OVG Nordrhein-Westfalen

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Zitieren als:
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.11.2007 - 17 E 544/07 - asyl.net: M12326
https://www.asyl.net/rsdb/M12326
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Reiseausweis für Ausländer, Staatenlose, Kurden, Syrien, Passbeschaffung, Glaubwürdigkeit, Prozesskostenhilfe
Normen: ZPO § 114; VwGO § 166; AufenthV § 5 Abs. 1
Auszüge:

Die Beschwerde ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die Rechtsverfolgung der Kläger keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Die Kläger wenden sich gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, sie beziehungsweise ihre für sie sorgeberechtigten Eltern hätten nicht in zumutbarem Umfang an der Klärung ihrer Identität und Herkunft mitgewirkt, so dass ihnen Reiseausweise für Ausländer nach § 5 Abs. 1 AufenthV nicht erteilt werden könnten. Ihre hiergegen gerichteten Einwände führen nicht zu einer abweichenden Beurteilung.

Als alleinigen Grund für die Weigerung, wegen der Ausstellung eines syrischen Nationalpasses entsprechend der Aufforderung des Beklagten bei den syrischen Auslandsvertretungen in Deutschland vorstellig zu werden, haben die Kläger die Aussichtslosigkeit entsprechender Versuche wegen ihrer angeblichen Zugehörigkeit zur Gruppe der sog. Makhtoumin angegeben. Diese leiten sie daraus ab, dass sie in Syrien nicht registriert worden seien, weil sie ihrerseits von einem nicht registrierten staatenlosen Kurden abstammten. Diese Annahme begegnet jedoch durchgreifenden Bedenken.

Zum Nachweis der Staatenlosigkeit des Vaters der Kläger nicht geeignet ist auch die in Kopie vorgelegte Bescheinigung des Bürgermeisters der Stadt B. -T. , dass ihm dieser trotz unbekannter Eintragung ins Melderegister bekannt sei. Zunächst einmal kommt derartigen Bescheinigungen, wenn überhaupt, nur ein sehr geringer Beweiswert zu. Denn sie sind - wie jede Art von Dokumenten - von Fälscherringen, aber auch von Amtspersonen als echte Urkunden mit falschem Inhalt (Gefälligkeitsbescheinigungen) für einen geringen finanziellen Einsatz zu erhalten (vgl. Gutachten Brocks vom 22. Dezember 2003, Juris-Asylis, SYR25793001; Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 19. Januar 2004, Juris-Asylis, SYR 25793002; Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 13. Dezember 2004, S. 25).

Es kommt hinzu, dass sich der Inhalt der vorgelegten Bekanntheitsbescheinigung nicht mit dem sonstigen Vortrag der Kläger beziehungsweise ihrer Eltern in Einklang bringen lässt. "Nicht registriert", und damit auf Bekanntheitsbescheinigungen der Ortsbürgermeister als "Identitätsnachweise" angewiesen, sind in Syrien lediglich sog. Makthoumin. Syrische Staatsangehörige sind demgegenüber im Zivilregister, Ausländer im Ausländerregister registriert. Als Makthoumin werden solche Bürger bezeichnet, die Abkömmlinge entweder einer syrischen Mutter und eines registrierten Ausländers oder einer syrischen Mutter und eines Makthoum oder eines registrierten Ausländers und eines Makthoum oder zweier Makthoumin sind (vgl. Gutachten des Deutschen Orient-Instituts vom 22. Dezember 2003, Juris-Asylis, SYR25983001; Gutachten Brocks vom 22. Dezember 2003, a.a.O.; Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 19. Januar 2004, a.a.O.).

Der Vater der Kläger dürfte nach jeder der genannten Fallgruppen kein Makthoumin sein. Erhebliche Zweifel ergeben sich insoweit bereits aus den Angaben zu seinen Eltern und Großeltern, die er gegenüber dem Beklagten am 6. November 2003 in dem Fragebogen "Antrag auf Einbürgerung für ungeklärte Staatsangehörige" gemacht hat. Danach soll nämlich sein Großvater väterlicherseits noch syrischer Staatsangehöriger gewesen sein.

Für seinen 1941 in .../Syrien geborenen Vater hingegen gibt er die Staatsangehörigkeit demgegenüber mit staatenlos an, während er seine ebenfalls ein Jahr zuvor in ... geborene Mutter wieder als syrische Staatsangehörige bezeichnet. Die syrische Staatsangehörigkeit sollen dann nach seinen Angaben auch seine vier in den Jahren 1957, 1961, 1965 und 1967 geborenen Geschwister gehabt haben. Diese unterschiedlichen Daten zur Staatsangehörigkeit des Vaters der Kläger und seiner nächsten Verwandten stehen nicht im Einklang mit den vorliegenden Erkenntnissen über die Rechtslage, die für den Erwerb der syrischen Staatsangehörigkeit maßgeblich war. Danach erwarb im Jahre 1945 automatisch die syrische Staatsangehörigkeit, wer zu diesem Zeitpunkt in dem heutigen Gebiet der Republik Syrien seinen ständigen Aufenthalt hatte (vgl. Gutachten des Deutschen Orient-Instituts vom 22. Dezember 2003, a.a.O.; Gutachten Brocks vom 22. Dezember 2003, a.a.O.; Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 19. Januar 2004, a.a.O.).

Die Zugehörigkeit des Vaters der Kläger zur Gruppe der Makthoumin ist aber letztlich insbesondere deshalb nicht glaubhaft, weil er und die Mutter der Kläger nach von ihnen selbst vorgelegten Urkunden in einer offiziell registrierten Ehe zusammenlebten.