BGH

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Zitieren als:
BGH, Beschluss vom 06.12.2018 - V ZB 79/18 - Asylmagazin 3/2019, S. 78 f. - asyl.net: M27014
https://www.asyl.net/rsdb/M27014
Leitsatz:

Anspruch auf Verlegung des Anhörungstermins wegen Verhinderung von Verfahrensbevollmächtigten auch bei bereits erfolgter organisatorischer Vorbereitungen:

"Bestimmt der Haftrichter für den Folgetag einen Termin zur persönlichen Anhörung des Betroffenen und beantragt dessen Verfahrensbevollmächtigter wegen Terminkollision eine Terminverlegung, ist dem Verlegungsantrag auch dann zu entsprechen, wenn bereits organisatorische Vorbereitungen zur Bereitstellung des Betroffenen und zur Ladung des Dolmetschers getroffen worden sind."

(Amtlicher Leitsatz)

Schlagwörter: Abschiebungshaft, Anhörung, Terminverlegung, Zurückweisungshaft, Zurückschiebungshaft, Zurückweisung, Grundsatz des fairen Verfahrens, faires Verfahren, Anhörungstermin, Prozessbevollmächtigte, Vorbereitung,
Normen: FamFG § 420, FamFG § 10, FamFG § 420 Abs. 1 S. 1, FamFG § 10 Abs. 2, AufenthG § 15 Abs. 5,
Auszüge:

[...]

a) Einem Verfahrensbevollmächtigten muss die Möglichkeit eingeräumt werden, an dem Termin zur Anhörung des Betroffenen teilzunehmen. Der Grundsatz des fairen Verfahrens garantiert einem Betroffenen, sich zur Wahrung seiner Rechte in einem Freiheitsentziehungsverfahren von einem Bevollmächtigten seiner Wahl vertreten zu lassen und diesen zu der Anhörung hinzuzuziehen. Vereitelt das Gericht durch seine Verfahrensgestaltung eine Teilnahme des Bevollmächtigten an der Anhörung, führt dies ohne weiteres zur Rechtswidrigkeit der Haft. Es kommt nicht darauf an, ob die Anordnung der Haft auf dem Fehler beruht (vgl. Senat, Beschluss vom 11. Oktober 2017 V ZB 167/16, juris Rn. 7).

b) Danach hätte das Amtsgericht dem Terminverlegungsantrag des Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen entsprechen müssen. Es hat, nachdem der Antrag der Behörde am 6. März 2018 bei Gericht eingegangen war, für den Folgetag am 7. März 2018 um 13.30 Uhr einen Termin zur Anhörung des Betroffenen bestimmt. Der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen, der sich am Nachmittag des 6. März 2018 bei dem Amtsgericht für den Betroffenen angezeigt hatte, wurde von dem Termin am 7. März 2018 benachrichtigt. Er stellte sogleich im Hinblick auf einen von ihm am selben Tag vor dem Verwaltungsgericht Berlin wahrzunehmenden Termin einen Verlegungsantrag. Vor diesem Hintergrund, insbesondere angesichts der sehr kurzfristigen Ladung, hätte das Amtsgericht eine Terminverlegung vornehmen müssen, damit die Anhörung des Betroffenen in Anwesenheit seines Verfahrensbevollmächtigten erfolgen konnte.

Einer Terminverlegung stand nicht entgegen, dass im Zeitpunkt des Eingangs des Verlegungsantrags am 7. März 2018 um 12.35 Uhr schon organisatorische Maßnahmen für den um 13.30 Uhr anberaumten Termin erfolgt waren. Bestimmt der Haftrichter für den Folgetag einen Termin zur persönlichen Anhörung des Betroffenen und beantragt dessen Verfahrensbevollmächtigter wegen Terminkollision eine Terminverlegung, ist dem Verlegungsantrag auch dann zu entsprechen, wenn bereits organisatorische Vorbereitungen zur Bereitstellung des Betroffenen und zur Ladung des Dolmetschers getroffen worden sind. [...] Die von dem Amtsgericht getroffenen Terminvorbereitungen können die Beschneidung elementarer Rechte des Betroffenen nicht rechtfertigen. Eine Terminverlegung war zeitlich auch möglich, weil sich der Betroffene aufgrund der vorläufigen Haftanordnung noch bis zum 9. März 2018 in Zurückweisungshaft befand. Zudem bestand die Möglichkeit, die Haft bis zur Anhörung des Betroffenen in Anwesenheit seines Verfahrensbevollmächtigten im Wege der einstweiligen Anordnung zu verlängern. [...]