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG zu Recht abgewiesen. Die Widerrufsbescheide des Bundesamtes erweisen sich nach der im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage (§ 77 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. Asyl Verfahrensgesetz - AsylVfG -) als rechtmäßig. Auch steht dem Kläger der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Feststellung des Vorliegens von Abschiebungsverboten im Sinne von § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht zu. [...]

Nach der Bestimmung des § 60 Abs. 8 Satz 1, 2. Alt. AufenthG findet § 60 Abs. 1 AufenthG keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Diese Regelung knüpft an die in Art. 14 Abs. 4, Alt. b) Qualifikationsrichtlinie für die Mitgliedstaaten vorgesehene Regelungsmöglichkeit an. § 60 Abs. 8 Satz 1, 2. Alt. AufenthG schließt nicht nur den Anspruch nach § 60 Abs. 1 AufenthG aus, sondern auch den Anspruch auf Asylanerkennung nach Art. 16a Abs. 1 Grundgesetz. Dies zeigen bereits die Regelungen in § 3 Abs. 4 und § 30 Abs. 4 AsylVfG (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. März 1 9 9 9 - 9 C 3 1 . 9 8 - , BVerwGE 109, 1).

Der Kläger ist mehrfach vorbestraft. Er wurde am 16. Februar 1998 durch das Amtsgericht Frankfurt am Main rechtskräftig wegen gemeinschaftlichen schweren Raubes in Tateinheit mit Körperverletzung verwarnt. Am 14. Oktober 1999 verurteilte ihn das Amtsgericht Frankfurt am Main wegen schweren Raubes zu einer neun Monaten Jugendstrafe, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Unter Einbeziehung dieser Strafe verurteilte das Amtsgericht Frankfurt am Main den Kläger am 29. Juni 2000 wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einem Jahr Jugendstrafe. Am 16. Juli 2001 verurteilte ihn das Amtsgericht Frankfurt am Main rechtskräftig wegen vorsätzlicher Körperverletzung unter Einbeziehung der vorhergehenden Strafe zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten. Am 23. September 2003 verurteilte ihn das Landgericht Frankfurt am Main wegen gemeinschaftlichen Raubes zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten. Damit erfüllt der Kläger die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1, 2. Alt. AufenthG, denn er ist mehrfach wegen Verbrechen verurteilt worden, zuletzt zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten, die die gesetzlich vorgesehene Grenze von mindestens drei Jahren erheblich überschreitet.

Allerdings führt die rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren nicht zwangsläufig zum Widerruf der Asylanerkennung und der Flüchtlingseigenschaft, sondern nur dann, wenn im Einzelfall eine konkrete Wiederholungsgefahr festgestellt wird, denn § 60 Abs. 8 Satz 1, 2. Alt. AufenthG verlangt eine Gefahr für die Allgemeinheit zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Eine derartige Wiederholungsgefahr ist gegeben, wenn in Zukunft neue vergleichbare Straftaten des Betreffenden ernsthaft drohen. Bei dieser Prognose sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat oder Straftaten, die Umstände ihrer Begehung und das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsgutes, aber auch die Persönlichkeit des Täters, seine Entwicklung und seine Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt. Dabei ist die der gesetzlichen Regelung zu Grunde liegende Bewertung zu beachten, dass Straftaten, die so schwerwiegend sind, dass sie zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren geführt haben, typischerweise mit einer hohen Wiederholungsgefahr verknüpft sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. Oktober 2009 - 10 B 17.09 Juris; Urteil vom 16. November 2000 - 9 C 6.00 -, BVerwGE 112,185, zur wortgleichen Vorgängerregelung in § 51 Abs. 3 Satz 1,2. Alt. AuslG 1990).

