LG Osnabrück

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Zitieren als:
LG Osnabrück, Beschluss vom 07.05.2019 - 11 T 138/19 - asyl.net: M27235
https://www.asyl.net/rsdb/M27235
Leitsatz:

Haftantrag muss Abschiebung per Charterflug statt früherem Linienflug begründen:

1. Aus dem Beschleunigungsgebot folgt, dass die Behörde in ihrem Haftantrag bei Angabe der notwendigen Haftdauer begründen muss, wenn sie eine Abschiebung per Charterflug plant, obwohl zu einem früheren Zeitpunkt eine Vielzahl von Linienflügen zur Verfügung standen.

2. Die Angabe der Behörde, dass die abzuschiebende Person eine Sicherheitsbegleitung benötige und dies bei einem Charterflug gewährleistet sei, reicht nicht aus, da auch bei einem Linienflug eine Sicherheitsbegleitung veranlasst werden kann.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Abschiebungshaft, Abschiebung, Beschleunigungsgebot, Rückführung, Charterflug, Linienflug, Haftanordnung, Haftbeschluss, Haftdauer, Sicherheitsbegleitung, Sicherungshaft, Fluchtgefahr,
Normen: FamFG § 417 Abs. 2 S. 2 Nr. 2, FamFG § 417 Abs. 2 S. 2 Nr. 4, FamFG § 417 Abs. 2 S. 2 Nr. 5, AufenthG § 62 Abs. 2, AufenthG § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 5, AufenthG § 2 Abs. 14,
Auszüge:

[...]

Die Ausländerbehörde führte insoweit aus, für den Betroffenen liege eine georgische ID Card im Original vor, die bis zum ...06.2025 gültig sei. Dieses Dokument sei für die Ausreise von Deutschland nach Georgien gültig. Die Abschiebung werde unmittelbar nach Vorliegen des Haftbeschlusses eingeleitet werden. Da die Zuständigkeit für die Abschiebung des Betroffenen der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen obliege, werde das Landeskriminalamt Niedersachsen die Flugbuchung übernehmen. Da sich einige Fluggesellschaften weigerten, ausreisepflichtige Personen abzuschieben, nehme die Flugbuchung einige Zeit in Anspruch. Seit der Insolvenz der Fluggesellschaft Air Berlin im Jahre 2017 bestehe zudem ein geringeres Angebot auf dem Markt der Luftverkehrsgesellschaften. Da der Betroffene vor der ersten Abschiebung im Jahr 2007 bereits mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten sei (u.a. gemeinschaftlicher Diebstahl gemäß § 242 StGB), er bereits abgeschoben worden und er für mehrere Monate in die Illegalität untergetaucht sei, sei eine Sicherheitsbegleitung bei der Abschiebung erforderlich. Nach Rücksprache mit dem Landeskriminalamt finde der nächste Charterflug nach Georgien am 21.11.2018 statt. Damit sei eine Sicherheitsbegleitung gewährleistet. Das LKA sichere zu, dass dort ein freier Platz für den Betroffenen zur Verfügung stehen werde.

Diese Ausführungen sind nicht ausreichend, um die Kammer in die Lage zu versetzen, beurteilen zu können, ob die Behörde dem Beschleunigungsgebot zureichend Genüge getan hat.

Wie der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen im Zuge der Beschwerdebegründung zutreffend ins Feld geführt hat, ist seitens der Ausländerbehörde keine Begründung für die sich aufdrängende Frage geliefert worden, aus welchem Grunde, vor der geplanten Abschiebung mittels eines Charterfluges, keine Überstellung mittels eines Linienfluges möglich war. Auch bei Überstellungen mittels eines Linienfluges kann eine Sicherheitsbegleitung veranlasst werden. Zudem geht die Kammer nach lebensnaher Betrachtung davon aus, dass es - vor der geplanten Charterabschiebung - eine Vielzahl von Linienflügen mit der Zieldestination Georgien geben wird. Aus welchem Grund von dieser Möglichkeit, zur Beschleunigung des Abschiebevorganges, seitens der Ausländerbehörde kein Gebrauch gemacht wurde, erschließt sich der Kammer nicht ohne Weiteres. Es wären insoweit ergänzende Ausführungen in dem maßgeblichen Haftantrag erforderlich gewesen. Entsprechendes erfolgte nicht, sodass der Haftantrag nicht zureichend begründet wurde, was den Betroffenen in seinen Rechten verletzt. [...]