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Zitieren als:
EuGH, Urteil vom 05.05.2011 - McCarthy v. UK, C-434/09 - asyl.net: M18531
https://www.asyl.net/rsdb/M18531
Leitsatz:

EU-Bürger, die noch nie ihr Recht auf Freizügigkeit ausgeübt haben, können sich nicht auf die Unionsbürgerrichtlinie berufen, um den Aufenthalt ihres aus einem Drittstaat stammenden Ehegatten zu legalisieren. (Aus der Pressemitteilung des EuGH Nr. 43/11 vom 5.5.2011)

Schlagwörter: Vorabentscheidungsverfahren, EuGH, Unionsbürger, Unionsbürgerrichtlinie, freizügigkeitsberechtigt, Aufenthaltserlaubnis, Familienangehörige
Normen: EG Art. 234, RL 2004/38/EG Art. 3 Abs. 1, RL 2004/38/EG Art. 16, AEUV Art. 21, RL 2004/38/EG Art. 1 Bst. a, AEUV Art. 20 Abs. 1
Auszüge:

[...]

Zur Anwendbarkeit der Richtlinie 2004/38

30 Im ersten Teil der vorliegenden, vom Gerichtshof umformulierten Frage geht es darum, ob Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 dahin auszulegen ist, dass diese Richtlinie auf einen Bürger in der Lage von Frau McCarthy anwendbar ist, der noch nie von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat, der sich stets in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, aufgehalten hat und der sich im Übrigen im Besitz der Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats befindet.

31 Eine grammatikalische, teleologische und systematische Auslegung dieser Bestimmung führt dazu, diese Frage zu verneinen.

32 Erstens nämlich ist Berechtigter im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 jeder Unionsbürger, der sich in einen "anderen" als den Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, "begibt" oder sich dort aufhält.

33 Zweitens trifft zwar zu, dass – wie in Randnr. 28 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist – die Richtlinie 2004/38 die Ausübung des jedem Unionsbürger unmittelbar verliehenen elementaren und persönlichen Rechts, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, erleichtern und verstärken soll, doch betrifft ihr Gegenstand – wie aus ihrem Art. 1 Buchst. a hervorgeht – die Bedingungen, unter denen dieses Recht ausgeübt wird.

34 Da – wie in Randnr. 29 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist – der Aufenthalt einer Person, die in dem Mitgliedstaat wohnt, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, keinen Bedingungen unterworfen werden kann, kann die Richtlinie 2004/38, die die Bedingungen für die Ausübung des Rechts betrifft, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, nicht dazu bestimmt sein, auf einen Unionsbürger Anwendung zu finden, der aufgrund der Tatsache, dass er sich in dem Mitgliedstaat aufhält, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, über ein nicht an Bedingungen geknüpftes Aufenthaltsrecht verfügt.

35 Drittens geht aus der Richtlinie 2004/38 als Ganzes hervor, dass der Aufenthalt im Sinne der Richtlinie mit der Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit in Zusammenhang steht.

36 So definiert zunächst Art. 1 Buchst. a dieser Richtlinie deren Gegenstand unter Bezugnahme auf "das" Recht "auf Freizügigkeit und Aufenthalt" innerhalb des Hoheitsgebiets der Mitgliedstaaten, das Unionsbürger genießen. Eine solche Wechselbeziehung zwischen Aufenthalt und Freizügigkeit ergibt sich zudem sowohl aus dem Titel dieser Richtlinie als auch aus den meisten ihrer Erwägungsgründe, deren zweiter im Übrigen ausschließlich auf die Freizügigkeit Bezug nimmt.

37 Ferner betreffen die Aufenthaltsrechte im Sinne der Richtlinie 2004/38, also sowohl das in deren Art. 6 und 7 vorgesehene Aufenthaltsrecht als auch das Recht auf Daueraufenthalt nach ihrem Art. 16, den Aufenthalt eines Unionsbürgers entweder im Gebiet "eines anderen Mitgliedstaats" oder "im Aufnahmemitgliedstaat" und regeln somit die Rechtsstellung eines Unionsbürgers in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt.

