SG Dortmund

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Zitieren als:
SG Dortmund, Beschluss vom 05.02.2014 - S 32 AS 5467/13 ER - asyl.net: M21878
https://www.asyl.net/rsdb/M21878
Leitsatz:

1. Der Leistungsausschluss gem. § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB II ist weiterhin anzuwenden, wenn der ausländische Staatsangehörige seinen Asylantrag zwar zurückgenommen hat, aber noch keine Entscheidung des Bundesamtes über das Erlöschen der Aufenthaltsgestattung gem. § 67 Abs. 1 Nr. 3 AsylVfG zugestellt wurde. Der Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AufenthG als Ehegatte einer deutschen Staatsangehörigen allein reicht nicht aus, um die Leistungsberechtigung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 AsylbLG und damit den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB II entfallen zu lassen.

 

2. Der mit dem Asylbewerber zusammenlebenden Ehegattin steht der Regelbedarf für Alleinstehende bzw. Alleinerziehende gem. § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II zu. Da die Leistungen nach § 3 AsylbLG dem Regelbedarf gem. § 20 SGB 2 noch immer nicht vollständig entsprechen, ist eine (analoge) Anwendung des § 20 Abs. 4 SGB 2 nicht zulässig.

Schlagwörter: Leistungsausschluss, SGB II, einstweilige Anordnung, Sozialleistungen, Aufenthaltsgestattung, Rücknahme, Rücknahme des Asylantrags, Asylantrag, Asylbewerberleistungsgesetz, Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen, Antrag, Erlöschen, Erlöschen der Aufenthaltsgestattung, Eheschließung,
Normen: SGB II § 7 Abs. 1 S. 2, Nr. 3, SGB II § 7, AsylbLG § 1 Abs. 2,SGB II § 20 Abs. 2 S. 1, SGB II § 20 Abs. 4, AsylbLG § 3,
Auszüge:

[...]

Der gegen den Antragsgegner gerichtete Antrag des Antragstellers zu 2), ihm vorläufig Leistungen nach dem SGB II zu gewähren, hat keinen Erfolg, denn es fehlt insoweit an einem Anordnungsanspruch. Denn der Antragsteller zu 2) ist gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II vom Bezug von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Er verfügte jedenfalls ursprünglich über eine Aufenthaltsgestattung nach § 55 AsylVfG (entgegen der Formulierung der Beigeladenen handelt es sich nicht um eine "Duldung") und war damit nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 AsylbLG leistungsberechtigt ("Leistungsberechtigt nach diesem Gesetz sind Ausländer, die sich tatsächlich im Bundesgebiet aufhalten und die eine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylverfahrensgesetz besitzen").

Es ist nicht glaubhaft gemacht worden, dass sich hieran etwas geändert hat. Es ist konkret nicht glaubhaft gemacht worden oder sonst erkennbar, dass die Aufenthaltsgestattung erloschen bzw. unwirksam geworden wäre, etwa wegen Ablaufs einer Befristung am 03.12.2013, wegen der erklärten Rücknahme des Asylantrags oder aus einem anderen Grund.

Die Umstände, die zum Erlöschen eine Aufenthaltsgestattung führen, sind in § 67 AsylVfG abschließend geregelt. Eine Aufenthaltsgestattung erlischt nach § 67 Abs. 1 Nr. 3 AsylVfG im Falle der hier - offenbar erfolgten - Rücknahme des Asylantrags erst mit Zustellung der Entscheidung des Bundesamtes. Es ist nicht glaubhaft gemacht worden, dass diese Entscheidung bereits vorliegt. Damit ist auch nicht glaubhaft gemacht worden, dass die Voraussetzungen des Leistungsanspruchs nach dem AsylbLG nicht mehr erfüllt sind. Denn der Leistungsanspruch nach dem AsylbLG besteht bis zum Ende des Monats, in dem die Entscheidung des Bundesamtes zugestellt wird (§ 1 Abs. 3 AsylbLG).

