LG Berlin

Merkliste
Zitieren als:
LG Berlin, Beschluss vom 05.03.2007 - 84 T 72/07 B - asyl.net: M10506
https://www.asyl.net/rsdb/M10506
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Abschiebungshaft, Asylantrag, Asylgesuch, Drittstaatenregelung, Verordnung Dublin II, Übernahmeersuchen
Normen: AsylVfG § 14 Abs. 3 S. 3; AsylVfG § 13 Abs. 3; AsylVfG § 26a
Auszüge:

Die sofortige Beschwerde ist begründet. Zu Unrecht hat das Amtsgericht Schöneberg mit dem angefochtenen Beschluss Feststellungs- und Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen. Die mit Beschluss vom 11.8.2006 angeordnete Haft zur Sicherung der Abschiebung war ab dem 13.9.2006 rechtswidrig, weil der Betroffene am 15.8.2006 einen Asylerstantrag gestellt hatte und die Vierwochenfrist des § 14 Abs. III S. 3 AsylVfG am 13.9.2006 abgelaufen war.

Von der Stellung des Antrages am 15.8.2006 ist auszugehen. Auf diesen Tag hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge selbst die Antragstellung datiert. Die Pflicht zur Grenzantragsstellung (§ 13 Abs. III S. 1 AsylVfG) ist eine Obliegenheit des Asylbewerbers, also ein Gebot eigenen Interesses, dessen Nichterfüllung negative Konsequenzen zeitigt (Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl., Rdnr. 19 zu § 13 AsylVfG), die Asylantragstellung aber somit nicht unwirksam macht. Keinesfalls darf einem Ersuchen die Qualität als Asylantrag unter Hinweis auf die fehlende behördliche Zuständigkeit abgesprochen werden (Renner Rdnr. 8 zu § 13 AsylVfG). Den Ausführungen des Antragstellers, der Asylantrag sei von dem Bundesamt erst ab dem 29.9.2006 zu bearbeiten gewesen, nachdem der Betroffene zur Durchführung eines Asylverfahrens an die Außenstelle des Bundesamtes weitergeleitet worden war, erst zu diesem Zeitpunkt liege ein wirksamer Asylantrag vor, kann ebenfalls nicht gefolgt werden. Ein Asylverfahren ist von dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht durchgeführt, der Asylantrag nicht beschieden worden. Der Betroffene ist zwar aus ..., einem sicheren Drittstaat im Sinne des Art. 16 a Abs. II S. 1 1. Alt. GG, eingereist, in dem er ohne weiteres und in gleicher Weise wie in der Bundesrepublik Deutschland Schutz vor politischer Verfolgung hätte finden können. Damit entfiel nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zunächst das vorläufige Bleiberecht ebenso wie der Grundrechtsschutz unabhängig davon, ob eine Rückführung nach ... möglich oder beabsichtigt war (vgl. dazu BVerfGE 1996, 87 f.). Indessen setzte es jedenfalls wieder ein, nachdem das Bundesamt keine Entscheidung darüber getroffen hatte, dass der Asylantrag des Betroffenen aus diesem Grunde unbeachtlich war (vgl. BayObLG EZAR 048, Nr. 52). In Ansehung der gesetzlichen Regelung des § 14 Abs. IV S. 3 AsylVfG steht das Ausbleiben der Zustellung einer Entscheidung des Bundesamtes innerhalb der dort genannten Frist einer Haftfortdauer immer entgegen (vgl. KG in Info AuslR 2005, 40). Auf den Grund der Verzögerung kommt es nicht an (Renner, Rdnr. 23 zu § 14 AsylVfG). Deshalb ändert daran nichts, dass das Bundesamt zunächst um die Übernahme des Asylverfahrens durch die ... Behörden bemüht war (BayObLG, KG jeweils a.a.O.). Die gesetzliche Regelung ist insoweit eindeutig (a.a.O.), weshalb es auch nicht von Bedeutung ist, ob der Betroffene nun nach nicht geglückter Einreise zurückgeschoben oder aber nach illegaler Einreise abgeschoben werden soll.