Bundesministerium des Innern

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Zitieren als:
Bundesministerium des Innern, Erlass/Behördliche Mitteilung vom 24.11.2020 - - asyl.net: M29043
https://www.asyl.net/rsdb/M29043
Leitsatz:

Rundschreiben zur Corona-Pandemie und Fachkräfteeinwanderung:

Mit Rundschreiben vom 24. November 2020 hat das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat den für Aufenthaltsrecht zuständigen Ministerien und Senatsverwaltungen Hinweise zur Corona-Pandemie und zur Fachkräfteeinwanderung erteilt.

Die Hinweise zur Corona-Pandemie umfassen die erweiterten Einreisemöglichkeiten in die EU, den erleichterten Nachweis von Sprachkenntnissen sowie Klarstellungen zu einzelnen Fragen des Aufenthalts- und Beschäftigungsrechts.

In Zusammenhang mit der Fachkräfteeinwanderung werden Hinweise zur Einbeziehung von Berufskraftfahrer*innen in das beschleunigte Fachkräfteverfahren, den erforderlichen Sprachkenntnissen in Gesundheits- und Pflegeberufen sowie den Neuerungen durch das Gesetz zur Stärkung der Sicherheit im Pass-, Ausweis- und ausländerrechtlichen Dokumentenwesens erteilt.

(Zusammenfassung der Redaktion)

Schlagwörter: Deutschkenntnisse, Familienzusammenführung, Studium, Berufskraftfahrer,
Normen: AufenthG § 16a, AufenthG § 16b, AufenthG § 16d, AufenthG § 30 Abs. 1 Nr. 2, AufenthG § 30 Abs. 1 S. 3 Nr. 6, AufenthG § 81a, BeschV § 24a Abs. 2, AufenthG § 16a Abs. 1 S. 3, AufenthG § 81 Abs. 5a,
Auszüge:

[...]

d) Für vorübergehende Besuchsreisen des drittstaatsangehörigen Partners zu seinem nicht verheirateten/nicht verpartnerten Partner in Deutschland ist nun als Nachweis, dass es sich um eine auf Dauer angelegte Beziehung/Partnerschaft handelt, lediglich der Nachweis zu erbringen, dass beide Partner sich zuvor mindestens einmal – nicht mehr zwingend in Deutschland – persönlich getroffen haben. [...]

2. Hinweise zur Nachweiserbringung der erforderlichen Sprachkenntnisse

In einzelnen Herkunftsländern lässt es die pandemische Lage bis auf Weiteres nicht zu, Sprachzertifikate eines ALTE-zertifizierten Prüfungsanbieters zu erlangen, da die Abnahme von Prüfungen vor Ort nicht möglich ist und online Sprachprüfungen derzeit noch nicht angeboten werden können. Dies hat Auswirkungen auf verschiedene Fallkonstellationen. Die initiale Prüfung erfolgt jeweils durch die zuständige deutsche Auslandsvertretung im Visumverfahren.

a) Aufenthalte nach §§ 16a, b und d AufenthG

Aufgrund der pandemiebedingten Schwierigkeiten des Sprachnachweises können Visa nach §§ 16a, b oder d AufenthG auch dann erteilt werden, wenn nachgewiesen wird, dass keiner der vor Ort ansässigen ALTE-zertifizierten Prüfungsanbieter (Goethe-Institut, telc GmbH, TestDaF, ÖSD) am Ende eines bereits absolvierten Sprachkurses tatsächlich Prüfungen anbieten kann und die erforderlichen Sprachkenntnisse im Visumverfahren glaubhaft gemacht wurden. Dies soll so lange gelten, wie im Herkunftsland ein eigentlich vorhandenes Prüfungsangebot pandemiebedingt nicht gewährleistet werden kann.

b) Ehegattennachzug, § 30 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG

Die beim Ehegattennachzug grundsätzlich nachzuweisenden einfachen Deutschkenntnisse gemäß §§ 30 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG müssen im Regelfall bereits im Visumverfahren nachgewiesen werden.
Gemäß § 30 Abs. 1 S. 3 Nr. 6 AufenthG kann vom Erfordernis des Nachweises einfacher Deutschkenntnisse beim Ehegattennachzug nach Einzelfallprüfung abgesehen werden, wenn ein besonderer Härtefall vorliegt. Das ist beispielsweise der Fall, wenn es der nachzugswilligen Person unmöglich oder unzumutbar ist, einfache Sprachkenntnisse zu erwerben, z.B. wenn kein Sprachkurs angeboten wird. Sprachlernbemühungen können daher im Einzelfall unzumutbar sein, wenn sie aufgrund nicht nur kurzfristiger Covid-19-bedingter Einschränkungen (Schließung von Sprachschulen, Reisebeschränkungen oder Ähnlichem) nur unter außergewöhnlichen Schwierigkeiten für den Einzelnen zu unternehmen wären. Der hierbei zugrunde zu legende zeitliche Rahmen beträgt derzeit sechs Monate. [...]