Soweit die Beigeladene von einem Ende der "Duldung" mit dem 03.12.2013 ausgeht, verkennt sie, dass nicht die Aufenthaltsgestattung als solche bis zu diesem Zeitpunkt befristet war. Befristet waren lediglich die Verpflichtung, in der Aufnahmeeinrichtung Chemnitz zu wohnen (§ 47 AsylVfG), und die über das Bestehen der Aufenthaltsgestattung ausgestellte Bescheinigung (vgl. § 63 Abs. 2 AsylVfG).

Es ist auch nicht glaubhaft gemacht, dass die Voraussetzungen des Leistungsausschlusses gem. § 1 Abs. 2 AsylbLG vorliegen, wonach unter § 1 Abs. 1 AsylbLG fallende Personen "für die Zeit, für die ihnen ein anderer Aufenthaltstitel als die in Absatz 1 Nr. 3 bezeichnete Aufenthaltserlaubnis mit einer Gesamtgeltungsdauer von mehr als sechs Monaten erteilt worden ist, nicht nach diesem Gesetz leistungsberechtigt" sind. Es ist nicht glaubhaft gemacht, dass bereits eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 AufenthG erteilt worden wäre. Der Antragsgegner hatte insoweit noch mit Schriftsatz vom 10.12.2013 (unter Berufung auf eine Auskunft der Ausländerbehörde Dortmund) ausdrücklich vorgetragen, dass dies bislang nicht der Fall sei.

Dass dem Antragsteller zu 2) ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 AufenthG zusteht, reicht nicht aus, um den Leistungsanspruch nach dem AsylbLG und damit den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II zum Wegfall zu bringen.

Die Antragsteller zu 1), 3) und 4) haben jedoch für ihren gegen den Antragsgegner gerichteten Antrag im tenorierten Umfang einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

Der Antragstellerin zu 1) stehen nach Auffassung der Kammer Regelleistungen gem. § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II in der jeweils geltenden Höhe zu und nicht bloß die niedrigeren Regelleistungen gem. § 20 Abs. 4 SGB II (analog). § 20 Abs. 4 SGB II könnte nur dann (analoge) Anwendung finden, wenn die dem "Partner", dem Antragsteller zu 2), zustehenden Leistungen nach § 3 AsylbLG dem Regelbedarf gem. § 20 Abs. 4 SGB II entsprächen. Daran fehlt es aber.

Das Bundessozialgericht hat zu § 20 Abs. 3 SGB II a. F. ausgeführt (BSG, Urteil vom 06.10.2011 - B 14 AS 171/10 R - BSGE 109, 176 = juris (Rn. 19-21)):

