VG Cottbus

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Zitieren als:
VG Cottbus, Beschluss vom 14.12.2020 - 5 K 417/19.A - asyl.net: M29203
https://www.asyl.net/rsdb/M29203
Leitsatz:

Vorlage an den EuGH wegen der Frage der Zuständigkeit für das Asylverfahren eines in Deutschland geborenen Kindes, dessen Eltern und Geschwister in Polen als Flüchtlinge anerkannt sind.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Dublinverfahren, nachgeborenes Kind, in Deutschland geborenes Kind, internationaler Schutz in EU-Staat,
Normen: AEUV Art. 267, VO 604/2013 Art. 20 Abs. 2, VO 604/2013 Art. 20 Abs. 3, VO 604/2013 Art. 26, RL 2013/32/EU Art. 33 Abs. 2,
Auszüge:

[...]

Es wird gemäß Art. 267 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu folgenden Fragen eingeholt:

1. Ist mit Blick auf das unionsrechtliche Anliegen, Sekundärmigration zu vermeiden sowie den in der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 zum Ausdruck kommenden allgemeinen Grundsatz der Familieneinheit eine analoge Anwendung des Art. 20 Abs. 3 dieser Verordnung in einer Konstellation geboten, in der ein minderjähriges Kind und seine Eltern in demselben Mitgliedstaat Anträge auf internationalen Schutz stellen, die Eltern jedoch bereits internationalen Schutz in einem anderen Mitgliedstaat genießen, während das Kind erst in dem Mitgliedstaat geboren wurde, in dem es den Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat?

2. Ist, falls die Frage zu bejahen ist, der Asylantrag des minderjährigen Kindes nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 nicht zu prüfen und eine Überstellungsentscheidung gemäß Art. 26 der Verordnung zu erlassen mit Blick darauf, dass etwa der Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags des minderjährigen Kindes auf internationalen Schutz zuständig ist, in dem seine Eltern internationalen
Schutz genießen.

3. Ist, falls die vorstehende Frage zu bejahen ist, Art. 20 Abs. 3 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 auch insoweit analog anwendbar, als in seinem Satz 2 die Durchführung eines eigenen Zuständigkeitsverfahrens für das nachgeborene Kind für entbehrlich erklärt wird, obwohl dann die Gefahr besteht, dass der Aufnahmemitgliedstaat keine Kenntnis von einer möglichen Aufnahmesituation für das minderjährige Kind hat bzw. nach seiner Verwaltungspraxis eine analoge Anwendung des Art. 20 Abs. 3 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 ablehnt und damit für das minderjährige Kind die Gefahr besteht, ein "refugee in orbit" zu werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.06.2020 — 1 C 37.19; ECLI:DE:BVerwG:2020:230620U1C37.19.0)? .

4. Kann, falls die Fragen 2. und 3. zu verneinen sind, gegenüber einem minderjährigen Kind, das in einem Mitgliedstaat einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, eine Unzulässigkeitsentscheidung gemäß Art. 33 Abs. 2 Buchst. a) Richtlinie 2013/32/EU in analoger Anwendung auch dann ergehen, wenn zwar nicht das Kind selbst, wohl aber seine Eltern in einem anderen Mitgliedstaat internationalen Schutz genießen? [...]