VGH Bayern

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Zitieren als:
VGH Bayern, Beschluss vom 14.10.2015 - 10 CE 15.2165, 10 C 15.2212 - asyl.net: M23562
https://www.asyl.net/rsdb/M23562
Leitsatz:

Für ein Abschiebungshindernis, das im Rahmen eines Dublinverfahrens geltend gemacht wird, ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zuständig. Gegebenenfalls hat das Bundesamt die Abschiebungsanordnung aufzuheben oder die Ausländerbehörde anzuweisen, von deren Vollziehung abzusehen.

Schlagwörter: beabsichtigte Eheschließung, Dublinverfahren, Abschiebungsanordnung, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Ausländerbehörde, Zuständigkeit, sachliche Zuständigkeit, inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis, Schutz von Ehe und Familie, Eheschließungsfreiheit,
Normen: AsylVfG § 27a, GG Art. 6 Abs. 1,
Auszüge:

[...]

a) Der Antragsteller kann sein Rechtsschutzziel, bis zu seiner Eheschließung nicht abgeschoben zu werden, mit einem gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichteten Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO oder § 123 Abs. 1 VwGO verfolgen.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat den Asylantrag des Antragstellers vom 25. September 2014 mit Bescheid vom 18. Dezember 2014 als unzulässig abgelehnt und die Abschiebung des Antragstellers nach Italien als den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Mitgliedstaat der Europäischen Union angeordnet. Dagegen hat der Antragsteller Klage erhoben und hinsichtlich der Abschiebungsanordnung die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO beantragt. Diesen Antrag hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 27. Mai 2015 (M 18 S 15.50131) abgelehnt.

Soll ein Ausländer, dessen Asylantrag nach § 27a AsylVfG unzulässig ist, weil ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist, wie hier in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat abgeschoben werden, so ordnet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dabei hat das Bundesamt außer der Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 27a AsylVfG die rechtliche und tatsächliche Durchführbarkeit der Abschiebung und damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende Vollzugshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde zur Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum verbleibt (st. Rspr.; vgl. BayVGH, B.v. 21.4.2015 - 10 CE 15.810, 10 C 15.813 - juris Rn. 4; B.v. 12.3.2014 - 10 CE 14.427 - juris Rn. 4; B.v. 28.10.2013 - 10 CE 13.2257 - juris Rn. 4; B.v. 12.11.2012 - 10 CE 12.2428 - juris Rn. 4 jeweils m.w.N.). Dementsprechend ist es auch Sache des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge im Rahmen der Prüfung, ob die Abschiebung durchgeführt werden kann, darüber zu entscheiden, ob die Abschiebung aus rechtlichen Gründen unmöglich ist, weil sie wegen einer bevorstehenden Eheschließung gegen die Eheschließungsfreiheit des Ausländers nach Art. 6 Abs. 1 GG verstoßen würde, wie der Antragsteller geltend macht. Die Prüfung durch das Bundesamt erstreckt sich dabei nicht nur auf bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegende, sondern auch auf nachträglich auftretende Abschiebungshindernisse oder Duldungsgründe. Gegebenenfalls hat das Bundesamt die Abschiebungsanordnung aufzuheben oder die Ausländerbehörde anzuweisen, von deren Vollziehung abzusehen (vgl. BayVGH, B.v. 21.4.2015 - 10 CE 15.810, 10 C 15.813 - juris Rn. 4; B.v. 12.3.2014 - 10 CE 14.427 - juris Rn. 4; BVerfG, B.v. 17.9.2014 - 2 BvR 732/34 - juris Rn. 12 m.w.N.). [...]