"Nach § 20 Abs. 3 Satz 1 SGB II in der hier maßgeblichen Fassung beträgt die Regelleistung bei zwei Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, jeweils 90 vH der Regelleistung nach Abs. 2. Bereits in der damaligen Fassung waren Partnerschaftsregelsätze gemeint (vgl. dazu Lang in Eicher/Spellbrink, SGB II, 1. Aufl. 2005, § 20 RdNr. 98), obwohl der Begriff "Angehörige" erst in der ab 1.7.2006 geltenden Fassung durch "Partner" ersetzt wurde. Die Verwendung des Begriffs "jeweils" im Zusammenhang mit der Bestimmung der anteiligen Regelleistung von 90 vH kann in diesem Zusammenhang nur so verstanden werden, dass beide Partner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beanspruchen können, die rechnerisch bei der Bedarfsermittlung in Höhe von insgesamt 180 vH anzusetzen sind. Diese Auslegung entspricht der Begründung des Entwurfs des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (vgl. BT-Drucks 15/1516 S 56). Danach sollte durch § 20 Abs. 3 Satz 1 SGB II klargestellt werden, dass die Regelleistung für zwei Angehörige der Bedarfsgemeinschaft, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, jeweils 90 vH beträgt. Die Norm zielt damit auf die einheitliche Bemessung der Regelleistung für den genannten Fall. Es sollte dadurch berücksichtigt werden, dass Frauen in Paarbeziehungen in der Regel nicht als Haushaltsvorstand gelten und daher ohne Durchschnittsermittlung nur die geringere Regelleistung von 80 vH für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft erhalten würden. Durch die "90 vH-Regelung" wird der in § 1 Abs. 1 Satz 3 SGB II enthaltene gesetzgeberische Wille umgesetzt, wonach die Gleichstellung von Mann und Frau als durchgängiges Prinzip zu verfolgen ist. Nach Verzicht des Gesetzgebers auf die Figur des Haushaltsvorstands (vgl. BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 6/06 R - BSGE 97, 211 = SozR 4-4200 § 20 Nr. 2, RdNr. 19) werden dem Wortlaut nach zwei volljährige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft bei Berücksichtigung identischer (Regel-)Bedarfe auch gleich behandelt. Die Gleichartigkeit der Bedarfe lässt sich auf zwei volljährige Angehörige (Partner) der Bedarfsgemeinschaft, die Leistungen nach dem SGB II beziehen können, also dem Grunde nach Anspruchsberechtigte sind, herabbrechen (vgl. BSG Urteil vom 16.10.2007 - B 8/9b SO 2/06 R - BSGE 99, 131 = SozR 4-3500 § 28 Nr. 1, RdNr. 13). Andere Personengruppen, die ihren Lebensunterhalt ebenfalls nicht aus eigener finanzieller Kraft decken können, stehen zB Leistungen nach dem SGB XII oder dem AsylbLG zur Verfügung. Ziel des SGB II ist aber nur die Sicherung des Lebensunterhalts für nach dem SGB II leistungsberechtigte Personen. Dementsprechend kann § 20 Abs. 3 Satz 1 SGB II grundsätzlich nur Konstellationen erfassen, in denen beide volljährige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft dem Leistungssystem des SGB II unterfallen. Eine analoge Anwendung von § 20 Abs. 3 Satz 1 SGB II auf nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige, die mit Partnern in einer Bedarfsgemeinschaft leben, kommt jedoch, wie das BSG bereits entschieden hat (vgl. BSG Urteil vom 16.10.2007 - B 8/9b SO 2/06 R - BSGE 99, 131 = SozR 4-3500 § 28 Nr. 1, RdNr. 19), bei einer Anspruchsberechtigung nach dem SGB XII in Betracht. Im Fall einer "gemischten Bedarfsgemeinschaft" zwischen einem Leistungsberechtigten nach dem SGB II mit einem nach dem SGB XII leistungsberechtigten Partner sind die Regelungen nach dem SGB XII lückenhaft. Auf gemischte Bedarfsgemeinschaften, in denen kein Anspruch auf jeweils 90 vH der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 SGB II besteht, wie dies bei der hier vorliegenden Bedarfsgemeinschaft zwischen einem nach SGB II Leistungs- berechtigten und einem Leistungsberechtigten nach § 3 AsylbLG der Fall ist, ist dagegen § 20 Abs. 3 Satz 1 SGB II nicht anwendbar." [Hervorhebungen nicht im Original]

§ 20 Abs. 3 SGB II a. F. ("Haben zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, beträgt die Regelleistung jeweils 90 vom Hundert der Regelleistung nach Absatz 2.") und der aktuelle § 20 Abs. 4 SGB II ("Haben zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, ist als Regelbedarf für jede dieser Personen ein Betrag in Höhe von monatlich ( ) anzuerkennen.") entsprechen sich zwar nicht exakt vom Wortlaut her, aber sinngemäß (vgl. Frerichs in: jurisPK-SGB XII, § 3 AsylbLG Rn. 96.1 m. N. auf Gutzler in: jurisPK-SGB XII, § 27a SGB XII Rn. 78.1).

Da die Leistungen nach § 3 AsylbLG (in 2013: 318,00 EUR; in 2014: 326,00 EUR) dem Regelbedarf gem. § 20 Abs. 4 SGB II (in 2013: 345,00 EUR; in 2014: 353,00 EUR) immer noch nicht vollständig entsprechen, ist § 20 Abs. 4 SGB II nach Auffassung der Kammer nicht analog anzuwenden; vielmehr ist § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II anzuwenden. Eine leistungsrechtliche Schlechterstellung des privilegierten Leistungsberechtigten nach dem SGB II ist sachlich nicht gerechtfertigt (so auch Frerichs a.a.O., Rn. 97 m.w.N.; Krauß in: Hauck/Noftz, SGB II, § 20 Rn. 69). Dies gilt nach Auffassung der Kammer auch jetzt noch, obwohl die Schlechterstellung wegen der Erhöhung der AsylbLG-Leistungen aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18.07.2012 (BVerfG, Urteil vom 18.07.2012 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - BVerfGE 132, 134 = juris) nicht mehr so ausgeprägt ist.

