VG Trier

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Zitieren als:
VG Trier, Urteil vom 06.03.2013 - 5 K 812/12.TR - asyl.net: M20512
https://www.asyl.net/rsdb/M20512
Leitsatz:

Trotz erkennbarer Verbesserungen ist die medizinische Versorgung in Afghanistan auf Grund ungenügender Verfügbarkeit von Medikamenten, Geräten, Ärztinnen und Ärzten sowie mangels gut qualifiziertem Assistenzpersonal immer noch unzureichend. Selbst in Kabul, wo es mehr Krankenhäuser als im übrigen Land gibt, ist für die Bevölkerung noch keine hinreichende medizinische Versorgung gewährleistet.

Schlagwörter: Afghanistan, Kabul, psychische Erkrankung, medizinische Versorgung, Krankenhäuser, Abschiebungsverbot,
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7 S. 1,
Auszüge:

[...]

Auf Grund der vorgelegten Unterlagen und ärztlichen Berichte geht das Gericht davon aus, dass die Klägerin ernsthaft psychisch erkrankt ist. So wird in dem Attest der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie vom 18. Juli 2012 attestiert, bei der Klägerin bestehe eine psychische Störung i.S. einer depressiven und posttraumatischen Symptomatik. Weiterhin bestehe eine dringend längerfristige ambulante fachpsychiatrische und psychotherapeutische Behandlung. Aktuell befand sich die Klägerin ab dem 26. Juli 2012 in psychiatrischer Behandlung in der Rhein-Hessen-Fachklinik in Alzey. Inzwischen befindet sich die Klägerin in der Tagesklinik. Die behandelnde Fachärztin sowie die behandelnde psychologische Psychotherapeutin - die in der mündlichen Verhandlung als sachverständige Zeugin anwesend war - haben in ihrer fachärztlichen/psychotherapeutischen Stellungnahme mitgeteilt, die Klägerin leide an einer rezidivierenden depressiven Störung mit einer gegenwärtig schweren Episode, einer posttraumatischen Belastungsstörung sowie einer Somatisierungsstörung. Die Zeugin hat ihre Stellungnahme in der mündlichen Verhandlung näher erläutert. Vor diesem Hintergrund und dem persönlichen Eindruck der Klägerin in der mündlichen Verhandlung hat das Gericht den Eindruck gewonnen, dass die Klägerin psychisch erkrankt ist.

Eine Behandlung der psychischen Erkrankung der Klägerin ist derzeit im Heimatland nicht möglich. Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 10. Januar 2012, Seite 27, ist die medizinische Versorgung in Afghanistan trotz erkennbarer Verbesserung auf Grund ungenügender Verfügbarkeit von Medikamenten, Geräten, Ärztinnen und Ärzten sowie mangels gut qualifizierten Assistenzpersonal immer noch unzureichend. Nach diesem Lagebericht gehört Afghanistan weiterhin zu den Ländern mit der weltweit höchsten Kinder- und Müttersterblichkeitsrate. Selbst in Kabul, wo es mehr Krankenhäuser als im übrigen Land gebe, sei für die Bevölkerung noch keine hinreichende medizinische Versorgung gewährleistet.

Vor diesem Hintergrund ist das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin bei einer Rückkehr in ihr Heimatland zeitnah in eine existenzielle Notlage geraten würde. Die Beklagte war daher zu verpflichten, ein entsprechendes Abschiebungsverbot festzustellen. [...]