OVG Niedersachsen

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Zitieren als:
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 25.06.2018 - 9 LA 43/18 - asyl.net: M26427
https://www.asyl.net/rsdb/M26427
Leitsatz:

Afghanistan: Situation alleinstehender junger Männer ohne familiäres Netzwerk:

"Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage nationaler Abschiebungsverbote für junge alleinstehende afghanische Männer hazarischer Volkszugehörigkeit, die im Iran aufgewachsen sind und in Afghanistan über kein familiäres Netzwerk verfügen."

(Amtlicher Leitsatz)

Schlagwörter: Afghanistan, Berufungszulassung, Entwurzelung, Iran, Hazara, Abschiebungsverbot, humanitäre Gründe, junger alleinstehender Mann, familiäres Netzwerk, Berufungszulassung,
Normen: AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 1, AufenthG § 60 Abs. 5,
Auszüge:

[...]

5 Das Verwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats und anderer Oberverwaltungsgerichte zunächst davon ausgegangen, dass für die Personengruppe der jungen, alleinstehenden und arbeitsfähigen männlichen afghanischen Staatsangehörigen bei einer Rückkehr in die Hauptstadt Kabul in aller Regel eine extreme Gefahrensituation i.S.d. § 60 Abs. 5 AufenthG selbst dann nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit droht, wenn der Rückkehrer beruflich nicht besonders qualifiziert ist und weder über nennenswertes Vermögen noch über Rückhalt und Unterstützung durch Familie oder Bekannte, die in Kabul leben, verfügt (vgl. beschließender Senat, Urteile vom 19.9.2016 - 9 LB 100/15 - juris Rn. 84 -; vom 20.7.2015 - 9 LB 320/14 -; Beschlüsse vom 13.3.2013 - 9 LA 34/13 -; vom 28.3.2014 - 9 LA 205/13 -; vom 14.4.2015 - 9 LA 267/13 -; vom 9.6.2015 - 9 LA 67/15 -; vom 15.6.2015 - 9 LA 297/14 -; OVG NRW, Urteil vom 3.3.2016 - 13 A 1828/09.A - juris Rn. 79 ff.; BayVGH, Beschluss vom 3.11.2017 – 13a ZB 17.31228 - juris; Urteil vom 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris Rn. 17; Beschluss vom 8.2.2017 - 13a ZB 17.30016 - juris Rn. 6 -; VGH BW, Urteile vom 6.3.2012 - A 11 S 3177/11 - juris Rn. 37 ff.; vom 27.4.2012 - A 11 S 3079/11 - juris Rn. 40; OVG RP, Urteil vom 21.3.2012 - 8 A 11050/10 - juris Rn. 43 ff.; HessVGH, Urteil vom 4.9.2014 - 8 A 2434/11.A - juris Rn. 41 ff.).

6 Das Verwaltungsgericht hat sodann im vorliegenden Fall angenommen, dass besondere Umstände nach seiner Meinung in ihrer Kumulation eine erhebliche individuelle konkrete Gefahrensituation für den Kläger begründen würden. Es hat die Umstände als besonders gewürdigt, dass es sich bei dem Kläger, einem hazarischen Volkszugehörigen ohne gesundheitlichen Beeinträchtigungen, um einen jungen alleinstehenden Mann ohne Berufsausbildung, ohne nennenswertes Vermögen, ohne zu erwartende Unterstützung durch Familie handelt, der im Iran aufgewachsen ist. Diese Merkmale zusammen erfüllen jedoch nicht nur vereinzelte Schutzsuchende, sondern eine Gruppe junger alleinstehender afghanischer Männer (vgl. auch VGH BW, Urteil vom 5.12.2017 – A 11 S 1144/17 – juris Rn. 500 ff., 525). Ob die Gesamtheit der genannten Merkmale die Voraussetzungen eines nationalen Abschiebungsverbots erfüllt, bedarf einer grundsätzlichen Klärung im Berufungsverfahren. [...]