VG Bremen

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VG Bremen, Beschluss vom 23.05.2012 - 4 V 320/12 - asyl.net: M19800
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Leitsatz:

Fragebögen und Protokolle einer Ehegattenbefragung sind nach positiver Feststellung des Bestehens einer ehelichen Lebensgemeinschaft zu löschen, da sich der Zweck der Speicherung erfüllt hat.

Schlagwörter: Fragebogen, Sperrung, Löschung, familiäre Lebensgemeinschaft, Datenschutz, informationelles Selbstbestimmungsrecht, eheliche Lebensgemeinschaft, begründeter Verdacht, verdachtsunabhängige Überprüfung, Scheinehe, Einwilligung, Aktenvollständigkeit, Grundsatz der Aktenvollständigkeit, unzulässige Datenspeicherung, Datenspeicherung, Speicherung, informationelle Selbstbestimmung, Datenschutz, Löschfrist, Aufbewahrungsfrist,
Normen: AufenthG § 28, BremDSG § 22 Abs. 3 Nr. 1, BremDSG § 2 Abs. 1, BremDSG § 2 Abs. 2 NR. 2, RL 2003/86/EG Art. 16 Abs. 4, AufenthG § 86 Abs. 1 S. 1, BremDSV § 12 Abs. 1 S. 2, AufenthV § 68, BremDSG § 22 Abs. 3 Nr. 2,
Auszüge:

[...]

Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ist zulässig und begründet.

1. Insbesondere wird durch den Antrag nicht die Hauptsache unzulässigerweise vorweggenommen. Die hier begehrte vorläufige Sperrung der Daten - mit der Folge eines weitgehenden Nutzungsverbot der Fragebögen - stellt sich im Verhältnis zu der durch § 22 Abs. 3 Nr. 1 BremDSG im Falle der unzulässigen Datenspeicherung vorgesehenen Datenlöschung als nur vorläufige Maßnahme dar. Dem Erlass einer einstweiligen Anordnung steht auch nicht entgegen, dass § 22 BremDSG eine Sperrung personenbezogener Daten für den Fall der unzulässigen Speicherung nicht vorsieht. Im Rahmen des im einstweiligen Anordnungsverfahren bestehenden weiten Ermessens kann das Gericht als vorläufige Maßnahme die Sperrung der Daten zur Sicherung eines im Hauptsacheverfahren bestehenden Anspruchs auf Löschung nach § 22 Abs. 3 BremDSG anordnen (vgl. Simitis/Mallmann, BDSG, 7. Aufl., § 20 Rn 106; Hess. VGH, Beschl. v. 27.03.1990 - 7 TG 3310/88 - = RDV 1991, 149; VG Frankfurt a.M., Beschl. v. 27.08.1996 - 5 G 1630/96 (3) - = NJW 1996, 675; VG Bremen, Beschl. v. 15.09.2011, 4 V 732/11).

Für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung besteht auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Nach Ablehnung der Datensperrung durch die Antragsgegnerin ist ein einfacherer und billigerer Weg nicht erkennbar. Nachdem der Antragsteller zu 1. nunmehr auch im Besitz der Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG ist und ihm der Umzug nach ... zu seiner Ehefrau damit möglich ist, drohen auch die zeitnahe Übermittlung der Ausländerakte an die Ausländerbehörde in ... und damit eine weitere Datenverarbeitung im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BremDSG mit der Folge einer möglichen Intensivierung des zu prüfenden Eingriffs in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.

2. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen nur summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage haben die Antragsteller in der Hauptsache einen Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen personenbezogenen Daten durch die ersatzlose Vernichtung der Fragebögen zur Feststellung der ehelichen Lebensgemeinschaft in der Ausländerakte des Antragstellers zu 1. bzw. der zugehörigen Fehltasche.

a. Die Antragsteller haben einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 22 Abs. 3 Nr. 1 BremDSG. Demnach sind personenbezogene Daten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig ist. Die seitens der Antragsteller ausgefüllten Fragebögen enthalten personenbezogene Daten, deren Speicherung unzulässig ist.

Gemäß § 2 Abs. 1 BremDSG sind personenbezogene Daten Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person. Die auf den Fragebögen vermerkten Antworten der Antragsteller auf die ihnen unterbreiteten Fragen stellen personenbezogene Daten in diesem Sinne dar. Sie haben ausschließlich persönliche und sachliche Verhältnisse der Antragsteller zum Gegenstand. [...]