In Anwendung dieser Grundsätze geht die derzeitige Prognose, ob vom Kläger auch in Zukunft die Gefahr neuer vergleichbarer Straftaten ernsthaft droht, zu seinen Lasten aus. Der Kläger ist in den Jahren 1998 bis 2003 insgesamt fünfmal verurteilt worden, und zwar wegen schweren und/oder gemeinschaftlichen Raubes und vorsätzlicher Körperverletzung, zuletzt zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten. Anhand dieser Entwicklung zeigt sich, dass der Kläger in dieser Zeit die Bindung an die geltende Rechtsordnung verloren hatte. Von den einzelnen Delikten - schwerer Raub und vorsätzliche Körperverletzung - ging dabei auch eine erhebliche Gefahr für die Allgemeinheit aus. Die Folge dieser Straftaten trägt bereits in sich starke Indizien dafür, dass der Kläger auch zukünftig Straftaten in diesem für die Allgemeinheit besonders gefährlichen Bereich begehen wird. Die gesetzliche Regelung geht bereits - wie oben ausgeführt - davon aus, dass Straftaten, die so schwerwiegend sind, dass sie zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren geführt haben, typischerweise mit einer hohen Wiederholungsgefahr verknüpft sind. Beim Kläger geht die letzte Verurteilung mit einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten noch deutlich über diese gesetzliche Grenze hinaus. Unterbrochen wurde die Folge von Straftaten durch den Kläger erst durch den Vollzug der Haftstrafe. Nunmehr befindet er sich seit dem 7. Februar 2008 nach Verbüßung der Strafen zu 2/3 auf Bewährung in Freiheit. In dieser Zeit hat er sich nach Auskunft seiner Bewährungshelferin sowie des Heimes, in dem er wohnt, an seine Bewährungsauflagen gehalten und hat sich nichts zu schulden kommen lassen. Auch hat er die gerichtlich ihm aufgegebene Behandlung in einem Suchtzentrum bis zu ihrer Beendigung am 30. September 2009 absolviert und lebt nach eigener Auskunft seitdem drogenfrei. Dies allein führt allerdings nicht zu einer Prognose dergestalt, dass nicht mehr von einer Wiederholungsgefahr im Bereich der bisher vom Kläger begangenen Delikte ausgegangen werden kann. Die seit der Entlassung aus der Strafhaft vergangene Zeit von zwei Jahren und sieben Monaten, in der er sich nichts hat zu schulden kommen lassen, lag sämtlich unter der Kontrolle der Bewährungszeit, in der dem Kläger bewusst sein musste, dass jeglicher weiterer Gesetzesverstoß zum Widerruf der Bewährung führen konnte. Auch wohnt er weiterhin in dem Heim des Vereins für private Hilfe an Gefährdeten und befindet sich auch dort deshalb unter regelmäßiger Betreuung und einer gewissen Kontrolle. Auch bei Einbeziehung seiner Kontakte und Fürsorge für seine Eltern sowie zu seiner Freundin in die Prognose ist deshalb zum gegenwärtigen Zeitpunkt davon auszugehen, dass auch weiterhin vom Kläger die Gefahr der Begehung entsprechender Straftaten für die Zukunft ernsthaft ausgeht. Dem steht die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Gießen, die Reststrafe des Klägers nach Verbüßung von 2/3 der Strafen zur Bewährung auszusetzen, nicht entgegen. Zum einen sind Entscheidungen der Strafgerichte weder für die für die Anwendung des § 60 Abs. 8 AufenthG zuständigen Behörden noch die Verwaltungsgerichte bindend, vielmehr müssen diese eine eigenständige Prognose hinsichtlich der Wiederholungsgefahr anstellen. In der strafgerichtlichen Entscheidung über die Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung stehen zum einen andere Gesichtspunkte im Vordergrund, wie etwa Resozialisierungsbestrebungen, zum anderen geschieht die Aussetzung zur Bewährung gerade, weil in der Bewährungszeit durch die Bewährungshilfe und weitere Auflagen der Entlassene einer gewissen Kontrolle unterliegt. Von dieser kann jedoch bei Erstellung der Prognose hinsichtlich einer Wiederholungsgefahr für die Zukunft nicht mehr ausgegangen werden, vielmehr ist die Frage zu beantworten, ob der Betreffende nach Ablauf der Bewährungszeit, das heißt wenn der Druck der bei Versagen drohenden Verbüßung der Reststrafe weggefallen ist, voraussichtlich straffrei bleiben wird. Diese Wertung geht derzeit - wie oben ausgeführt - zulasten des Klägers aus.

Damit sind die streitigen Widerrufsbescheide des Bundesamtes im Ergebnis nicht zu beanstanden. [...]

