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Institut für Menschenrechte fordert Schutz vor Gewalt in Unterkünften

Das Deutsche Institut für Menschenrechte sieht "erhebliche Defizite" beim Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt in Flüchtlingsunterkünften. In einem im August 2015 veröffentlichten Positionspapier weist das Institut darauf hin, dass die derzeit existierenden Gewaltschutzmaßnahmen bei der Aufnahme von Asylsuchenden und Flüchtlingen menschenrechtlichen Anforderungen nicht genügten.

Für die Studie hat das Institut eine Analyse der menschenrechtlichen Vorgaben vorgenommen. Ergänzt wurde die Auswertung u.a. durch Interviews mit Rechtsanwältinnen. Die Autorin Heike Rabe kommt zu dem Ergebnis, dass das Thema von Gewalt in Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften bislang in Forschung und Praxis kaum bearbeitet wurde. Obwohl vorliegende Untersuchungen darauf hindeuteten, dass geflüchtete Frauen häufig von geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen seinen, sei das Thema nur vereinzelt von Organisationen und Projekten aufgegriffen worden. Maßnahmen zum Gewaltschutz in Unterkünften seien selten thematisiert worden, die Umsetzung entsprechender Forderungen sei eher die Ausnahme. Vorgaben oder Mindeststandards dafür, wie Behörden oder Mitarbeiter in Unterkünften bei Fällen geschlechtsspezifischer Gewalt vorzugehen hätten, gebe es in der Regel nicht.

Aktueller Handlungsbedarf ergibt sich laut dem Positionspapier besonders aus der bevorstehenden Ratifizierung der Istanbul-Konvention des Europarates gegen Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt. Diese Konvention sehe eine Vielzahl an Maßnahmen zu Prävention, Intervention und Rechtsschutz vor. Weiterhin stehe die Umsetzung der Neufassung der sogenannten Aufnahmerichtlinie der EU an, die ebenfalls Maßnahmen zum Schutz gewaltbetroffener Personen beinhalte.

Als Maßnahme für einen kurzfristigen Schutz schlägt die Studie u.a. vor, die rechtlichen Einschränkungen der Bewegungsfreiheit (Verpflichtung, in einer Erstaufnahmeeinrichtung zu wohnen bzw. Wohnsitzauflagen) in Fällen geschlechtsspezifischer Gewalt aufzuheben. Alternativ könne ein "Schnellverfahren" geschaffen werden, mit dem eine "Umverteilung" der Betroffenen innerhalb weniger Tage organisiert werden müsste. Der besondere Schutzbedarf von Personen, die von geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen waren, müsse darüber hinaus in verbindlichen Regelungen festgehalten werden. Auf der strukturellen Ebene könne ein verbesserter Schutz etwa durch ein "Beschwerdemanagement" in Unterkünften sowie durch die Schaffung von Gemeinschaftsunterkünften für Frauen und Kinder erzielt werden. Daneben seien auch Qualifizierung und Sensibilisierung des Personals in Unterkünften sowie der Frauen- und Flüchtlingsberatung erforderlich.