Diese personenbezogenen Daten werden von der Antragsgegnerin auch gespeichert im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 2 BremDSG. Speichern ist demnach das Erfassen, Aufnehmen und Aufbewahren von Daten auf einem Datenträger zum Zwecke ihrer weiteren Verarbeitung, ungeachtet der dabei angewendeten Verfahren. Die Fragebögen sind in Papierform in der zur Ausländerakte des Antragstellers zu 1. gehörenden Fehltasche enthalten. Da die Speicherung ungeachtet der verwendeten Verfahren erfolgen kann, sind auch die in Behördenakten vorliegenden Papierbögen als Datenträger im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 2 BremDSG zu qualifizieren, so dass die personenbezogenen Daten der Antragsteller hier auf einem Datenträger aufbewahrt werden (vgl. Bay. LSG, Urt. v. 31.03.2011, Az. L 15 SB 80/06 - juris).

Entscheidend für die Frage der Zulässigkeit der Datenspeicherung ist, ob die Speicherung im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht oder nicht mehr durch eine Rechtsnorm oder die Einwilligung des Betroffenen gedeckt ist (vgl. Gola/Schomerus, aaO, Rn. 10 zu § 20 Abs. 2 Nr. 1 BDSG).

(1) Die Speicherung der Daten war möglicherweise bereits von vornherein unzulässig, sie wurde es jedenfalls spätestens mit dem Antrag auf Sperrung und Löschung der Aktenteile vom 26.01.2011. Gem. § 3 Abs. 1 BremDSG ist die Verarbeitung von Daten nur zulässig, wenn dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt oder zwingend voraussetzt (Nr. 1) oder der Betroffene eingewilligt hat (Nr. 2). Datenverarbeitung in diesem Sinne ist unter anderem das Erheben und Speichern von Daten (§ 2 Abs. 2 BremDSG).

Die erfolgte ausführliche Befragung der Eheleute zur Frage des Bestehens einer ehelichen Lebensgemeinschaft und damit das Erheben dieser personenbezogenen Daten sowie das Speichern der so erhobenen Daten ist indes nicht durch ein Gesetz (aa.) oder eine wirksame Einwilligung der Antragsteller (bb.), gedeckt.

(aa.) Die Ausländerbehörde ist gem. § 86 Abs. 1 Satz 1 AufenthG befugt, personenbezogene Daten zu erheben, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz und nach ausländerrechtlichen Bestimmungen in anderen Gesetzen erforderlich ist. Bei der Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung einer ehebezogenen Aufenthaltserlaubnis ist gem. § 27 Abs. 1a Nr. 1 AufenthG zu berücksichtigen, dass ein Familiennachzug nicht zugelassen wird, wenn feststeht, dass die Ehe ausschließlich zu dem Zweck geschlossen oder begründet wurde, dem Nachziehenden die Einreise in das und den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen. Die Vorschrift verhält sich indes nicht zu der Frage, wann die Behörde befugt ist, in entsprechende Ermittlungen einzutreten. Sie ist daher im Zusammenhang mit Art. 16 Abs. 4 RL EG 2003/86/EG zu sehen, wonach punktuelle Kontrollen erst bei einem begründeten Verdacht zulässig sind. Weitere Ermittlungen sind demnach erst erforderlich und zulässig, wenn im konkreten Fall bereits tatsächliche Anhaltspunkte bekannt sind, die einen konkreten Verdacht begründen, dass die Ehepartner entgegen ihrer Aussage keine eheliche Lebensgemeinschaft führen (vgl. GK-AufenthG/Marx, Stand 26. Mai 2008, Rn. 161 zu § 27; HK-AuslR/Müller, § 27 Rn. 27; Hailbronner AuslR, Stand Aug. 2008, § 27 Rn. 34).

