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Zitieren als:
BVerwG, Beschluss vom 12.12.2007 - 1 B 25.07 - asyl.net: M12711
https://www.asyl.net/rsdb/M12711
Leitsatz:

Keine Ausweisung wegen Falschangaben in Befragung gem. § 46 Nr. 1 AuslG bzw. § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG, wenn die Befragung vor Inkrafttreten des Terrorismusbekämpfungsgesetzes vom 9.1.2002 stattfand.

 

Schlagwörter: D (A), Ausweisung, Falschangaben, Sicherheitsbefragung, Belehrung, Terrorismusbekämpfungsgesetz, Übergangsregelung, Altfälle, Anwendungszeitpunkt, Revisionsverfahren, grundsätzliche Bedeutung
Normen: VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 1; AuslG § 46 Nr. 1; AufenthG § 55 Abs. 2 Nr. 1; AuslG § 46 Nr. 2; AufenthG § 55 Abs. 2 Nr. 2
Auszüge:

Keine Ausweisung wegen Falschangaben in Befragung gem. § 46 Nr. 1 AuslG bzw. § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG, wenn die Befragung vor Inkrafttreten des Terrorismusbekämpfungsgesetzes vom 9.1.2002 stattfand.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Die ausschließlich auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die Grundsatzrüge bezieht sich der Sache nach auf den Anwendungsbereich der durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz vom 9. Januar 2002 neu eingeführten Vorschrift des § 46 Nr. 1 AuslG 1990. Die Vorschrift entspricht ihrem wesentlichen Inhalt nach dem späteren § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG 2004 sowie § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG in der Fassung des Richtlinienumsetzungsgesetzes vom 19. August 2007 (Ermessensausweisung bei falschen Angaben des Ausländers nach entsprechender Belehrung über die Rechtsfolgen derartiger Angaben). Die im Entscheidungsfall streitige Ausweisungsverfügung ist kurz nach Inkrafttreten des Terrorismusbekämpfungsgesetzes verfügt worden und stützt sich auf falsche Angaben, die der Beigeladene nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vor Inkrafttreten des Terrorismusbekämpfungsgesetzes gemacht hatte und über deren Rechtsfolgen er, da es eine entsprechende gesetzliche Regelung noch nicht gab, nicht belehrt worden war.

Die Grundsatzrüge betrifft damit im Kern eine dem Übergangsrecht zuzuordnende Rechtsfrage. Entsprechend dem Zweck der Grundsatzrevision, im Interesse der Rechtseinheit eine für die Zukunft richtungsweisende Klärung herbeizuführen, rechtfertigen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Rechtsfragen, die sich nur aufgrund von ausgelaufenem Recht oder Übergangsrecht stellen, regelmäßig nicht die Zulassung der Grundsatzrevision (vgl. etwa Beschluss vom 12. Dezember 1991 - BVerwG 1 B 157.91 - Buchholz 402.24 § 10 AuslG Nr. 130). Die Beschwerde macht nicht ersichtlich, aus welchen Gründen hier ausnahmsweise anderes gelten sollte.

Im Übrigen bedürften die von der Beschwerde in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Fragen keiner Klärung in einem Revisionsverfahren. Dem Berufungsgericht ist ohne Weiteres darin zu folgen, dass die Ausweisung des Beigeladenen nicht auf den damals neu geschaffenen Ausweisungstatbestand des Terrorismusbekämpfungsgesetzes gestützt werden konnte. Zwar war das Terrorismusbekämpfungsgesetz bei Erlass der Ausweisungsverfügung bereits in Kraft. Der maßgebende Sachverhalt – die falschen Angaben des Beigeladenen – lag jedoch in der Zeit davor. Dementsprechend war die Befragung des Beigeladenen nicht nach Maßgabe des neuen Ausweisungstatbestandes erfolgt und auch die nach neuem Recht erforderliche Belehrung unterblieben. Das Terrorismusbekämpfungsgesetz, das keine einschlägige Übergangsregelung enthielt, konnte demnach, wie vom Berufungsgericht entschieden, auf die Ausweisung des Beigeladenen noch keine Anwendung finden. Bei dieser Fallkonstellation konnte der neue Ausweisungstatbestand des Terrorismusbekämpfungsgesetzes damit aber auch, wie vom Berufungsgericht ebenfalls zutreffend beurteilt, die allgemeine Vorschrift des § 46 Nr. 2 AuslG 1990 (jetzt § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG) nicht verdrängen.