LG Düsseldorf

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Zitieren als:
LG Düsseldorf, Beschluss vom 29.01.2019 - 25 T 497/18 - asyl.net: M27506
https://www.asyl.net/rsdb/M27506
Leitsatz:

Verstoß gegen Beschleunigungsgebot bei verspätetem Ersuchen um Amtshilfe:

1. Wird die zuständige Ausländerbehörde nicht spätestens am Tag nach der Haftanordnung im Wege der Amtshilfe zur Durchführung der Abschiebung ersucht, so verstößt dies gegen das Beschleunigungsgebot.

2. Es genügt nicht, wenn die Belehrung zu den haftrechtlichen Folgen von Verstößen gegen die Meldepflicht bei Wohnortwechsel nur der anwaltlichen Vertretung in deutscher Sprache zugestellt wird. In solchen Fällen kann kein darauf basierender Haftgrund angenommen werden.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Abschiebungshaft, Beschleunigungsgebot, Abschiebung, Ausländerbehörde, Wohnortwechsel, Belehrung, Übersetzung, Haftgründe, Amtshilfe, Meldepflicht,
Normen: AufenthG § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 a.F., AufenthG § 62 Abs. 3. S. 1 Nr. 5 a.F., AufenthG § 2 Abs. 14 Nr. 1 a.F., AufenthG § 62 Abs. 3a Nr. 3,
Auszüge:

[...]

Die zulässige Beschwerde des Betroffenen ist in der Sache überwiegend begründet. [...]

Es liegt jedoch ein Verstoß gegen den Beschleunigungsgrundsatz vor. Die Haft zur Sicherung der Abschiebung darf nur dann aufrechterhalten werden, wenn die Behörde die Abschiebung des Betroffenen ernstlich und gemäß dem  Grundsatz der Verhältnismäßigkeit mit der größtmöglichen Beschleunigung betreibt (vgl. nur Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10. Juni 2010 - V ZB 204/09; Bundesgerichtshof, Beschluss vom 1. März 2012 - V ZB 206/11; Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11. Oktober 2012 - V ZB 104/12; Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17. Januar 2013 - V ZB 172/12).

Der Antragsteller hätte spätestens am Freitag, den 2. Februar 2018 - die Anhörung am 1. Februar 2018 endete um 16:50 Uhr - die Zentrale Ausländerbehörde Köln um Durchführung der Abschiebung im Wege der Amtshilfe ersuchen müssen. Tatsächlich erfolgte dieses Ersuchen erst am 21. Februar 2018. Dass ein Mitarbeiter des Antragstellers irrtümlich davon ausging, bereits am 1. oder 2. Februar 2018 ein Amtshilfeersuchen übermittelt zu haben, ist zum einen unerheblich und zum anderen auch das Abwarten von 3 Wochen nicht nachvollziehbar, da bereits nach spätestens 2 Tagen hätte auffallen müssen, dass die Zentrale Ausländerbehörde Köln nicht wie gewöhnlich den Eingang des Amtshilfeersuchens bestätigt. [...]

Die Zentrale Ausländerbehörde Köln bat am 21. Februar 2018 die Zentrale Ausländerbehörde Bielefeld um die Beschaffung eines Passersatzpapiers.

Der Auftrag zur Hafthausbetreuung wurde erst am 26. Februar 2018 an die Zentrale Ausländerbehörde Unna weitergeleitet. Der Betroffene wurde am 5. März 2018 durch die Zentrale Ausländerbehörde Unna in der UfA Büren aufgesucht und das Ergebnis mit Datum vom 7. März 2018 an die Zentrale Ausländerbehörde Bielefeld weitergeleitet. Auch diese Zeitspanne lässt sich nicht erklären und verletzt den Anspruch auf eine größtmögliche Beschleunigung. [...]

Die Haft war jedoch aufgrund obiger Ausführungen bereits mit Ablauf des 2. Februar 2018 rechtswidrig. [...]

Ergänzend sei angemerkt, dass der Haftgrund des § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AufenthG bzw. § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. § 2 Abs. 14 Nr. 1 AufenthG nicht vorlag. [...]

Zwar war dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 23. Februar 2017 eine Belehrung über die Anzeigepflicht nach § 50 Abs. 4 AufenthG beigefügt. Der Bescheid nebst Belehrung wurde jedoch allein der damaligen Verfahrensbevollmächtigten zugestellt, und auch nur in deutscher Sprache. [...]