Vorliegend hatte die Antragstellerin zu 2. bereits am 02.09.2009 gemeinsam mit dem Antragsteller zu 1. bei der Ausländerbehörde der Antragsgegnerin vorgesprochen und sich danach erkundigt, ob sich in der Akte die für die Eheschließung dringend benötigte Geburtsurkunde des Antragstellers zu 1. befinde. Nach am 30.10.2009 erfolgter Eheschließung sprachen die Eheleute erneut gemeinsam bei der Ausländerbehörde der Antragsgegnerin vor und beantragten die Erteilung einer ehebezogenen Aufenthaltserlaubnis. Diese gemeinsamen Vorsprachen der Eheleute stellten deutliche Anhaltspunkte für das tatsächliche Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft dar. Anhaltspunkte, die einen Anfangsverdacht für das Bestehen einer Scheinehe begründet hätten, sind dagegen nicht erkennbar. Eine Anfrage der Ausländerbehörde bei der Stadt ... ergab zwar, dass die Antragstellerin zu 2. mit Zweitwohnung in ... gemeldet und auch ihr Auto in ... zugelassen war. Diese Tatsachen stehen aber dem Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft nicht grundsätzlich entgegen, denn es ist durchaus üblich, dass Ehegatten etwa berufsbedingt getrennte Wohnsitze haben. Von einem begründeten Anfangsverdacht für das Bestehen einer Scheinehe konnte nach alledem jedenfalls keine Rede sein. So stellt auch die Sachbearbeiterin Frau ... (erst) nach Durchführung der getrennten Befragung der Eheleute in ihrem Vermerk vom 24.11.2009 fest, dass die Befragung der Eheleute einen Anfangsverdacht für das Vorliegen einer Scheinehe ergeben habe. Eine derartige, verdachtsunabhängige Befragung der Eheleute ist indes unzulässig.

(bb.) Darüber hinaus erscheint es fraglich, ob die Einwilligung der Antragsteller in die Erhebung der personenbezogenen Daten ursprünglich wirksam war. So bestehen jedenfalls im Hinblick darauf, dass die Ausländerbehörde zur Datenerhebung nicht berechtigt war, die Antragsteller aber den Eindruck gewinnen mussten, sie hätten keine andere Wahl, als die Fragen zu beantworten, bereits Zweifel an der erforderlichen Freiwilligkeit der Einwilligung. Gemäß § 3. Abs. 3 S. 3 BremDSG ist der jeweils Betroffene außerdem unter Hinweis auf die möglichen Rechtsfolgen darauf hinzuweisen, dass er die Einwilligung mit Wirkung für die Zukunft widerrufen kann. Dies ist im vorliegenden Fall nicht geschehen. Zwar wurden die Antragsteller auf die möglichen Rechtsfolgen der Verweigerung einer Einwilligung hingewiesen. Auf das ihnen zustehende Widerrufsrecht wurden sie jedoch nicht hingewiesen. Ob diese Umstände im Ergebnis zu einer Unwirksamkeit der Einwilligung führen, kann hier jedoch dahinstehen.

Denn jedenfalls haben die Antragsteller mit ihrem Antrag an die Ausländerbehörde Bremen vom 01.02.2011, die streitgegenständlichen Fragebögen aus der Ausländerakte des Antragstellers zu 1. zu entfernen und ersatzlos zu vernichten, ihre Einwilligung in die weitere Speicherung der erhobenen personenbezogenen Daten wirksam widerrufen. Hierdurch wurde der Behörde ex nunc die Rechtsgrundlage für das weitere Speichern und Verarbeiten der betroffenen personenbezogenen Daten entzogen (vgl. Gola/Schomerus, aaO, § 4 a, Rn. 18).

(2) Die in den Fragebögen enthaltenen personenbezogenen Daten sind darüber hinaus gem. § 22 Abs. 3 Nr. 2 BremDSG zu löschen, da ihre Kenntnis für die verantwortliche Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist.

Erforderlich ist die Speicherung personenbezogener Daten nicht mehr, wenn die Aufgabe, zu deren Erfüllung sie gespeichert würden, endgültig erledigt ist (vgl. Gola/Schomerus, aaO, Rn. 11 zu § 20 Abs. 2 Nr. 2 BDSG). Gem. § 12 Abs. 1 Satz 2 BremDSG dürfen personenbezogene Daten grundsätzlich nur für Zwecke verarbeitet werden, für die sie erhoben worden sind. Vorliegend wurden die personenbezogenen Daten erhoben und gespeichert zum Zwecke der Feststellung des Bestehens einer ehelichen Lebensgemeinschaft der Antragsteller und der Bescheidung des damit verbundenen Begehrens des Antragstellers zu 1. auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG zum Zwecke des Ehegattennachzugs.

