OVG Niedersachsen

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Zitieren als:
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 10.03.2008 - 13 ME 203/07 - asyl.net: M12841
https://www.asyl.net/rsdb/M12841
Leitsatz:
Schlagwörter: Zurückschiebung, Österreich (A), Asylantrag, Verordnung Dublin II, Rückübernahme, Schutz von Ehe und Familie, Mehrehe, Eheschließung, Vertreter, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren)
Normen: VwGO § 80 Abs. 5; AufenthG § 57 Abs. 1; EG VO 343/2003 Art. 16 Abs. 1 Bst. a; EG VO 343/2003 Art. 16 Abs. 1 Bst. e; GG Art. 6 Abs. 1
Auszüge:

Die Beschwerde hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO zu Unrecht entsprochen. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes überwiegt, weil die Klage gegen die Zurückschiebung der Antragstellerin in die Republik Österreich voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird.

Rechtsgrundlage der Verfügung der Antragsgegnerin vom 8. Oktober 2007 ist § 57 Abs. 1 AufenthG. Zwar ist die Frist von sechs Monaten seit der Einreise am 20. August 2007 mittlerweile verstrichen, zutreffend weist die Antragsgegnerin jedoch darauf hin, dass auch die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 2 AufenthG vorliegen; denn die Republik Österreich war zunächst nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. a) EU-AsylantragszuständigkeitsVO vom 1. Dezember 2007 zur Aufnahme der Antragstellerin verpflichtet und ist dies nunmehr nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. e) der VO, nachdem das Asylverfahren (Mitteilung des Bundesasylamts der Republik Österreich vom 19. Februar 2008) eingestellt worden ist.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kommt es auf die Ernsthaftigkeit des Asylantrages der Antragstellerin in der Republik Österreich nicht an. Nach ihrer eigenen Darstellung hat die Antragstellerin den dortigen Asylantrag zwar missbräuchlich gestellt, damit jedoch gleichwohl die aufenthaltsrechtlichen Konsequenzen, die sich aus der VO (EG) 343/03 - EU-Asylantragszuständigkeits-VO - ergeben, ausgelöst. Aus Art. 16 Abs. 1 der VO folgt, dass für die Rückübernahmeverpflichtung nicht von Belang ist, ob das Asylverfahren noch anhängig ist. Die Rückübernahme muss auch erfolgen, wenn der Ausländer den Asylantrag zurückgezogen hat oder darüber bereits abschlägig entschieden worden ist (Art. 16 Abs. 1 Buchst. d) und e) der VO). Entsprechend ist erst recht im Fall einer missbräuchlichen Antragstellung zu verfahren.

Schließlich steht einer Zurückschiebung der Antragstellerin auch nicht der Schutz der Ehe (Art. 6 Abs. 1 GG) entgegen. Es ist Sache der Antragstellerin, die Gültigkeit der von ihr behaupteten Ehe mit dem irakischen Staatsangehörigen D. E. nachzuweisen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Ehe im Irak anerkannt wird, sondern vielmehr darauf, ob sie dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG unterfällt. Dies wäre z.B. für eine in islamischen Staaten durchaus anerkannte Mehrehe nicht der Fall. Dies gilt entsprechend für eine im Ausland durch einen Vertreter geschlossene Ehe. Die Antragstellerin hat sich dahingehend eingelassen, dass sich ihr Ehemann bei der Eheschließung durch den bevollmächtigten Bruder habe vertreten lassen. Nach deutschem Recht ist die Ehe ein höchstpersönliches Rechtsgeschäft und damit vertretungsfeindlich.