Es ist nicht erkennbar, dass für den Kläger in Sri Lanka die konkrete Gefahr besteht, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden (§ 60 Abs. 2 AufenthG).

Nach Beendigung des - mit Unterbrechungen - seit 1983 andauernden Bürgerkriegs zwischen der Zentralregierung und der tamilischen Rebellenorganisation LTTE (Liberation Tigers of Tamil Eelam) im Mai 2009 mit dem Sieg der srilankischen Armee ist die militärische Organisation der LTTE zerschlagen. In den von der Armee eingerichteten geschlossenen Lagern waren zunächst rund 300.000 Zivilpersonen untergebracht. Die jetzt noch 60.000 bis 90.000 Insassen haben die Möglichkeit, die Lager vorübergehend zu verlassen. Rund 9000 ehemalige LTTE-Kämpfer sind in geschlossenen sogenannten Rehabilitationslagern untergebracht, zu denen Hilfsorganisationen im Wesentlichen keinen Zugang haben. Der Alltag in Sri Lanka hat inzwischen weitgehend wieder zivilere Züge angenommen, die Zahl der Straßenkontrollen ist zurückgegangen und auch die Intensität der Kontrollen hat nachgelassen. Der Ausnahmezustand besteht jedoch weiterhin (AA, Lagebericht 16.06.2010). Es kommt weiterhin zu einer Vielzahl von Menschenrechtsverletzungen durch die Sicherheitskräfte und durch Dritte, häufig mit der Regierung zusammenarbeitende paramilitärische Gruppen. Da Angehörige der tamilischen Bevölkerungsgruppe häufig unter dem Generalverdacht der LTTE-Unterstützung stehen, sind sie besonderem Druck ausgesetzt. Das verschärfte Notstandsrechts gibt den Sicherheitsbehörden weitgehend Eingriffsrechte und gewährt nur eine sehr eingeschränkte richterliche Kontrolle. Menschenrechtsverletzungen werden kaum untersucht oder strafrechtlich verfolgt (AA, Lagebericht 16.06.2010). Auch der Druck auf regierungskritische Medien, Menschenrechtsverteidiger und Nichtregierungsorganisationen nimmt weiter zu. Auch Oppositionspolitiker sollen eingeschüchtert werden (Schweiz. FH 08.12.2009; NZZ 01.09.2009; NZZ 06.02.2010; NZZ 31.07.2010; AA, Lagebericht 16.06.2010). Bei den Präsidentschaftswahlen am 26. Januar 2010 ist Präsident Rajapakse mit deutlicher Mehrheit wiedergewählt worden. Der Gegenkandidat der Opposition Fonseka, der frühere Armeeoberbefehlshaber, wurde nach den Wahlen verhaftet und vor ein Militärgericht gestellt. Er wurde wegen Einmischung in politische Angelegenheiten während seiner Amtszeit verurteilt (FAZ 14.08.2010; Zastiral, NZZ 13.08.2010; AA, Lagebericht 16.06.2010). Mit einer Verfassungsänderung hat im September 2010 das von der Regierungspartei beherrschte Parlament in Sri Lanka Präsident Rajapakse noch mehr Macht verliehen. Die Amtszeitenbegrenzung wurde aufgehoben und die Befugnisse des Präsidenten bei der Besetzung zentraler Institutionen, wie Justiz, Polizei und Wahlkommission, weiter ausgeweitet. Wichtige zentrale Positionen nehmen Brüder des Präsidenten ein (FAZ 10.09.2010). Zwar gilt in Sri Lanka das Verbot der Folter. Doch seit ab Dezember 2006 die Prevention of Terrorism Act wieder angewandt wird, haben die Sicherheitsbehörden weitgehende Untersuchungsrechte. Foltervorwürfe gegen die Sicherheitskräfte haben wieder erheblich zugenommen. Diese werden nur in wenigen Fällen gerichtlich untersucht (AA, Lagebericht 16.06.2010). Die Todesstrafe existiert weiter, wird aber seit 1977 nicht mehr vollstreckt. Ein Asylantrag im Ausland wird von vielen in Sri Lanka als legitimer Versuch angesehen, sich einen Aufenthaltsstatus im Ausland zu verschaffen. Er begründet grundsätzlich keinen Verdacht, der LTTE nahezustehen. Tamilische Rückkehrer sind jedoch häufig entsprechendem Misstrauen und Schikanen der Sicherheitsorgane ausgesetzt (AA, Lagebericht 16.06.2010).