Der Zweck, dessen Erfüllung die ausgefüllten Fragebögen dienen sollten, ist zwischenzeitlich erfüllt, nachdem das Bestehen der ehelichen Lebensgemeinschaft in der mündlichen Verhandlung der Kammer vom 27.02.2012 (Az.: 4 K 362/10) auch seitens der Antragsgegnerin festgestellt wurde, die Antragsgegnerin durch Urteil der Kammer vom 27.02.2012 zur Erteilung der begehrten Aufenthaltserlaubnis gem. § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG verpflichtet wurde und der Antragsteller zu 1. die begehrte Aufenthaltserlaubnis inzwischen erhalten hat. Die Aufgabe, der die Fragebögen dienen sollten, ist damit endgültig erledigt. Die erhobenen Daten können nicht mehr für den ursprünglich vorgesehenen Zweck verwendet werden. Dass vorliegend die Verarbeitung dieser Daten nach § 12 Abs. 2 BremDSG für andere Zwecke zulässig sein könnte, ist ebenfalls nicht erkennbar. Die in den Fragebögen enthaltenen Daten waren und sind somit spätestens seit der mündlichen Verhandlung vom 27.02.2012 bzw. der Erteilung der vom Antragsteller zu 1. begehrten Aufenthaltserlaubnis nicht mehr erforderlich für die rechtmäßige Erfüllung der Aufgaben der Antragsgegnerin.

Dem Anspruch auf Löschen der personenbezogenen Daten steht auch nicht die Regelung des § 22 Abs. 4 BremDSG entgegen. Danach kann die Löschung nach § 22 Abs. 3 Nr. 2 BremDSG oder Sperrung nach § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BremDSG von Daten, die wie vorliegend in einer Akte gespeichert sind, nur erfolgen, wenn die gesamte Akte zur Erfüllung der Aufgaben nicht mehr erforderlich ist. Der seitens der Antragsgegnerin erhobene Einwand, die Ausländerakte dürfe erst nach Ablauf der Löschfristen nach § 68 AufenthV vernichtet werden, greift hier zu kurz. Diese Vorschrift ist vorliegend schon deshalb nicht einschlägig, weil der Anspruch auf Löschung der Daten vorliegend nicht nur auf § 22 Abs. 3 Nr. 2 BremDSG, sondern auch auf § 22 Abs. 3 Nr. 1 BremDSG beruht. Das im Eilverfahren verfolgte Begehren der Datensperrung folgt ebenfalls nicht aus § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BremDSG, sondern aus der Möglichkeit der Kammer, im Eilverfahren die Datensperrung als Minus zum endgültigen Löschen der Daten zuzusprechen.

Auch der seitens des Bundesverfassungsgerichts gerade in Bezug auf Ausländerakten aufgestellte Grundsatz der Aktenvollständigkeit steht der Sperrung und späteren Löschung, d.h. ersatzlosen Vernichtung der Fragebögen nicht entgegen. Zwar stellen danach Ausländerakten die Grundlage allen weiteren behördlichen Handelns dar und müssen daher vollständig sein, wenn die Ausländerbehörde ihrer aus der Bindung an Gesetz und Recht und aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Pflicht zur Objektivität nachkommen können soll (vgl. BVerfG, Beschl. v. 06.06.1983 - 2 BvR 244/83, 2 BvR 310/83 -, NJW 1983, S. 2135). Die Pflicht zur vollständigen Aktenführung stehe der Entfernung von Informationen und Wertungen aus der Akte entgegen, wenn sie erst einmal rechtmäßig dort hingelangt seien. Auch soweit Informationen oder Wertungen nachträglich ihre Widerlegung gefunden hätten, stehe der Grundsatz der Aktenvollständigkeit der Entfernung der maßgeblichen Aktenbestandteile aus der Akte entgegen, denn die Entfernung aus der Akte würde die wahrheitsgetreue Dokumentation des historischen Geschehensablaufs verfälschen. Daran könne der Ausländer selbst kein rechtlich geschütztes Interesse haben, zumal die letztlich herausgefundene Unrichtigkeit der Ausgangsinformation keinem vernünftig handelnden künftigen Benutzer der Akte verborgen bleiben könne.