38 Schließlich bezeichnet zwar – wie in Randnr. 32 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist – Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 als "Berechtigten" im Sinne dieser Richtlinie jeden Unionsbürger, der sich in einen Mitgliedstaat begibt oder sich dort aufhält, doch ist ihrem Art. 22 zu entnehmen, dass sich der räumliche Geltungsbereich des Rechts auf Aufenthalt und des Rechts auf Daueraufenthalt im Sinne dieser Richtlinie auf das gesamte Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats erstreckt, der in deren Art. 2 Nr. 3 als der Mitgliedstaat definiert wird, in den sich der Unionsbürger "begibt", um dort "sein" Recht auf Freizügigkeit oder Aufenthalt innerhalb des Hoheitsgebiets der Mitgliedstaaten auszuüben.

39 Daher fällt ein Unionsbürger in einem Kontext wie dem des Ausgangsverfahrens, soweit er noch nie von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht und sich stets in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, nicht unter den Begriff "Berechtigter" im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38, so dass diese auf ihn nicht anwendbar ist.

40 Auf diese Feststellung kann es keinen Einfluss haben, dass dieser Bürger auch die Staatsangehörigkeit eines anderen als des Mitgliedstaats besitzt, in dem er sich aufhält.

41 Dass ein Bürger die Staatsangehörigkeit mehr als eines Mitgliedstaats besitzt, bedeutet insoweit nämlich nicht, dass er von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hätte.

42 Schließlich ist auch darauf hinzuweisen, dass, da ein Unionsbürger wie Frau McCarthy nicht unter den Begriff "Berechtigter" im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 fällt, auch sein Ehegatte nicht unter diesen Begriff fällt, da die durch diese Richtlinie den Familienangehörigen eines nach ihr Berechtigten verliehenen Rechte keine eigenen Rechte dieser Angehörigen, sondern abgeleitete Rechte sind, die sie als Familienangehörige des Berechtigten erworben haben (vgl. in Bezug auf die vor dem Inkrafttreten der Richtlinie 2004/38 geltenden Rechtsvorschriften der Union Urteile vom 8. Juli 1992, Taghavi, C-243/91, Slg. 1992, I-4401, Randnr. 7, und Eind, Randnr. 23).

43 Folglich ist Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 dahin auszulegen, dass diese Richtlinie auf einen Unionsbürger, der noch nie von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat, der sich stets in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, aufgehalten hat und der sich im Übrigen im Besitz der Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats befindet, nicht anwendbar ist.

Zur Anwendbarkeit von Art. 21 AEUV

44 Im zweiten Teil der vorliegenden, vom Gerichtshof umformulierten Frage geht es darum, ob Art. 21 AEUV auf einen Unionsbürger anwendbar ist, der noch nie von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat, der sich stets in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, aufgehalten hat und der sich im Übrigen im Besitz der Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats befindet.

45 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit und die zur Durchführung dieser Bestimmungen erlassenen Maßnahmen nicht auf Sachverhalte anwendbar sind, die keine Berührung mit irgendeinem der Sachverhalte aufweisen, auf die das Unionsrecht abstellt, und die mit keinem relevanten Element über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweisen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 1. April 2008, Gouvernement de la Communauté française und Gouvernement wallon, C-212/06, Slg. 2008, I-1683, Randnr. 33, sowie Metock u. a., Randnr. 77).

46 Allerdings kann die Lage eines Unionsbürgers, der wie Frau McCarthy vom Recht auf Freizügigkeit keinen Gebrauch gemacht hat, nicht allein aus diesem Grund einer rein internen Situation gleichgestellt werden (vgl. Urteil vom 12. Juli 2005, Schempp, C-403/03, Slg. 2005, I-6421, Randnr. 22).