Soweit der Antragsgegner bewilligte Regelleistungen nach § 20 SGB II nicht an die Antragsteller zu 1), 3) und 4) sondern vielmehr an den Vermieter ausgezahlt hatte, um damit die "Kostenlücke" zwischen den übernommenen ¾ der Gesamtkosten der Unterkunft und Heizung und den tatsächlichen Kosten aufzufüllen, fehlte es für eine solche Vorgehensweise an einer Rechtsgrundlage. Soweit der Antragsgegner mit dem Änderungsbescheid vom 18.12.2013 diese Vorgehensweise korrigieren und eine Nachzahlung vornehmen wollte, ist von den Antragstellern in Abrede gestellt worden, dass eine entsprechende Nachzahlung geleistet worden ist. Der Antragsgegner hat nicht nachgewiesen, dass er dies getan und somit den sich aus dem Bewilligungsbescheid ergebenden Leistungsanspruch vollständig erfüllt hat. Bei dieser Sachlage war der Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Inhalt, dass die bewilligten Regelleistungen vollständig an die Antragsteller ausgezahlt werden müssen, geboten. Sollte dies zwischenzeitlich geschehen sein, so wäre insoweit freilich nichts mehr zu veranlassen.

Ein Anordnungsanspruch besteht zugunsten der Antragsteller zu 3) und 4) schließlich auch insoweit, als diesen die bewilligten Leistungen nach dem SGB II offenbar auch noch nach dem Bewilligungsbescheid vom 18.12.2013, obwohl dieser keine ausdrücklichen Hinweise auf eine "Aufrechnung/Tilgung" enthält, insoweit unvollständig ausgezahlt worden sind, als eine Aufrechnung i.H.v. 10 % des jeweiligen Regelbedarfs gemäß dem Erstattungsbescheid vom 04.11.2013 vorgenommen wurde. Auf die Frage, ob die Antragstellerin zu 1) für die Antragsteller zu 3) und 4) - wie sie eidesstattlich versichert hat - Widerspruch gegen den Erstattungsbescheid vom 04.11.2013 vorgenommen hat, und ob in diesem Falle anstelle des Erlasses einer einstweiligen Anordnung eine Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ausreichend gewesen wäre, kam es nicht an. Entgegen der Auffassung der Antragsteller enthält zwar der Erstattungsbescheid vom 04.01.2013 aus Sicht der Kammer durchaus eine Regelung bezüglich einer Aufrechnung. Diese ist aber gegenüber den Antragstellern zu 3) und 4) nicht wirksam.

Denn der Erstattungsbescheid ist allein der Antragstellerin zu 1) bekannt gegeben worden, nicht hingegen den Antragstellern zu 3) und 4). Insbesondere fehlt es an einer Formulierung, dass dieser der Bescheid auch in ihrer Eigenschaft als gesetzliche Vertreterin bzw. Erziehungsberechtigte der Antragsteller zu 3) und 4) bekannt gegeben werde. Es kann dahin stehen, ob die Vornahme einer Aufrechnung gegenüber den Leistungsansprüchen der Antragsteller zu 3) und 4) darüber hinaus auch deshalb unzulässig ist, weil der Erstattungsbescheid bzgl. des Adressaten der Erstattungsforderung und der Aufrechnung nicht hinreichend bestimmt ist, wofür einiges spricht.

Der Antragsteller zu 2) hat gegenüber der Beigeladenen einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Ihm stehen dem Grunde nach Leistungen nach §§ 3 Abs. 2, 11 Abs. 2 AsylbLG zu. Aus diesem Grunde war die Beigeladene auch nach § 75 Abs. 2 Alt. 2 SGG (analog) notwendig beizuladen. § 75 Abs. 2 Alt. 2 SGG und auch die Möglichkeit zur Verurteilung eines Beigeladenen nach § 75 Abs. 5 Alt. 3 SGG sind auf Leistungsträger nach dem AsylbLG analog anzuwenden (vgl. LSG NRW, Urteil vom 12.12.2011 - L 20 AY 4/11 - juris (Rn. 51); LSG Stuttgart, Beschluss vom 01.08.2006 - L 7 AY 3106/06 ER-B - juris). Dass die Voraussetzungen eines Leistungsanspruchs nach § 1 AsylbLG vorliegen, wurde bereits im Zusammenhang mit dem gegen den Antragsgegner gerichteten Hauptantrag erörtert. Hierauf wird Bezug genommen.