Aus diesem Grundsatz der Aktenvollständigkeit kann jedoch nicht gefolgert werden, dass hinsichtlich der Führung von Behördenakten kein Datenschutz existiert. Die Vollständigkeitspflicht mündet nicht in einen übergeordneten Grundsatz der Aktenvollständigkeit, welcher die Regelungen zum Datenschutz und damit das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aushebelt. Vielmehr sind die Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts heranzuziehen, um die Voraussetzung der "Erforderlichkeit" einer Datenspeicherung zu determinieren bzw. in Bezug auf das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung dessen Beeinträchtigung zu rechtfertigen (Bay. LSG, Urt. v. 31.03.2011, Az. L 15 SB 80/06 - juris).

Dies kann hier jedoch nur dazu führen, dass im Hauptsacheverfahren eine Löschung der erhobenen personenbezogenen Daten vorzunehmen ist. Das gilt zum einen bereits im Hinblick darauf, dass wie bereits dargestellt vieles dafür spricht, dass die personenbezogenen Daten in rechtswidriger Weise zur Akte gelangt sind und bereits aus diesem Grund kein besonderes Interesse an ihrem Verbleib in der Akte bestehen kann. Außerdem ist den auf den Fragebögen enthaltenen personenbezogenen Daten in keiner erdenklichen Weise entscheidungserheblicher Charakter zugekommen. Sie waren in keiner Weise ursächlich für die letztlich erfolgte Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG. Es ist daher auch nicht zum Zwecke der Rekonstruktion und Dokumentation der behördlichen Entscheidungsfindung erforderlich, diese Aktenteile in der Ausländerakte zu befassen.

b. Die Antragsteller haben auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Nachdem der Antragsteller zu 1. nunmehr im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist, kann er jederzeit zu seiner Ehefrau, der Antragstellerin zu 2., nach ... ziehen. Der damit einhergehende Zuständigkeitswechsel von der Ausländerbehörde ... zur Ausländerbehörde ... bringt das Übermitteln der bisher in Bremen geführten Ausländerakte des Antragstellers zu 1. nach ... mit sich. Ohne eine Sperrung müssten auch die Fragebögen, auf deren Vernichtung die Antragsteller nach allem einen Anspruch haben, an die Ausländerbehörde ... übermittelt werden. Diese Übermittlung würde dann jedoch einen über die bereits unzulässige Speicherung hinausgehenden, vertiefenden Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung der Antragsteller darstellen, da dadurch eine weitere Behörde und die dort beschäftigten Personen die personenbezogenen Daten zur Kenntnis nehmen können. Allein aus dieser Vertiefung des Grundrechtseingriffs folgt somit ein unzumutbarer und nicht mehr zu beseitigender Nachteil für die Antragsteller.

3. Anzumerken bleibt noch, dass das nach Rücksprache mit der Landesbeauftragten für Datenschutz zum Zwecke der Löschung erfolgte Schwärzen einzelner Antworten in den streitgegenständlichen Fragebögen nicht in ausreichendem Umfang erfolgte und die eigentlich zu löschenden personenbezogenen Daten weiterhin existieren. Gemäß § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 6 BremDSG ist das Löschen definiert als das endgültige Unkenntlichmachen gespeicherter Daten. Erforderlich ist also das irreversible Zerstören der jeweiligen Daten derart, dass Informationen aus ihnen nicht mehr gewonnen werden können. Das Schwärzen von Daten reicht folglich dann nicht, wenn die dabei unkenntlich gemachten Informationen teilweise noch erhalten bleiben. Unkenntlich gemacht und damit gelöscht sind Daten also nur dann, wenn die Kenntnisnahme des Informationsgehalts der Daten der verantwortlichen Stelle unmöglich ist (vgl. Simitis/Dammann, aaO, § 3, Rn. 174 ff.).

Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Schon bei einem einfachen Betrachten der Fragebögen scheinen die Druckertinte und somit die erhobenen Daten durch die nicht deckend geschwärzten Antwortfelder hindurch. Der Leser ist so ohne Weiteres in der Lage, die Informationen der gespeicherten Daten wiederzuerlangen. [...]