VG Berlin

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Zitieren als:
VG Berlin, Urteil vom 18.06.2020 - 34 K 413.18 - asyl.net: M28964
https://www.asyl.net/rsdb/M28964
Leitsatz:

Keine Ablehnung des Folgeantrags einer Palästinenserin aus Syrien als unzulässig bei bei fehlender Rückkehrmöglichkeit in die VAE:

Mit dem Wegzug ihrer Verwandten aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (wo auch sie früher gelebt hat) haben sich die Umstände zu ihren Gunsten geändert, da sie dort ohne Sponsoren nicht wieder aufgenommen wird.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Palästinenser, Syrien, Drittstaat, sicherer Drittstaat, Änderung der Sachlage, Beurteilungszeitpunkt, gewöhnlicher Aufenthalt, Vereinigte Arabische Emirate, Aufenthaltserlaubnis, Sponsor, Beschäftigung, Verfolgungssicherheit,
Normen: AsylG § 71, VwVfG § 51 Abs. 1,
Auszüge:

[...]

Die Klägerin hat jedenfalls mit dem Vortrag in ihrem Schreiben vom 24. Januar 2020, wonach ein zuletzt einziger noch in den V.A.E. lebender Onkel kein Aufenthaltsrecht mehr in diesem Staat hat, einen Wiederaufgreifensgrund geltend gemacht, der geeignet sein könnte, eine für sie günstigere Entscheidung im Asylverfahren herbeizuführen. Die Beklagte ist aufgrund der Äußerungen der Klägerin in ihrer Anhörung im Asylerstverfahren, wonach sie vor ihrer Ausreise in den V.A.E. gelebt habe und dort auch hätte bleiben können, von einem vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt der staatenlosen Palästinenserin in diesem Staat ausgegangen. Nach einer Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 15. September 2016 an das Bundesamt, die die Beklagte im hiesigen Verfahren übersandt hat. können ausländische Staatsangehörige - wozu auch Staatenlose gehören dürften - allerdings nur dann legal einen Aufenthaltstitel in den Vereinigten Arabischen Emiraten erhalten, wenn sie einen Arbeitsplatz(-vertrag) nachweisen oder von einem Familienmitglied gesponsert werden. Verwandte können danach von einer Person, die einen gültigen Aufenthaltstitel für die V.A.E. besitzt und ein Monatseinkommen von mindestens etwa 1.000 EUR hat, gesponsert werden. Die Klägerin selbst besitzt seit langem kein eigenständiges Aufenthaltsrecht mehr für die V.A.E. Nach einer Mitteilung der Botschaft der V.A.E. in Berlin vom 8. November 2017 an die Ausländerbehörde gilt nach dem Ausländerrecht der V.A.E. das Aufenthaltsrecht für Ausländer als verwirkt, wenn die betroffene Person sich - wie die Klägerin - länger als sechs Monate außerhalb der V.A.E. durchgehend aufgehalten hat. Sollte die betroffene Person in die V.A.E. zurückkehren wollen, muss sie im Besitz eines neuen Arbeitsvertrages sein, damit sie ein Recht auf Aufenthalt bzw. Arbeit in den V.A.E. erhält (S. 110 der AuslA). Dass die Klägerin in den Besitz eines neuen Arbeitsvertrages gelangen könnte, ist nicht ersichtlich. Mithin hätte die Klägerin nur dann ein Aufenthaltsrecht in den V.A.E., wenn dort ein Verwandter, der die vom Auswärtigen Amt in seiner Auskunft genannten Voraussetzungen erfüllt, leben würde. Bestätigt sich der Vortrag der Klägerin im wiederaufzunehmenden Asylverfahren, könnte sich hieraus eine für sie günstigere Entscheidung ergeben. Denn in diesem Fall wäre nicht mehr von den V.A.E. als Land des vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts auszugehen, sondern von Syrien, wo die Klägerin im Flüchtlingslager Daraa als Palästina-Flüchtling registriert ist, wie sie durch die Vorlage der UNRWA-Registrierungskarte nunmehr belegt hat. Dass sich hieraus die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ergeben kann, zeigt sich anhand der vorliegenden Bescheide der Eltern und eines Bruders der Klägerin. [...]