2. Hinweise zu erforderlichen Sprachkenntnissen in Gesundheits- und Pflegeberufen

Bei Ausbildungen im Pflegebereich sind nach § 11 Abs. 2 des am 01.01.2020 in Kraft getretenen Pflegeberufsgesetzes (PflBG) für den Zugang zur Pflegeausbildung Deutschkenntnisse auf dem Niveau B1 nachzuweisen. Dieses Niveau wird vom Gesetzgeber als erforderlich erachtet, um der entsprechenden Ausbildung folgen und das Ausbildungsziel erreichen zu können. Der Besuch eines vorbereitenden Sprachkurses gemäß § 16a Abs. 1 S. 3 AufenthG ist Teil der Ausbildung. Zu den Anforderungen an den Sprachkurs siehe 16a.1.2 bis 16a.1.6 der Anwendungshinweise zum FEG. Zudem können auch Sprachkurse Qualifizierungsmaßnahmen im Sinne des § 16d AufenthG sein. Zum Nachweis der Sprachkenntnisse ist grundsätzlich ein Sprachzertifikat eines vor Ort ansässigen ALTE- zertifizierten Prüfanbieters erforderlich. Zu den coronabedingten Ausnahmen siehe oben Punkt I. 2. a). [...]

a) Hinweise zur Umsetzung des § 81 Abs.5a AufenthG

Bei Ausländern, die noch nicht über einen uneingeschränkten Arbeitsmarktzugang verfügen, ist nach der derzeitigen Rechtslage in verschiedenen Fallgestaltungen seit der zwingenden Verwendung des elektronischen Aufenthaltstitels (eAT) eine kurzfristige Arbeitslosigkeit nicht vermeidbar; dies gilt auch für die Zeit nach positiver Entscheidung der Bundesagentur für Arbeit und der Ausländerbehörde bis der neue eAT produziert und ausgegeben ist.

Mit dem neuen § 81 Abs. 5a AufenthG wird eine Fiktionswirkung in Bezug auf die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit geschaffen. Sobald die Ausländerbehörde die Ausstellung eines eAT für einen Aufenthalt nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4 (Ausbildungs- und Erwerbstätigkeitsaufenthalte) veranlasst hat, gilt die Erwerbstätigkeit, wie sie in diesem Aufenthaltstitel vorgesehen sein wird, als erlaubt. Damit wird die Möglichkeit geschaffen, bereits in der Zeit zwischen Veranlassung der Ausstellung und der Ausgabe des elektronischen Aufenthaltstitels die angestrebte Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Diese Erlaubnis ist in die Fiktionsbescheinigung nach § 81 Abs. 5 AufenthG aufzunehmen.

Besondere Bedeutung hat diese Neuregelung in den Fällen eines Arbeitgeberwechsels, einer Weiterbeschäftigung nach zuvor befristetem Arbeitsverhältnis oder auch einer erstmaligen Beschäftigung z.B. nach erfolgreichem Hochschulabschluss oder aufgrund eines Titels zur Arbeitsplatzsuche, bei der nicht nur das Zusatzblatt zum Aufenthaltstitel, sondern aufgrund des Wechsels der Rechtsgrundlage oder des Arbeitgebers auch der eAT erneuert werden muss.

Zudem entfaltet die Neuregelung Bedeutung in den Fällen des § 41 Abs. 1 AufenthV. Die dort genannten Staatsangehörigen können jeden Aufenthaltstitel – auch Aufenthaltstitel zum Zweck der Erwerbstätigkeit – nach der Einreise einholen. Mit Antragstellung auf einen Aufenthaltstitel bei der Ausländerbehörde gilt nach bisheriger Rechtslage nur ihr Aufenthalt nach § 81 Abs. 3 AufenthG als erlaubt, die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bleibt jedoch bis zur Ausgabe des eAT verwehrt. Mit Ausstellung der Fiktionsbescheinigung nach § 81 Abs. 5 AufenthG gilt künftig auch in diesen Fällen die angestrebte Erwerbstätigkeit – wie sie im zukünftigen eAT vermerkt sein wird – als erlaubt.

Diese Fiktion tritt jedoch nur dann ein, wenn auch tatsächlich eine Fiktionsbescheinigung nach § 81 Abs. 5 AufenthG ausgestellt wurde. Hierzu ist das in Anlage D3 der Aufenthaltsverordnung dargestellte Muster zu verwenden. Andere Bescheinigungen der Ausländerbescheinigungen entfalten diese Fiktionswirkung nicht.