Aus diesen Tatsachen folgt für den Kläger nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit, dass er bei einer Rückkehr nach Sri Lanka der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen werden wird. Eine derartige beachtliche Wahrscheinlichkeit lässt sich bereits nicht allgemein für jeden Rückkehrer tamilischer Abstammung feststellen. Der Kläger ist zudem ausweislich seines Namens als Angehöriger der eigenständigen Bevölkerungsgruppe der muslimischen Minderheit in Sri Lanka, der sogenannten "Moors", zu erkennen.

Bei diesen handelt es sich nach Rechtslage und eigenem Selbstverständnis um eine eigene Volksgruppe, die zwar Tamil spricht, ethnisch jedoch anderen Ursprungs ist. Ihr gehören ungefähr 8% der Gesamtbevölkerung an. Ihre politischen Vertreter standen der Errichtung eines eigenen Tamilenstaates sehr kritisch gegenüber. Schon in den neunziger Jahren kam es immer wieder zu Angriffen der LTTE auf die Muslime, diese wurden aus ihren angestammten Siedlungsgebieten im Norden, häufig auch im Osten Sri Lankas im Rahmen des Versuchs einer sogenannten "ethnischen Säuberung" vertrieben (AA, Lageberichte 03.06.1998; 28.04.2000; 16.06.2010). In den singhalesischen Landesteilen hat sich diese Minderheit weitgehend assimiliert, während das Zusammenleben von Muslimen und Tamilen im Norden und Osten weiterhin nicht spannungsfrei ist.

Der Kläger ist bereits mit fünf Jahren aus Sri Lanka ausgereist. Außerdem ist er aufgrund seines Namens als Angehöriger der muslimischen, nicht der tamilischen Minderheit erkennbar, auch wenn er persönlich - wie er in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat - sich keiner Religion zugehörig fühlt. Die Gefahr, bei einer Rückkehr unter den Verdacht der Unterstützung der LTTE gestellt zu werden, lässt sich deshalb nicht erkennen. Insofern scheidet die Gefahr, aus diesem Grund von Folter bedroht zu sein, aus. Auch für das Vorliegen der weiteren Abschiebungsverbote des § 60 Abs. 3 bis 5 AufenthG gibt es keine Anhaltspunkte.

Auch ein Extremfall, der einen Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG begründet, lässt sich nicht erkennen. Durch die Abschiebung nach Sri Lanka würde der Kläger nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit in eine Gefahrenlage verletzt, die dort für ihn eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit bedeuten würde.

Mit Ausnahme des Nordens und weniger Gebiete im Osten ist in Sri Lanka die Grundversorgung gewährleistet (AA, Lagebericht 16.06.2010). Zurückkehrende Asylbewerber sind in der Anfangsphase häufig auf Hilfe angewiesen. Diese wird in Sri Lanka traditionsgemäß durch Familienangehörige und Freunde geleistet. Der Kläger hat nach eigenem Bekunden keine Kontakte nach Sri Lanka. Dies ist angesichts der Tatsache, dass er bereits mit fünf Jahren das Land verlassen hat, glaubhaft. Allerdings hält auch er es für möglich, dass seine Eltern weiterhin noch Kontakte nach Sri Lanka haben. Er spricht nach eigenem Bekunden Tamil, wenn er es auch nicht schreiben und lesen kann. Mit seiner abgeschlossenen Berufsausbildung als Maler- und Lackierer, sowie seinen fließenden Deutschkenntnissen ist allerdings davon auszugehen, dass sich ihm auch bei einer Rückkehr nach Sri Lanka die Möglichkeit bietet, sich dort wirtschaftlich eine Existenz aufzubauen, etwa in seinem erlernten Beruf oder der erneut auflebenden Tourismusbranche. Eine beachtliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Kläger bei einer Rückkehr nach Sri Lanka dort nicht überleben könnte, besteht nicht. [...]