47 Der Gerichtshof hat nämlich mehrfach hervorgehoben, dass der Unionsbürgerstatus dazu bestimmt ist, der grundlegende Status der Angehörigen der Mitgliedstaaten zu sein (vgl. Urteil vom 8. März 2011, Ruiz Zambrano, C-34/09, Slg. 2011, I-0000, Randnr. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung). Er hat ferner entschieden, dass Art. 20 AEUV nationalen Maßnahmen entgegensteht, die bewirken, dass den Unionsbürgern der tatsächliche Genuss des Kernbestands der Rechte, die ihnen dieser Status verleiht, verwehrt wird (vgl. Urteil Ruiz Zambrano, Randnr. 42).

48 Als Staatsangehörige mindestens eines Mitgliedstaats genießt eine Person wie Frau McCarthy den Unionsbürgerstatus gemäß Art. 20 Abs. 1 AEUV und kann sich daher auch gegenüber ihrem Herkunftsmitgliedstaat auf die mit diesem Status verbundenen Rechte berufen, insbesondere auf das Recht aus Art. 21 AEUV, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (vgl. Urteil vom 10. Juli 2008, Jipa, C-33/07, Slg. 2008, I-5157, Randnr. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).

49 Allerdings lässt nichts an der Lage von Frau McCarthy, wie sie das vorlegende Gericht dargestellt hat, erkennen, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Maßnahme bewirkte, dass ihr der tatsächliche Genuss des Kernbestands der mit ihrem Unionsbürgerstatus verbundenen Rechte verwehrt oder die Ausübung des Rechts, sich gemäß Art. 21 AEUV im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, behindert würde. Dass die Behörden des Vereinigten Königreichs die irische Staatsangehörigkeit von Frau McCarthy für die Zwecke außer Acht gelassen haben, ihr ein Aufenthaltsrecht im Vereinigten Königreich zuzuerkennen, berührt diese nämlich weder in ihrem Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, noch im Übrigen in irgendeinem anderen Recht, das ihr durch den Unionsbürgerstatus verliehen wird.

50 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Maßnahme, anders als es für die Rechtssache kennzeichnend war, in der das Urteil Ruiz Zambrano ergangen ist, nicht bewirkt, dass Frau McCarthy verpflichtet wäre, das Hoheitsgebiet der Union zu verlassen. Wie aus Randnr. 29 des vorliegenden Urteils hervorgeht, steht ihr nach einem völkerrechtlichen Grundsatz im Vereinigten Königreich nämlich ein nicht an Bedingungen geknüpftes Aufenthaltsrecht zu, da sie die Staatsangehörigkeit des Vereinigten Königreichs besitzt.

51 Das Ausgangsverfahren unterscheidet sich auch von demjenigen, das dem Urteil vom 2. Oktober 2003, Garcia Avello (C-148/02, Slg. 2003, I-11613), zugrunde lag. In diesem Urteil hat der Gerichtshof nämlich entschieden, dass die Anwendung der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats auf Staatsangehörige dieses Mitgliedstaats, die auch die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats haben, bewirkte, dass diese Unionsbürger nach den beiden betreffenden Rechtssystemen unterschiedliche Familiennamen führten und dass diese Situation für sie zu schwerwiegenden Nachteilen beruflicher wie auch privater Art führen konnte, die insbesondere aus den Schwierigkeiten resultieren können, in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, rechtliche Wirkungen von Urkunden oder Schriftstücken in Anspruch zu nehmen, die auf den Namen ausgestellt wurden, der in dem anderen Mitgliedstaat anerkannt ist, dessen Staatsangehörigkeit sie ebenfalls besitzen.

52 Wie der Gerichtshof im Urteil vom 14. Oktober 2008, Grunkin und Paul (C-353/06, Slg. 2008, I-7639), in einem Kontext wie dem im Urteil Garcia Avello geprüften ausgeführt hat, kommt es nicht darauf an, ob die Unterschiedlichkeit der Nachnamen aus der doppelten Staatsangehörigkeit der Betroffenen folgt, sondern vielmehr darauf, dass diese Unterschiedlichkeit für die Unionsbürger zu schwerwiegenden Nachteilen führen konnte, die eine Behinderung der Freizügigkeit darstellten, die allenfalls dann gerechtfertigt wäre, wenn sie auf objektiven Erwägungen beruhte und in einem angemessenen Verhältnis zum legitimerweise verfolgten Zweck stünde (vgl. in diesem Sinne Urteil Grunkin und Paul, Randnrn. 23, 24 und 29).

