1. Der Erlöschenstatbestand des § 72 Abs. 1 Nr. 3 AsylVfG ist auch auf den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit anwendbar. Rechtsgrundlage für den Widerruf des Ehegatten- und Familienasyls wegen Einbürgerung des Stammberechtigten ist daher § 73 Abs. 2 b S. 2 AsylVfG.
2. Der Widerruf nach § 73 Abs. 2 b S. 2 AsylVfG stellt eine gebundene Entscheidung dar. Er wird von der Ermessensregelung des § 73 Abs. 2 a S. 4 AsylVfG nicht erfasst.
1. Der Erlöschenstatbestand des § 72 Abs. 1 Nr. 3 AsylVfG ist auch auf den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit anwendbar. Rechtsgrundlage für den Widerruf des Ehegatten- und Familienasyls wegen Einbürgerung des Stammberechtigten ist daher § 73 Abs. 2 b S. 2 AsylVfG.
2. Der Widerruf nach § 73 Abs. 2 b S. 2 AsylVfG stellt eine gebundene Entscheidung dar. Er wird von der Ermessensregelung des § 73 Abs. 2 a S. 4 AsylVfG nicht erfasst.
(Amtliche Leitsätze)
Die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist insgesamt unbegründet.
Nach § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG ist die Anerkennung als Asylberechtigter unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. In den Fällen des § 26 Abs. 1, 2 und 4 AsylVfG ist gem. § 73 Abs. 2b S. 2 AsylVfG die Asylanerkennung ferner zu widerrufen, wenn die Anerkennung des Asylberechtigten, von dem die Anerkennung abgeleitet worden ist, erlischt, widerrufen oder zurückgenommen wird und der Ausländer nicht aus anderen Gründen als Asylberechtigter anerkannt werden könnte. Diese Regelung, die dem § 73 Abs. 1 S. 2 AsylVfG alte Fassung entspricht, bringt den akzessorischen Rechtscharakter des Ehegatten- und Familienasyls zum Ausdruck, die sowohl in den Voraussetzungen als auch im Fortbestand von der originären Asylberechtigung abhängig sind (vgl. Renner, AuslR, 8. Aufl., 2005, § 73 Rdnr. 15; Marx, AsylVfG, 6. Aufl., 2005, § 73 Rdnr. 145). Dabei erfolgen für den Stammberechtigten der Widerruf und die Rücknahme gemäß § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG bzw. § 73 Abs. 2 AsylVfG. Das Erlöschen der Asylberechtigung ergibt sich aus § 72 Abs. 1 AsylVfG.
Nach § 72 Abs. 1 Nr. 3 AsylVfG erlischt die Anerkennung als Asylberechtigter, wenn der Ausländer auf Antrag eine neue Staatsangehörigkeit erworben hat und den Schutz des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er erworben hat, genießt. In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob auch der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit unter diese Regelung fällt.
Nach Auffassung der erkennenden Einzelrichterin ist der Erlöschenstatbestand des § 72 Abs. 1 Nr. 3 AsylVfG auch auf den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit anwendbar, da sich der Sachverhalt ohne weiteres unter den Wortlaut der Regelung subsumieren lässt (so auch Marx, a.a.O., § 72 Rdnr. 33 und ohne Problematisierung auch VG Göttingen, Urt. v. 23.03.2006 - 2 A 57/06 -, juris). Der Umstand, dass der durch die Einbürgerung zur deutschen Staatsangehörigkeit erstarkte Aufenthaltsstatus aufgrund der gesetzlichen Regelung in § 73 Abs. 2b S. 2 AsylVfG zum Widerruf des Ehegatten- und Familienasyls führen kann, wird dadurch ausgeglichen, dass sich der Betroffene nunmehr auf eigene Asylgründe berufen kann (siehe § 73 Abs. 2b S. 2 a.E.). Dies ist die notwendige Konsequenz aus dem Umstand, dass beim Ehegatten- und Familienasyl aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung keine Prüfung der eigenen Asylgründe vorausgeht. Das Familienasyl erlischt nicht kraft Gesetzes, sondern es bedarf der Durchführung eines Widerrufsverfahrens (vgl. Marx, a.a.O., § 73 Rdnr. 149, 150, 158).
Die andere Auffassung, wonach der Erlöschenstatbestand des § 72 Abs. 1 Nr. 3 AsylVfG auf den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit nicht anwendbar sei, kommt beim Widerruf des Ehegatten- und Familienasyls zwar letztendlich zu dem gleichen Ergebnis, indem auf den Grundtatbestand des § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG zurückgegriffen wird.
Die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2b S. 2 AsylVfG sind vorliegend erfüllt.
Die Asylanerkennung des stammberechtigten Vaters, von dem der Kläger seine Rechtsstellung ableitet, ist in Folge dessen Einbürgerung im Dezember 2005 gem. § 72 Abs. 1 Nr. 3 AsylVfG kraft Gesetzes erloschen.
Der Kläger kann auch nicht aus anderen Gründen als Asylberechtigter anerkannt werden. Unter Berücksichtigung des Vortrags des Klägers zur allgemeinpolitischen Lage in der Türkei, der in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen und des Inhalts der beigezogenen Behördenakten sowie der Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts Wiesbaden kann nicht festgestellt werden, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in die Türkei derzeit eine politische Verfolgung droht.
Dem Kläger drohen aufgrund der - durch Einbürgerung mittlerweile erloschenen - Asylanerkennung des Vaters bei einer Rückkehr in die Türkei auch keine sippenhaftähnlichen Maßnahmen. Wegen dieser mehr als 17 Jahre zurückliegenden Unterstützungshandlungen besteht für den Kläger nicht die Gefahr sippenhaftähnlicher Repressalien, zumal nach dem Vater weder als prominenter PKK-Aktivist noch mit Haftbefehl gefahndet wurde (vgl. auch HessVGH, Urt. v. 01.12.2004 - 6 UE 2163/01.A -, juris).
Der Widerruf nach § 73 Abs. 2b S. 2 AsylVfG stellte eine gebundene Entscheidung dar. Die nach § 73 Abs. 2a S. 4 vorgesehene Ermessensentscheidung steht im Zusammenhang mit der im § 73 Abs. 2a S. 1 AsylVfG geregelten Prüfungspflicht. Diese Regelung bezieht sich nach ihrem eindeutigen Wortlaut lediglich auf einen Widerruf nach Abs. 1 oder eine Rücknahme nach Abs. 2 des § 73 AsylVfG. Der Widerruf der Asylanerkennung in den Fällen des § 26 Abs. 1, 2 und 4 richtet sich hingegen nach § 73 Abs. 2b AsylVfG und wird von dieser Ermessensregelung nicht erfasst.