Mediendienst Integration: Frühere Gesetzesverschärfungen ohne Auswirkung auf Zahl der Abschiebungen

Vor dem Hintergrund des im Bundeskabinett verabschiedeten Gesetzespakets, das mehr Abschiebungen ermöglichen soll, hat der Mediendienst Integration die Auswirkungen früherer rechtlicher Maßnahmen in diesem Bereich untersucht. Er kommt zu dem Ergebnis, dass mehrfache Gesetzesverschärfungen seit dem Jahr 2015 ohne Auswirkungen auf die Zahl der Abschiebungen geblieben sind.

Laut der Auswertung des Mediendiensts gab es seit dem Jahr 2015 bereits vier Reformpakete zum Thema Abschiebungen, die unter anderem die folgenden Maßnahmen vorsahen:

  • Erweiterung der Gründe für die Abschiebungshaft (2015)
  • Vorgabe, wonach Abschiebungen nur noch bei lebensbedrohlichen und schwerwiegenden Erkrankungen gestoppt werden sollen; erweiterte Ausweisungsgründe (2016) 
  • Weitere Gründe für die Abschiebungshaft, "räumliche Beschränkung" für geduldete Personen, die ihre Mitwirkungspflichten verletzen (2017)
  • Einführung der "Duldung für Personen mit ungeklärter Identität"; Möglichkeit des Ausreisegewahrsams, auch wenn keine Fluchtgefahr angenommen wird; (vorübergehende) Möglichkeit, Abschiebungshäftlinge in Justizvollzugsanstalten zu inhaftieren (2019)

Die Auswertung zeigt, dass trotz dieser Maßnahmen die Zahl von Abschiebungen schon vor der Coronapandemie (zwischen 2016 und 2019) rückläufig gewesen sei. Während der Pandemie sei sie dann stark zurückgegangen und seit dem Jahr 2021 wieder angestiegen. Ein Effekt der genannten Gesetzesverschärfungen auf die Zahlen sei nicht erkennbar.

Der Mediendienst Integration hat darüber hinaus die zuständigen Ministerien der Bundesländer um Angaben zur Zahl von Inhaftierungen im Abschiebungsgewahrsam sowie zu den aus der Haft erfolgenden Abschiebungen befragt. Hier sei aus den gemeldeten Zahlen deutlich geworden, dass mehr Inhaftierungen nicht unbedingt dazu führten, dass mehr Menschen abgeschoben würden. Zudem variiere der Anteil der Personen, die aus dem Abschiebungsgewahrsam abgeschoben würden, sehr stark: Während in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz im ersten Halbjahr 2023 rund 80% der inhaftierten Personen abgeschoben worden seien, habe die entsprechende Quote in Sachsen in diesem Zeitraum lediglich bei rund 10% gelegen.

Mit dem Entwurf eines "Gesetzes zur Verbesserung der Rückführung" hat die Bundesregierung nun die fünfte Reform der Regelungen zu Abschiebungen seit dem Jahr 2015 auf den Weg gebracht. Vorgesehen sind unter anderem die Verlängerung der Höchstdauer des Ausreisegewahrsams auf 28 Tage, erweiterte Möglichkeiten zum Betreten von Räumlichkeiten in Gemeinschaftsunterkünften sowie die sofortige Vollziehbarkeit von Einreise- und Aufenthaltsverboten und Wohnsitzauflagen. Die Bundesregierung räumt im Gesetzentwurf (externer Link zu bmi.bund.de) selbst ein, dass unklar ist, welche Auswirkungen diese Reform haben wird. Hierzu heißt es im Entwurf: "Wie viele Abschiebungen aufgrund der Rechtsänderungen zusätzlich vollzogen werden, ist schwer abschätzbar." Die Bundesregierung nennt ansonsten im Zusammenhang mit den Angaben zum Aufwand, der durch das neue Gesetz voraussichtlich entsteht, eine Zahl von möglichen 600 zusätzlichen Abschiebungen pro Jahr. Dies würde einer Zunahme von etwa fünf Prozent – gemessen an den vergleichsweise niedrigen Zahlen der Jahre 2021 und 2022 – entsprechen.


Hinweis

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