OVG Niedersachsen

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Zitieren als:
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 09.02.1998 - 12 L 118/98 - asyl.net:
https://www.asyl.net/rsdb/13424
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Verfahrensrecht, Abschiebungshindernis, Folgeantrag, Zuständigkeit, Prüfungskompetenz, Bundesamt, Ausländerbehörde, Grundsätzliche Bedeutung, Oberverwaltungsgericht, Rechtsprechung, Berufungszulassungsantrag
Normen: AsylVfG § 73 Abs. 3 Nr. 1; AuslG § 53
Auszüge:

Der Antrag, die Berufung zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Die Frage, der die Beklagte grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG beimißt (ob das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge oder die Ausländerbehörde dafür zuständig ist, einen nach Abschluß eines Asylverfahrens gestellten Wiederaufgreifensantrag zu bescheiden, mit dem das Ziel verfolgt wird, die Feststellung zu erreichen, es bestünden Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG), kommt diese Bedeutung nicht zu. Sie ist nämlich in der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichte (Urt. v. 6. Februar 1997 - 3 L 7801/97 -) geklärt.

Nach Auffassung des Senats ist § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG dahin zu verstehen, daß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache entfallen ist, wenn ein Senat des Oberverwaltungsgerichts eine Frage (von grundsätzlicher Bedeutung) geklärt hat - es ist bei der Prüfung im Berufungszulassungsverfahren nicht erforderlich, daß sich der beschließende Senat die genannte Entscheidung des 3. Senats zu eigen macht - und davon abweichende Rechtsprechung eines anderen Senats dieses Oberverwaltungsgerichts nicht vorliegt.

Der 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat ausgeführt: Für die (isolierte) Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG, die nur noch Gegenstand des Berufungsverfahrens ist und die im Streitfall, wie sich aus dem Vorbringen des Klägers ergibt, letztlich auch nur von ihm begehrt wird, ist das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge sachlich nicht zuständig. Diese Auffassung hat der erkennende Senat bereits im Urteil vom 26. August 1996 (- 3 L 3507/96 -; ebenso Urt. v. 5.9.1996 - 3 L 2221/95 -) vertreten und zur Begründung aufgeführt:

Nach § 71 AsylVfG löst ein gestellter Folgeantrag nur dann ein weiteres Asylbegehren aus, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen, wobei die rechtliche Prüfung dem Bundesamt obliegt: mit dieser erstmalig durch Art. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Asylverfahrens vom 26. Juni 1992 (BGBl I S. 1126) eingeführten Regelung hat der Gesetzgeber die Systematik der vorher geltenden Vorschriften über die Behandlung von Folgeanträgen in den §§ 8 Abs. 5 und 14 Abs. 1 des Asylverfahrensgesetzes vom 9. April 1991 (BGBl. I S. 869) insoweit fortgesetzt, als auch weiterhin keine Sachentscheidung über das neue Asylbegehren beansprucht werden kann, wenn mit dem Folgeantrag die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht dargelegt werden. Dieser Systematik entsprechend hat der Bundesgesetzgeber die Vorschriften über Folge- und Zweitanträge unter einem eigenen Abschnitt des Asylverfahrensgesetzes zusammengefaßt und nicht in die Bestimmungen des Zweiten Abschnittes des Asylverfahrensgesetzes (§ 12 bis 43 b AsylVfG) über das Asylverfahren eingeordnet. Die gesetzliche Ermächtigung, die dem Bundesamt aus Anlaß eines Asylbegehrens auch eine Kompetenz zur Feststellung über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG einräumt, findet sich ausschließlich in den gesetzlichen Regelungen des Asylverfahrens im Zweiten Abschnitt dieses Gesetzes. Danach trifft das Bundesamt eine Entscheidung über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG zusammen mit der Sachentscheidung über einen beachtlichen oder einen unbeachtlichen Asylantrag, § 31 Abs. 3 S. 1 AsylVfG. Außerhalb der asylrechtlichen Sachentscheidung über beachtliche und unbeachtliche Asylanträge sieht das Gesetz eine Feststellung nach § 53 AuslG nur in solchen Fällen vor, in denen das Verfahren vor dem Bundesamt auf andere Weise abgeschlossen wird, nämlich in den Fällen der Rücknahme eines Asylantrages (§ 32 AsylVfG) sowie der Rücknahmefiktion nach Ruhen des Verfahrens (§ 32 a Abs. 2 AsylVfG) sowie nach Nichtbetreiben des Verfahrens (§ 33 Abs. 2 AsylVfG). Darüber hinaus kommt eine isolierte Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG ausnahmsweise dann in Betracht, wenn ein dem Asylantrag stattgebender und keine Feststellung zu § 53 AuslG enthaltender Anerkennungsbescheid des Bundesamtes auf die Anfechtungsklage des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten durch das Verwaltungsgericht aufgehoben worden ist (§ 39 Abs. 2 AsylVfG). Findet dagegen kein Asylverfahren statt, trifft das Bundesamt auch keine Feststellung über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 53 AuslG. In solchen Fällen eröffnet das Gesetz auch keine Möglichkeit für eine entsprechende Anwendung des § 31 Abs. 3 S. 1 AsylVfG. Vielmehr hat der Gesetzgeber in § 71 Abs. 4 AsylVfG nur die entsprechende Anwendung von Vorschriften des Zweiten Abschnittes über die Abschiebungsandrohung vorgesehen, wenn sich ein Folgeantrag nach Prüfung durch das Bundesamt als erfolglos erweist.

Der Senat sieht keinen Anlaß, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts in dem angefochtenen Urteil überzeugen den Senat nicht. Soweit das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf die Literatur (Kanein/Renner, Ausländerrecht, 6. Aufl., § 71 AsylVfG Anm. 13; Heinhold, aaO) ausgeführt hat, daß auch der Asylfolgeantrag ein Asylantrag sei, handelt es sich dabei um eine Behauptung ohne nähere Begründung. Die praktischen Überlegungen des Verwaltungsgerichts, wie zum Beschleunigungseffekt und zur besseren Sachkompetenz des Bundesamtes, sind keine Gründe dafür, selbst wenn sie zutreffen sollten, von den gesetzlichen Zuständigkeitsregelungen abzugehen.

Aus diesen Erwägungen des 3. Senats des Oberverwaltungsgerichtes ist zu ersehen, daß er mit seinen umfassenden Überlegungen, die das Verwaltungsgericht auch in diesem Sinne verstanden hat, die eingangs bezeichnete Frage dahin beantwortet hat, daß die Zuständigkeit der Ausländerbehörde gegeben ist. Der Antrag legt keine Gesichtspunkte dar, die gegenüber dieser Klärung auf weitergehenden oder neuerlichen Klärungsbedarf weisen.