53 So hatte die in den Rechtssachen Ruiz Zambrano und Garcia Avello in Rede stehende nationale Maßnahme bewirkt, dass Unionsbürgern der tatsächliche Genuss des Kernbestands der durch diesen Status verliehenen Rechte verwehrt oder die Ausübung ihres Rechts, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, behindert wurde.

54 Wie in Randnr. 49 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, führt aber im Kontext des Ausgangsverfahrens der Umstand, dass Frau McCarthy neben der Staatsangehörigkeit des Vereinigten Königreichs auch die irische Staatsangehörigkeit besitzt, nicht zur Anwendung von Maßnahmen eines Mitgliedstaats, die bewirkten, dass ihr der tatsächliche Genuss des Kernbestands der ihr durch den Unionsbürgerstatus verliehenen Rechte verwehrt oder dass die Ausübung ihres Rechts, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, behindert würde. In einem solchen Kontext kann ein derartiger Umstand für sich genommen daher nicht ausreichen, um die Situation der betroffenen Person als von Art. 21 AEUV erfasst anzusehen.

55 Demnach ist festzustellen, dass die Situation einer Person wie Frau McCarthy keine Berührung mit irgendeinem der Sachverhalte aufweist, auf die das Unionsrecht abstellt, und dass diese Situation mit keinem relevanten Element über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweist.

56 Folglich ist Art. 21 AEUV auf einen Unionsbürger, der noch nie von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat, der sich stets in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, aufgehalten hat und der sich im Übrigen im Besitz der Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats befindet, nicht anwendbar, sofern die Situation dieses Bürgers nicht von der Anwendung von Maßnahmen eines Mitgliedstaats begleitet ist, die bewirkten, dass ihm der tatsächliche Genuss des Kernbestands der durch den Unionsbürgerstatus verliehenen Rechte verwehrt oder die Ausübung seines Rechts, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, behindert würde.

57 Nach alledem ist die erste Vorlagefrage wie folgt zu beantworten:

– Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 ist dahin auszulegen, dass diese Richtlinie auf einen Unionsbürger, der noch nie von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat, der sich stets in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, aufgehalten hat und der sich im Übrigen im Besitz der Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats befindet, nicht anwendbar ist.

– Art. 21 AEUV ist auf einen Unionsbürger, der noch nie von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat, der sich stets in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, aufgehalten hat und der sich im Übrigen im Besitz der Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats befindet, nicht anwendbar, sofern die Situation dieses Bürgers nicht von der Anwendung von Maßnahmen eines Mitgliedstaats begleitet ist, die bewirkten, dass ihm der tatsächliche Genuss des Kernbestands der durch den Unionsbürgerstatus verliehenen Rechte verwehrt oder die Ausübung seines Rechts, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, behindert würde. [...]

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

1. Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG ist dahin auszulegen, dass diese Richtlinie auf einen Unionsbürger, der noch nie von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat, der sich stets in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, aufgehalten hat und der sich im Übrigen im Besitz der Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats befindet, nicht anwendbar ist.

2. Art. 21 AEUV ist auf einen Unionsbürger, der noch nie von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat, der sich stets in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, aufgehalten hat und der sich im Übrigen im Besitz der Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats befindet, nicht anwendbar, sofern die Situation dieses Bürgers nicht von der Anwendung von Maßnahmen eines Mitgliedstaats begleitet ist, die bewirkten, dass ihm der tatsächliche Genuss des Kernbestands der durch den Unionsbürgerstatus verliehenen Rechte verwehrt oder die Ausübung seines Rechts, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, behindert würde.