VG Düsseldorf

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Zitieren als:
VG Düsseldorf, Urteil vom 14.02.2007 - 4 K 80/07.A - asyl.net: M10025
https://www.asyl.net/rsdb/M10025
Leitsatz:
Schlagwörter: Verfahrensrecht, Asylantrag, Antragsfiktion, Verzicht, Asylverfahren, Ausreisefrist, Fristbeginn, isolierte Anfechtungsklage, Rechtsschutzbedürfnis
Normen: AsylVfG § 14a Abs. 2; AsylVfG § 14a Abs. 3; AsylVfG § 37 Abs. 2; AsylVfG § 38 Abs. 1; AsylVfG § 75
Auszüge:

Die Klage hat teilweise Erfolg.

1. Sie ist insgesamt zulässig.

1.1. Die isolierte Anfechtungsklage ist statthaft. In Verfahren nach § 14a Abs. 2 AsylVfG kann die isolierte Anfechtung sachdienlich sein, wenn an einem positiven Asylbescheid des Bundesamtes letztlich kein Interesse besteht oder Gründe für die Zuerkennung von Asyl oder Abschiebungsschutz auch nach Auffassung des Ausländers offenkundig nicht bestehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. November 2006 - 1 C 10.06 -).

Dies ist hier der Fall; der Kläger hat durch seinen Prozeßbevollmächtigten aus diesem Grunde gerade die Verzichtserklärung nach § 14a Abs. 3 AsylVfG abgegeben.

1.2. Das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage ist nicht - auch nicht teilweise - durch den Beschluß des Gerichts im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entfallen. Die in der angegriffenen Ziffer 3 des Bescheides des Bundesamtes vom 12. Dezember 2006 enthaltene Ausreisefrist von einer Woche hat sich nicht kraft Gesetzes in die Monatsfrist verwandelt. Zwar sieht § 37 Abs. 2 AsylVfG eine solche Umwandlung der Frist in denjenigen Fällen vor, in denen das Verwaltungsgericht nach Ablehnung des Asylantrages als offensichtlich unbegründet dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO stattgegeben hat. Ein solcher Fall ist hier aber nicht gegeben. Die stattgebende Entscheidung in der Sache 4 L 32/07.A erging nicht nach Ablehnung des Asylantrages als offensichtlich unbegründet, sondern nach Einstellung des Verfahrens durch das Bundesamt. Eine entsprechende Anwendung der Vorschrift ist nicht möglich. Beide Fallkonstellationen sind nicht miteinander vergleichbar; auch eine Regelungslücke besteht nicht. Wird das Asylverfahren - wie hier - von Amts wegen auf einen fingierten Asylantrag hin durchgeführt, dann aber aufgrund der Verzichtserklärung nach § 14a Abs. 3 AsylVfG eingestellt, so hat das Bundesamt gerade keine Entscheidung über das Asylbegehren in der Sache getroffen. Nur die Infragestellung einer Sachentscheidung des Bundesamtes durch das Verwaltungsgericht (§ 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG) rechtfertigt die in § 37 Abs. 2 AsylVfG angeordnete Änderung der Frist. Im übrigen verbleibt es dabei, daß sich die zutreffende Frist nach § 38 AsylVfG bestimmt (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 17. März 2006 - 13 K 4399/05.A - unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 3. April 2001 - 9 C 22.00 -, BVerwGE 114, 122).

2. Die Klage ist zum Teil auch begründet. Die mit der Klage allein angegriffene Ziffer 3 des Bescheides ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, soweit sie ihm eine Ausreisefrist von einer Woche nach Bekanntgabe setzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Zutreffend hätte die Frist einen Monat nach dem unanfechtbaren Abschluß des Asylverfahrens betragen. Im übrigen ist Ziffer 3 rechtmäßig.

2.3. Das Bundesamt hat jedoch die Ausreisefrist zu Unrecht auf eine Woche nach Bekanntgabe des Bescheides bestimmt. Bezugspunkt der Frist war richtigerweise nicht der Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheides, sondern der des unanfechtbaren Abschlusses des Asylverfahrens; denn die Klage gegen den Bescheid hat aufschiebende Wirkung (Beschluß des Gerichts vom 15. Januar 2007 - 4 L 32/07.A -). Zudem beträgt die Frist nach dem Gesetz einen Monat. Beides ergibt sich aus § 38 Abs. 1 AsylVfG (für die aufschiebende Wirkung i.V.m. § 75 AsylVfG). Die hier gegebene Fallkonstellation des Verzichts nach § 14a Abs. 3 AsylVfG gehört zu den "sonstigen Fällen" im Sinne der Vorschrift, in denen das Bundesamt den Ausländer nicht als Asylberechtigten anerkennt. Vorrangige andere Bestimmungen sind nicht einschlägig. Insbesondere liegt kein Fall der Rücknahme des Asylantrages nach § 38 Abs. 2 AsylVfG vor. Da das Gesetz bewußt zwischen Verzicht und Rücknahme unterscheidet, ist es ausgeschlossen, den Verzicht so zu behandeln wie die Rücknahme des Asylantrages. § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG und § 38 Abs. 2 AsylVfG gelten in diesen Fällen nicht (vgl. OVG NRW, Urteil vom 11. August 2006 - 1 A 1437/06.A -; VG Düsseldorf, Beschluß vom 21. Dezember 2005 - 1 L 2219/05.A -; Urteile vom 24. Januar 2006 - 1 K 5138/05.A - und vom 17. März 2006 - 13 K 4399/05.A - (m.w.Nachw. auch zur Gegenauffassung)).