§ 28 Abs. 2 AsylVfG ist mit Verfassungsrecht und mit der Qualifikationsrichtlinie vereinbar.
§ 28 Abs. 2 AsylVfG ist mit Verfassungsrecht und mit der Qualifikationsrichtlinie vereinbar.
(Leitsatz der Redaktion)
§ 28 Abs. 2 AsylVfG steht dem Klagebegehren durchgreifend entgegen. Mit dieser durch Art. 3 Nr. 18 des (Zuwanderungs-) Gesetzes vom 30. Juli 2004 (BGBl I S. 1950) mit Wirkung zum 1. Januar 2005 in Kraft gesetzten Vorschrift soll der bislang bestehende Anreiz genommen werden, nach unverfolgter Ausreise und abgeschlossenen Asylverfahren aufgrund neu geschaffener Nachfluchtgründe ein Asylverfahren zu betreiben, um damit zu einem dauerhaften Aufenthalt zu gelangen (vgl. BTDrs. 15/420 S. 110). Sie gilt für den vom Kläger im Februar 2005 abermals gestellten (hier - allein - streitgegenständlichen) Asylantrag schon deshalb, weil er auf nach unanfechtbarer Ablehnung des vorgehenden Asylantrags entstandene Umstände (herausgehobene exilpolitische Betätigung) gestützt ist (und auch sein musste, um die Hürden des § 71 Abs. 1 AsylVfG zu nehmen, gegen die auch gemeinschaftsrechtlich nichts zu erinnern sein wird, vgl. Art. 43 Abs. 1, Art. 32 Abs. 2, 6 der Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005). Eine Rückwirkungsproblematik vermag der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang nicht zu erkennen.
Die Vorschrift steht nicht in Widerspruch zur Asylrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Namentlich der im Zulassungsantrag besonders hervorgehobenen Entscheidung vom 26. November 1986 (BVerfGE 74, 51) ist nicht zu entnehmen, dass selbstgeschaffene Nachfluchtgründe zu einer Zuerkennung des Flüchtlingsstatus im Sinn von § 60 Abs. 1 AufenthG führen müssten. Das Bundesverfassungsgericht hat dort (a.a.O. S. 66/67) lediglich beispielhaft auf den durch die Regelungen des Ausländergesetzes und (u.a.) Art. 33 GFK anderweitig vermittelten Schutz vor Abschiebung in den Fällen hingewiesen, in denen wegen selbstgeschaffener Nachfluchtgründe, die - wie hier eindeutig - sich nicht als Fortführung einer entsprechenden, schon während des Aufenthalts im Heimatstaat vorhandenen und erkennbar betätigten festen politischen Überzeugung darstellen, jemandem das Asylgrundrecht nicht zusteht. Eine Verpflichtung des Gesetzgebers, den Abschiebungsschutz in diesen Fällen in bestimmter Art und Weise auszugestalten, hat das Bundesverfassungsgericht daran nicht geknüpft.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt im übrigen die in der amtlichen Begründung (BTDrs. a.a.O.) zum Ausdruck gebrachte Auffassung, dass es weder Verfassungsrecht noch Völkervertragsrecht gebietet, diesen Schutz durch die Verleihung eines (besonderen) Flüchtlingsstatus zu gewähren, weil und solange der Ausländer durch die Vorschriften des § 60 Abs. 2 ff. AufenthG vor Abschiebung angemessen geschützt ist (vgl. Funke-Kaiser in GK, AsylVfG, Stand Februar 2006, RdNr. 48.1 zu § 28).
Auch vorrangiges Gemeinschaftsrecht fordert keine völlige Gleichstellung aller schutzbedürftigen Ausländer. Die insoweit einschlägige Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 (sog. Qualifikationsrichtlinie) bietet etwa in Art. 2 Buchst. e, Art. 4 Abs. 3 Buchst. d, Art. 5 Abs. 3, Art. 20 Abs. 7 hinreichend Spielraum für mitgliedsstaatliche Differenzierungen, wie sie hier in § 28 AsylVfG und § 60 Abs. 1 AufenthG, sowie in § 25 Abs. 1 und 2 AufenthG einerseits und § 60 Abs. 2 ff. und § 25 Abs. 3 AufenthG andererseits angelegt sind. Vor allem im Hinblick auf Art. 5 Abs. 3 der sog. Qualifikationsrichtlinie, wonach die Mitgliedsstaaten unbeschadet der Genfer Flüchtlingskonvention festlegen können, dass ein Antragsteller, der einen Folgeantrag stellt, in der Regel nicht als Flüchtling anerkannt wird, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Antragsteller nach Verlassen des Herkunftslandes selbst geschaffen hat, und auf Art. 20 Abs. 7 der sog. Qualifikationsrichtlinie, wonach die Mitgliedsstaaten die einer Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz aufgrund dieses Kapitels zugestandenen Rechte innerhalb der durch die internationalen Verpflichtungen vorgegebenen Grenzen einschränken können, wenn ihr der subsidiäre Schutzstatus aufgrund von Aktivitäten zuerkannt wurde, die einzig oder hauptsächlich deshalb aufgenommen wurden, um die für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen, ist an der Gemeinschaftsrechtsverträglichkeit des § 28 Abs. 2 AsylVfG nicht ernsthaft zu zweifeln (vgl. Funke-Kaiser a.a.O. RdNr. 48.7; OVG Lüneburg v. 16.6.2006 InfAuslR 2006, 421). Dabei kann die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (Art. 18 der Richtlinie) zwanglos in der entsprechenden Feststellung des Bundesamts nach § 31 AsylVfG, § 60 Abs. 2 ff. AufenthG gesehen werden, mit der (nunmehr) in der Regel ein Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis einhergeht (§ 25 Abs. 3, § 26 AufenthG, vgl. Art. 24 Abs. 2 der sog. Qualifikationsrichtlinie).