Die Beigeladene ist auch zuständiger Leistungsträger und damit passivlegitimiert.

Für die Leistungserbringung nach dem AsylbLG ist grundsätzlich gemäß § 10a Abs. 1 Satz 1 AsylbLG diejenige sachlich zuständige Behörde örtlich zuständig, in deren Gebiet die leistungsberechtigte Person (wirksam) zugewiesen worden ist. Grundsätzlich ist nur für die Leistungsberechtigten, die weder verteilt noch zugewiesen sind, diejenige Behörde örtlich zuständig, in deren Bereich sie sich tatsächlich aufhalten (§ 10a Abs. 1 Satz 2 AsylbLG).

Die Beigeladene ist nicht nach § 10a Abs. 1 Satz 2 AsylbLG zuständig. Hier ist die Zuweisung zum Zuständigkeitsbereich Chemnitz noch wirksam. Zwar endet nach § 48 Nr. 3 AsylVfG die Verpflichtung, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, vor Ablauf von drei Monaten, wenn der Ausländer nach der Antragstellung durch Eheschließung im Bundesgebiet die Voraussetzungen für einen Rechtsanspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem Aufenthaltsgesetz erfüllt. Hier endete die Verpflichtung des Antragstellers zu 2), in der Aufnahmeeinrichtung Chemnitz zu wohnen, durch die Eheschließung am 22.10.2013, da insoweit ein Rechtsanspruch auf die - bisher nach Aktenstand nicht erfolgte - Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 AufenthG entstand. Jedoch endete hierdurch nicht (auch) die aus der Zuweisung folgende räumliche Beschränkung gem. § 56 Abs. 1 AsylVfG. Vielmehr bliebe diese selbst nach einem Erlöschen der Aufenthaltsgestattung (§ 67 AsylVfG) in Kraft, solange sie nicht aufgehoben wird (§ 56 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG), es sei denn, der Aufenthalt gilt nach § 25 Abs. 1 Satz 3 oder § 25 Abs. 2 Satz 2 AufenthG als erlaubt oder ein Aufenthaltstitel wird erteilt (§ 56 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG). Abgesehen davon, dass die Aufenthaltsgestattung hier aus den bereits genannten Gründen nicht erloschen ist, ist auch bislang nicht glaubhaft gemacht oder sonst ersichtlich, dass es zu einer Aufhebung der räumlichen Beschränkung gekommen wäre, dass der Aufenthalt nach § 25 Abs. 1 Satz 3 oder § 25 Abs. 2 Satz 2 AufenthG als erlaubt gelten würde oder eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 AufenthG erteilt worden wäre. Auch ist nicht glaubhaft gemacht, dass nach der Eheschließung eine anderweitige Zuweisung nach § 50 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG erfolgt wäre; der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 10.12.2013 vorgetragen, dass dies nicht geschehen sei. Danach wäre nach § 10a Abs. 1 AsylbLG nicht die Beigeladene sondern dir für den Zuweisungsort zuständige Behörde örtlich zuständig (§ 10a Abs. 1 Satz 1 AsylbLG).

Allerdings ruht bei einem hier offenbar vorliegenden unerlaubten Aufenthalt der leistungsberechtigten Person außerhalb des Zuweisungsbereichs die örtliche Zuständigkeit gem. § 11 Abs. 2 AsylbLG bis zu ihrer Rückkehr (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 23.03.2012 - L 20 AY 7/12 B ER - juris (Rn. 40); Groth in: jurisPK-SGB XII, § 10a AsylbLG Rn. 13). Eine Leistungsverpflichtung der gemäß § 10a Abs. 1 Satz 1 AsylbLG eigentlich zuständigen Behörde scheidet solange aus, bis der Asylbewerber in ihren Zuständigkeitsbereich zurückkehrt und der räumlichen Beschränkung Folge leistet (vgl. LSG NRW a.a.O. (Rn. 43)). In dem hier in Rede stehenden Fall der Zuwiderhandlung gegen die gem. § 56 AsylVfG aus der (wirksamen) asylverfahrensrechtlichen Zuweisung nach § 46 AsylVfG folgende räumliche Beschränkung hat die für den Ort des tatsächlichen Aufenthalts zuständige Behörde als ortsnähere Behörde nach § 11 Abs. 2 AsylbLG die unabweisbar gebotenen Hilfen zu erbringen. § 11 Abs. 2 AsylbLG hebt für diesen Fall die Leistungspflicht der nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG zuständigen Behörde auf (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 23.03.2012 - L 20 AY 7/12 B ER - juris (Rn. 34); Groth in: jurisPK-SGB XII, § 11 AsylbLG Rn. 31). Daher ist vorliegend die Beigeladene als Rechtsträger der für den Ort des tatsächlichen Aufenthalts zuständigen Behörde zuständig und passivlegitimiert.

Inhaltlich richtet sich der Anspruch aus § 11 Abs. 2 AsylbLG auf Gewährung der nach den Umständen unabweisbar gebotenen Hilfe. Unabweisbar geboten ist im konkret vorliegenden Fall nach Auffassung der Kammer eine Hilfe im Umfang des regulären Leistungsanspruchs nach § 3 Abs. 2 AsylbLG.

Unabweisbar geboten sind im Regelfalle nur die Mittel, die erforderlich sind, damit der Leistungsberechtigte in das Gebiet zurückkehren kann, auf das er beschränkt ist. Dazu zählen eine Fahrkarte für die Inanspruchnahme öffent - licher Verkehrsmittel und der notwendige Reiseproviant. Nur wenn Gründe vorliegen, die einen Verbleib am Ort des tatsächlichen Aufenthalts zwingend erfordern oder eine Rückkehr in das Gebiet der räumlichen Beschränkung unzumutbar erscheinen lassen, kann die unabweisbar gebotene Hilfe i.S.d. § 11 Abs. 2 AsylbLG auch weitergehende Leistungen umfassen, die bis zu den regulären Leistungen gem. §§ 3, 4 und 6 AsylbLG reichen können. Dies zeigt sich schon daran, dass sich der Umfang der unabweisbar gebotenen Hilfe "nach dem Umständen" auszurichten hat und damit konkret einzelfallbezogen zu bestimmen ist (vgl. Groth in: jurisPK-SGB XII, § 11 AsylbLG Rn. 33 f.).

Die Kammer ist der Auffassung, dass dem Antragsteller zu 2) wegen seiner Eheschließung mit der Antragstellerin zu 1) unter Berücksichtigung des bereits entstandenen Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 AufenthG, des sich abzeichnenden Wechsels aus dem Leistungssystem des AsylbLG in das des SGB II und des verfassungsrechtlich gebotenen Schutzes der Ehe (Art. 6 Abs. 1 GG) eine Rückkehr in das Zuweisungsgebiet nicht zuzumuten ist. Auch aus dem bereits angesprochenen Urteil des BVerfG vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - ist nach Meinung der Kammer abzuleiten, dass in einem Fall wie dem hier vorliegenden nicht nur die Kosten einer Rückfahrkarte u. ä. übernommen werden müssen. Deshalb sind Grundleistungen in der Höhe zu erbringen, wie sie nach § 3 AsylbLG an und für sich die nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG örtlich zuständige Behörde zu erbringen hätte.

Dem Antragsteller zu 2) stehen nach Auffassung der Kammer auch nicht nur Leistungen gem. § 3 AsylbLG nach der für "Partner" geltenden niedrigeren Regelbedarfsstufe 2 zu, da seine Ehefrau, die Antragstellerin zu 1), nicht im Bezug von Leistungen nach dem AsylbLG steht, sich also nicht im gleichen "Leistungssystem" befindet, wie der Antragsteller zu 2), und daher nicht "Partner" in diesem Sinne ist. Insoweit muss vergleichbares gelten wie für den Regelbedarfssatz der Antragstellerin zu 1) nach dem SGB II (vgl. die dortigen Ausführungen). [...]